Wie man mit Nichtstun seine Wahlchancen erhöht, das hat die Kanzlerin in den vergangenen Wochen gezeigt. Im Juli entschwand Angela Merkel gen Italien und tauchte erst am Dienstag wieder auf. Geschadet hat das nur einem: Frank-Walter Steinmeier. Der Aktivismus des SPD-Kandidaten fand einfach keinen Resonanzboden. „Nächste Woche beginnt der Wahlkampf“, hatte er der Kanzlerin noch in die Ferien hinterhergerufen. Bei ihrer Rückkehr stehen die Sozialdemokraten schlechter da als zuvor.
Gern witzelt die SPD, Merkel wolle „im Schlafwagen“ an die Macht. Doch niemand lacht. Was weniger daran liegt, dass es in gewisser Weise sogar stimmt – im September wird Merkel eine „historische Zugreise“ auf den Spuren Adenauers antreten. Sondern weil es zur Taktik der Wahlsiegerin von 2005 gehört. Damals hatten die neoliberalen Reformankündigungen eines Professors aus Heidelberg auf den letzten Metern noch viele verschreckt.
Was auf sie zukommt, wissen die Leute zwar. In aktuellen Umfragen macht sich die Hälfte Sorgen um ihre Zukunft. Viele beklagen, die gesellschaftlichen Verhältnisse seien nicht gerecht. Neun von zehn sind sich sicher, dass sich die Krise an den Finanzmärkten und in der Realwirtschaft jederzeit wiederholen könnte – und dass es am Ende die kleinen Leute sind, die immer und immer wieder die Folgen von Krise ausbaden müssen.
Merkels Erfolg ist, dass die meisten Menschen trotzdem der Union den Vorzug geben. In Umfragen wünscht sich eine klare Mehrheit eine CDU-geführte Bundesregierung. Steinmeier kann noch so oft beklagen, die Kanzlerin versuche, die Menschen „einzulullen“. Genau das ist ihr Rezept. Und solange es keine realistische Alternative gibt, hilft auch alles sozialdemokratische Reden von der Richtungsentscheidung nichts. Wohin die Reise nach dem Wahlabend auch gehen wird, im Schlafwagen zur Macht sitzt immer Angela Merkel.
Was ist Ihre Meinung?
Kommentare einblendenDiskutieren Sie mit.