Weil sie Mitglied der Linkspartei ist, wird Jannine Menger-Hamilton seit zwei Jahren die Einbürgerung verweigert. Über ihren Fall berichten jetzt die Tageszeitung und der NDR. Danach haben die zuständigen Behörden den Antrag der 31-Jährigen wegen Zweifel an ihrer Grundgesetztreue blockiert Der Regionspräsident in Hannover verwies auf den Verfassungsschutz – und offenbar hat Niedersachsens CDU-Innenminister Uwe Schünemann persönlich seine Hände im Spiel.
Dies legt jedenfalls ein Vermerk auf der Einbürgerungsakte von Menger-Hamilton nahe, in dem auf die Abstimmung „mit der Hausleitung des MI“ hingewiesen wird. Die Fraktionschefin der Linken im Landtag, Kreszentia Flauger, spricht von einem „Akt der Willkür“ und einer „Diskriminierungskampagne“ des Innenministers „mit Mitteln des Staatsangehörigkeitsrechts“. Menger-Hamilton, die 2007 von den Jusos zur damaligen Wahlalternative gewechselt war, selbst vermutet, Schünemann wolle „die Linkspartei offenbar so herabwürdigen, dass sie als möglicher Koalitionspartner von SPD und Grünen inakzeptabel erscheint“.
Der CDU-Mann hatte erst vor wenigen Wochen signalisiert, die Linkspartei noch stärker ins Visier zu nehmen. Schon in einem Vortrag von 2008, der auch als Broschüre der Adenauer-Stiftung vertrieben wird, warnte Schünemann vor der „unterschätzten Gefahr“, die vom „Linksextremismus“ ausgehe – also auch von der Linkspartei. Vom Gegenteil ist der Bundestagsabgeordnete Jan Korte überzeugt. Es sei „schlicht antidemokratisch, Parteien geheimdienstlich und via Einbürgerungsmodalitäten zu bekämpfen“. Der Landeschef der Linken, Diether Dehm, begrüßte, dass die Landtagsfraktion inzwischen juristische Schritte gegen eine Bespitzelung durch den Verfassungsschutz prüft.
Zum Fall Menger-Hamilton schreibt der NDR: "Zwar kann rein rechtlich die Einbürgerung verweigert werden, wenn der Antragsteller Mitglied einer verfassungsfeindlichen Partei ist. In den Akten findet sich jedoch kein einziger Hinweis darauf, dass sie selbst durch Worte oder Taten gegen das Grundgesetz verstoßen haben könnte. Die pauschale Einstufung der Linkspartei als verfassungswidrige Organisation ist nach Ansicht des Berliner Parteienforschers Hans-Gerd Jaschke unhaltbar."
Nachtrag I: Die niedersächsische SPD hat Schünemann wegen der Einbürgerungs-Affäre als "Gesinnungsminister" kritisiert. Er lasse keine Gelegenheit aus, politisch Andersdenkende staatlicher Willkür auszusetzen.
Kommentare 8
Gleiches Recht für alle!?
Eine "Einbürgerung" ist kein Gnadenakt.
Wer in Deutschland geboren ist, hier aufwuchs, hier zur Schule ging und praktisch immer schon hier lebte, wer sich mit der deutschen Kultur identifiziert und explizit nicht gegen das Grundgesetz verstoßen oder gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung agitiert, gar angekämpft hat, dem ist eine Einbürgerung nicht zu versagen, auch wenn er "völkisch" kein "Deutscher" ist.
Was wirft man Frau Menger-Hamilton "substanziell" vor?
Wann,wo und wie hat sie sich konkret gegen die Demokratie versündigt?
Wie aus dem taz- Bericht hervorgeht, hat sie nur ihre "Meinung" frei geäußert, politisch, kritisch. Was ist suspekt daran, wenn sich ein "Europäer" im vereinten Europa politisch äußert?
Die aktive Mitgliedschaft in einer Partei (Die Linke), die demokratisch in die Parlamente gewählt wird, kann ihr jedenfalls nicht zum Vorwurf gemacht werden, wenn man nicht alle Mitglieder der Linkspartei stigmatisieren und ausgrenzen will.
Wenn gleiches Recht für alle gilt, und der aktuelle Fall als Paradigma angesetzt wird, dann hätten viele Deutschstämmige aus Osteuropa und der ehemaligen Sowjetunion auch nicht eingebürgert werden dürfen, schon gar nicht unzählige Menschen aus anderen Kulturkreisen, deren Lebenslauf und "Verfassungstreue" überhaupt nicht zu überprüfen ist. Da reicht ein Willensbekenntnis, die Aussage, dass man uneingeschränkt zur Verfassung der Bundesrepublik steht.
Messen wir nun mit zweierlei Maß - und schädigen wir so nicht indirekt den Ruf einer Bundesbehörde, indem wir sie zum Helfershelfer einer regierenden Partei hinstellen?
Ein Politikum ist diese noch nicht erfolgte "Einbürgerung" auf alle Fälle, wenn nicht gar ein Skandal.
Carl Gibson
Frau Jannine Menger-Hamilton wird eingebürgert, das ist mein neuester Kenntnisstand.
Gruß
Dies ist nicht unbedingt ein Einzelfall. Die Gründe für die Verweigerung von Einbürgerungen sind bisweilen abenteuerlich, haben aber wohl nicht immer Nachrichtenwert.
Was den Minister Schünemann angeht, ist er mir schon anderweitig wegen eines interessanten Verhältnisses zur Rechtsstaatlichkeit aufgefallen ....
mal so zur sprach-regelung: eingebürgert ist sie ja wohl... oder seh ich da was falsch? was ihr noch fehlt ist die urkunde über die verleihung der staatsbürgerschaft der bundesrepublik deutschland.
ganz früher hab ich mich ab und zu gefragt, wie jemand deutscher werden wollen kann. klar, für bestimmte dinge ist dies voraussetzung - aber sonst?
das ist interessant, zumal diese wendung bisher noch nirgends berichtet wurde. haben sie eine quelle?
Die Frage habe ich auch schon gestellt. Es gibt diverse Antworten:
- man ist den Ärger mit der Ausländerbehörde los
- man kann mit dem deutschen Pass oft besser reisen als mit dem vorigen
- es gibt durchaus Vorteile bei der Arbeitssuche
- es ist im Zweifelsfalle besser, als staatenlos zu sein.
letzteres allemal!
allerdings ist es da auch am schwierigsten.
Niedersächsische Ministerium für Inneres, Sport und Integration