Ein Viertel Promill und 7 Prozent: die Linke und die Bremen-Wahl

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In Bremen lagen die Grünen bei der letzten Umfrage vor der CDU – womit dann schon eines der drei Spannungsmomente der bevorstehenden Bürgerschaftswahl genannt wäre. Zieht die einstige Ökopartei in einem weiteren Bundesland an den Sozialdemokraten vorbei? Wer bleibt Volkspartei, warum nicht – und wie viele? Die zweite Frage ist, ob Rot-Grün eine Zweidrittel-Mehrheit erreicht. An der Fortsetzung des Regierungsbündnisses bestehen ebenso wenig Zweifel wie an der einschnürenden Etatsituation: „Auf ein Viertel Promill des Landeshaushalts lässt sich derzeit der Handlungsspielraum des Parlaments beziffern“, schreibt die Tageszeitung. Nur die Linke sei gegen die Schuldenbremse und lehne den Sparkurs ab.

Der Partei hat dieses „Alleinstellungsmerkmal“ bisher noch nicht zu größeren Aufmerksamkeitsschüben verholfen. In den überregionalen Medien wird eher über Konflikte berichtet – und darüber spekuliert, welches Ergebnis am übernächsten Sonntag welche Folgen in Berlin nach sich ziehen könnte.

Vor vier Jahren war die damals noch nicht einmal zu Ende fusionierte Partei in der Hansestadt erstmals in ein Parlament im Westen eingezogen. Mit beachtlichen 8,4 Prozent – die Demoskopen hatten die Linke noch eine Woche vor der Wahl bei 4,5 Prozent sehen wollen. Heute prognostizieren die Institute der Partei sieben Prozent, nach dem Saarland der beste aktuelle Wert der Linken im Westen. Ob die relativ gute Zahl nun wegen oder doch eher trotz der Konflikte im Landesverband dort steht, lässt sich nicht so einfach sagen. Die Querelen in der Fraktion (von sieben gewählten Abgeordneten blieben nur fünf übrig) oder um die Aufstellung der Kandidaten zur Wahl zum Beispiel interessieren einen großen Teil derer, die in Umfragen Auskunft über ihr künftiges Kreuzchen geben, wahrscheinlich weniger als die berufsmäßigen Chronisten und die Konkurrenz. Die Linke sei in Bremen, hat SPD-Bürgermeister Jens Böhrnsen einmal gesagt, sei „eine heillos zerstrittene Truppe mit einem wirren Programm“. Was die Partei selbst natürlich anders sieht.

Spitzenkandidatin Kristina Vogt ist dieser Tage von einer Nachrichtenagentur porträtiert und mit den Worten zitiert worden: „Wir sind auf einem guten Weg, uns dauerhaft als soziale Kraft zu etablieren.“ Man werde sich „nicht darauf einlassen, dass ja nun leider kein Geld da sei“, heißt es bei der Partei. „Wir werden offensiv vertreten, was wir für notwendig, richtig und unabdingbar halten. Wir werden dafür sorgen, dass die Schönfärbereien der Mängelverwaltung aufgedeckt werden. Wir werden, gemeinsam mit außerparlamentarischen Kräften, Druck von Links auf Rot-Grün ausüben. Und wir sagen als einzige Partei, warum angeblich kein Geld da ist: Weil die etablierten Parteien sich scheuen, den Konflikt mit den Reichen und Mächtigen einzugehen, die auf diesem Geld sitzen, und deren Macht auf ihrem Vermögen beruht.“ Die Linke dagegen sei „bereit, diesen Konflikt zu führen“.

Man kann lange darüber diskutieren, ob so ein Konflikt sich besser aus der Regierung führen lässt oder nicht – in Bremen gibt es am Oppositionskurs der Partei keinen Zweifel: Die Umfragen geben anderes nicht her und ebenso wenig wäre eine Koalitionsbeteiligung das Ziel. Ein Bündnis mit der SPD (die das ohnehin nicht will) sei „gegenüber unseren Wählern nicht verantwortbar“, sagt die Spitzenfrau der Linken. Die Partei sehe ihre Rolle im Parlament eher als „Korrektiv“, als starke Opposition, die in der Demokratie gebraucht werde. Und, sagt Vogt: „Wir kämpfen für ein zweistelliges Ergebnis.“

Damit ist die obere Grenze des Ergebnis-Bereiches markiert, in dem sich die Linke in zwei Wochen bewegen wird. Dass die Partei die Fünf-Prozent-Hürde überspringt und wieder in die Bürgerschaft einzieht, hofft deren Spitzenpersonal auch deshalb, weil ein schlechtes Ergebnis in der Doppelstadt die Partei auch bundesweit wieder in schwieriges Fahrwasser bringen würde. Es wäre „verheerend“, hat Gregor Gysi Ende vergangener Woche bei einem Treffen der Fraktionsvorsitzenden der Partei in Bremen gesagt, „wenn wir ausschieden. Aber daran glaube ich nicht".

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Geschrieben von

Tom Strohschneider

vom "Blauen" zum "Roten" geworden

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