Jan Böhmermann hat nach dem SPD-Votum getwittert: „Wozu braucht Deutschland eigentlich eine zweite Linkspartei? Konstruktiv gefragt.“ Versuchen wir eine Antwort.
Eine zweite Linkspartei ist so nötig wie, sagen wir: eine einzige FDP. Also nicht besonders. Je ähnlicher sich SPD und Linkspartei werden, desto eher verteilen sich Zustimmung und Mobilisierungskraft zwischen beiden als Nullsummenspiel. Aktuell muss diesen Mechanismus eher die Linkspartei fürchten: Was ihr aufgrund von SPD-Enttäuschung in den vergangenen Jahren zugewachsen war, könnte nun gen linksrückende Sozialdemokratie wieder abfallen. Dass davon im Mitte-links-Spektrum die Grünen profitieren, ist so denkbar, wie es das fortschrittliche Lager insgesamt nicht größer machen würde. Weshalb auch weder SPD noch Linkspartei zu raten wäre, genauso wie die Grünen zu werden.
Etwas anderes ist es, wenn man unter „zweiter Linkspartei“ nicht bloß eine weitere Variante der einen versteht, sondern eine andere linke Partei. Von denen kann es ruhig noch ein paar geben. Warum? Weil in der heutigen komplexen Welt viele Rollen auszufüllen sind. An der SPD kann man sehen, dass das Modell des Tante-Emma-Ladens mit Von-allem-ein-bisschen-Angebot nicht mehr funktioniert. Bei den Grünen, die eher wie ein Spezialgeschäft wirken, ist das offenbar anders. Wo die Linke eine „Partei in Bewegung“ sein könnte, wäre die SPD eher eine „Partei in Tradition“. Man nähert sich, zum Beispiel in Sachen Solidarität, demselben Ziel, aber von unterschiedlichen Seiten. Auch sollte die SPD weiter evolutionär denken, damit man dabei nicht beim Status quo stehen bleibt, sollte bei der Linkspartei die Fahne der Utopie glaubwürdig flattern. Sozusagen als Windmacher. Für beide.
Man könnte sich sogar wünschen, dass noch eine weitere Linkspartei aufblüht – der Platz eines sozialen Liberalismus liegt ja ebenfalls brach. Außerdem belebt Konkurrenz das Geschäft, unterschiedliche linke Politikansätze sind Treibstoff für jeden einzelnen davon: aneinander klüger zu werden, nicht im eigenen Saft zu ertrinken. Und nicht zuletzt könnten mehrere Linksparteien auch für kommende Machtoptionen nützlich sein: In einem Regierungsbündnis müssten unterschiedliche Milieus und Interessen kooperativ vertreten sein, je mehr, desto besser – und verschiedene linke Parteien würden diese wie Bänder zusammenhalten. Das könnte eine Konstruktion für die Zukunft sein. Oder, Herr Böhmermann?
Kommentare 7
J. B. als Anreizgeber/Antipode linker Politvisionen ...
Der Boden linker Obsoleszenz ist prognosegerecht Dank solcher wie TOS nun fast erreicht.
"Konkurrenz belebt das Geschäft". So tief ist dieses sozialdarwinistisch-neoliberale Mantra bereits in das linke Denken eingedrungen! "Kooperation statt Konfrontation" schließt den Diskurs um die vernünftigere Lösung nicht aus.
die PdL als "partei in bewegung" ? frei von dummen traditionen?
der war gut!
aber belebt Ihre konkurrenz zu jan b. das journalistische geschäft?
Kleinparteien aller Länder – vereinigt euch: Ich denke, wenn die LiLis eine neue Partei aufmachen wollen, sollten sie sich keinen Zwang antun.
Die Lage, kann man sie besser zusammenfassen als Sie es tun?
Von Gottfried Benn stammt dies:
Erkenne die Lage.
Rechne mit deinen Defekten.
Baue auf deine Bestände,
Nicht auf Parolen!
Benn´s Weisheit als Grundlage für fortschrittliche politische Kooperation, um die Versprechungen des Grundgesetzes mit Leben zu erfüllen?
Wo bleibt die bundesweite mitte-links Kampagne, die den Weg aus der "neoliberalen Pampe" sucht und findet und mit der und für die Bürgerschaft neue Mehrheiten schafft?
Wer "sperrt" die Generalsekretäre der Grünen, der Linken und der SPD so lange "ein", bis grün-roter Rauch das Land überzieht. Und den Wählern den Weg weist? Hinaus aus der "selbstverschuldeten Unmündigkeit"?
Das, was Schramm beschreibt, was ist es anderes als "strukturelle Gewalt". Diese zu überwinden, muss Aufgabe fortschrittlicher Politik am Ende der zweiten Dekade des 21. Jahrhunderts endlich werden.
Dazu
Zur Trennung von Macht und Gewalt bei Hannah Arendt und ihrem Praxisgehalt – von Svea Gockel
https://soziologieblog.hypotheses.org/9953
Nur "links" ohne wirklich systemverändernd zu wirken, ist zu einfach gedacht. Was wir benötigen, ist ein neues Gesellschaftsmodell und die Bereitschaft sich auch mal mit anderen progressiven Reformern zu beschäftigen, die sich an Richard Buckminster Fuller orientieren: ,,Man schafft niemals Veränderung, indem man das Bestehende bekämpft. Um etwas zu verändern, baut man neue Modelle, die das Alte überflüssig machen".
<P>
Was fehlt, sind kreative Menschen, die bereit sind, sich wieder selbst zu engagieren, Politik neu zu erfinden und quer-zu-denken. Das bedeutet, die eindimensionale Ebene zu verlassen und nicht jedes Pflänzchen gleich im Keim zu ersticken. Viele Ansätze sind nicht neu. Sie werden bereits von zahlreichen Wissenschaftlern und Philosophen diskutiert. Man muss diese vielen Einzelthemen nur mal auf eine gemeinsame Linie bringen und schon entsteht eine Programmatik, die alles bisherige auf den Kopf stellt: De-growth. Postwachstumsökonomie. Demokratie stärken. Einbezug der Bürger in den Parlamentarismus über Losverfahren. 5%-Klausel abschaffen. Steuerliche Umverteilung. Wer den neuen Rohstoff "Daten" liefert, muss an der Wertschöpfung beteiligt werden = Bürger. Das BGE als Grundlage, um die bisherige Arbeits- in eine Tätigkeitsgesellschaft umzuwandeln etc. etc. <a href="http://www.ini146.de"</a> lässt grüßen.
Nur "links" ohne wirklich systemverändernd zu wirken, ist zu einfach gedacht. Was wir benötigen, ist ein neues Gesellschaftsmodell und die Bereitschaft sich auch mal mit anderen progressiven Reformern zu beschäftigen, die sich an Richard Buckminster Fuller orientieren: ,,Man schafft niemals Veränderung, indem man das Bestehende bekämpft. Um etwas zu verändern, baut man neue Modelle, die das Alte überflüssig machen".
Was fehlt, sind kreative Menschen, die bereit sind, sich wieder selbst zu engagieren, Politik neu zu erfinden und quer-zu-denken. Das bedeutet, die eindimensionale Ebene zu verlassen und nicht jedes Pflänzchen gleich im Keim zu ersticken. Viele Ansätze sind nicht neu. Sie werden bereits von zahlreichen Wissenschaftlern und Philosophen diskutiert. Man muss diese vielen Einzelthemen nur mal auf eine gemeinsame Linie bringen und schon entsteht eine Programmatik, die alles bisherige auf den Kopf stellt: De-growth. Postwachstumsökonomie. Demokratie stärken. Einbezug der Bürger in den Parlamentarismus über Losverfahren. 5%-Klausel abschaffen. Steuerliche Umverteilung. Wer den neuen Rohstoff "Daten" liefert, muss an der Wertschöpfung beteiligt werden = Bürger. Das BGE als Grundlage, um die bisherige Arbeits- in eine Tätigkeitsgesellschaft umzuwandeln etc. etc.
http://www.ini146.de lässt grüßen.