Am Dienstag werden 400 Rekruten vor dem Reichstag "feierlich vereidigt". Der Wehrbeauftragte des Bundestages hat kurz vor dem Gelöbnis auf dem Berliner Parlamentsrasen mehr Rückhalt für „unsere Truppe“ gefordert. Die Soldaten müssten „spüren, dass ihre Arbeit durch die deutsche Bevölkerung wertgeschätzt und anerkannt ist“. Worin die Tätigkeit von Soldaten besteht, sagt der FDP-Mann Hellmut Königshaus an dieser Stelle nicht. Es hätte vielleicht erklärt, warum die Begeisterung zurzeit nicht so ist, wie es man es sich unter der politischen Glaskuppel des Berliner Betriebs wünscht. Die Mutter eines toten Soldaten hat jetzt sogar den Verteidigungsminister angezeigt, in Umfragen sprechen sich seit langem Zwei Drittel gegen den Kriegseinsatz am Hindukusch aus.
Dass man die Demoskopie nicht mit der Wirklichkeit verwechseln darf, wissen all jene, die auf Demonstrationen gegen den Afghanistankrieg trotzdem unter sich blieben. Und für einen verbreiteten Antimilitarismus spricht es auch nicht. Selbst die linke Szene hat Schwierigkeiten mit der Mobilisierung. Nicht zuletzt deshalb wird es in diesem Jahr bei der umstrittenen Bundeswehr-Tradition wohl keine größeren Proteste geben. Schade, denn gerade aus Berlin sind die schönsten Bilder von Gelöbnis-Störungen noch in Erinnerung: Trillerpfeifen vor dem Schloss Charlottenburg, nackte Haut im Bendlerblock, falsche Scharping-Töchter und echte Wettrennen mit den Feldjägern.
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In den vergangenen Jahren schien der Protest-Höhepunkt allerdings bereits überschritten. Nun erklären das Büro für antimilitaristische Maßnahmen und die Deutsche Friedensgesellschaft: Man verzichte. „Wir haben aber die Erfahrung gemacht, dass Antimilitarismus kaum zur Massenmobilisierung taugt. Die 70-Prozent-Mehrheiten, die sich in Umfragen gegen den Afghanistan-Krieg aussprechen, zeigen sich nicht auf der Straße. Selbst innerhalb der linksradikalen Szene ist die Mobilisierung zu einer GelöbNIX-Demonstration kein Selbstläufer.“ Der Komisskopp-Aufmarsch sei zwar eine „Herausforderung für die antimilitaristische Szene“, heißt es. Und das mit enormen Sicherheitsvorkehrungen „geschützte“ Gelöbnis sage gerade wegen der alleinigen Verfügungsgewalt des Militärs über den symbolischen „Platz der Republik“ mehr „über den Zustand dieser Gesellschaft“ aus, als die offizielle Politik selbst zugeben wolle. Aber: Größere Kundgebungen „gegen den deutschen Militarismus sind nicht drin“.
Die Deutsche Friedensgesellschaft will daraus allerdings keine endgültigen Schlüsse ziehen. Erstens, weil es am Dienstag vor dem Reichstag ja doch noch zu – unangemeldeten – Protesten kommen könnte. Und zweitens, weil Gelöbnis-Proteste anderswo durchaus noch ein wenig Konjunktur haben: In Stuttgart stemmen sich derzeit immerhin gleich zwei Bündnisse gegen die Strategie der Normalisierung des Militärischen in der Öffentlichkeit und rufen zu Aktionen gegen ein für den 30. Juli geplanten Gelöbnis auf. Die Mobilisierung sei zwar auch hier „schwierig“, heißt es bei den Organisatoren. Da sich aber auch Gewerkschaften, Grüne Jugend und Jusos beteiligen wollen, erhofft man sich „wenigstens eine breitere Wirkung unseres Aufrufs als in früheren Fällen“.
Kommentare 3
Es wird auf die Dauer schwierig den Leuten zu erklären wogegen man ist, wenn man kein verständliches Wofür formulieren kann.
Gleichzeitig vertreiben Möchtegern-Linke und Pseudo-Schwarze-Blöcke die Leute von den Veranstaltungen.
„Aber: Größere Kundgebungen „gegen den deutschen Militarismus sind nicht drin“.
Warum, weil hier nicht der deutsche Militarismus sondern der Deutsche Bundestag mit seinem mehrheitlichen Verständnis einer asymmetrisch aufgestellten Weltwirtschaft inkl. Weltwährungssystem im Wind des vorparlamentarischen Widerstandes steht.
tschüss
JP
Siehe dazu:
www.freitag.de/community/blogs/joachim-petrick/der-geheime-20-juli-1944
20.07.2010 | 12:30
Der geheime 20. Juli 1944
zeitgeschichte
Der geheime 20. Juli 1944
Das Unternehmen Walküre, die Auslösung des Alarmplans für das Heimaterstzheer durch den Obersten Graf Claus Schenk von Stauffenberg am 20. Juki 1944 war so geheim, dass selbst viele, der an der Verschwörung des Attentats auf Adolf Hitler Beteiligten unter dem Motto
„Das Schwein muss weg“
gar nicht wussten, worum es den Verschwörern wirklich ging.
Der geheime 20. Juli 1944 ist aus auch noch einem ganz anderen anti- demokratischen Grunde vollkommen untauglich als Tag für Gelöbnisse der Bundeswehr zu dienen.
Mit dem so genannten „Preußenschlag“ am 20. Juli 1932 erfolgte die verfassungswidrige Absetzung der SPD-Regierung Preußens in Potsdam unter dem damaligen SPD- Ministerpräsidenten Otto Braun durch Mitwirkung des berühmt berüchtigten Staatsrechtlers Carl Schmitt.
Das darauf folgende "Kabinett der Barone" unter Reichskanzler Franz von pappen ider dem Untergang „geweihten“ Weimarer Republik war auch eine Einstiegshilfe des Adels für Hitler und seine NS- Kohorten.
Graf Claus Schenk von Stauffenberg begrüßte damals den anti- demokratisch "nationalen Aufbruch".
Die obskur anti- demokratische Mehrdeutigkeit des „geheiligten“ Datum des „20. Juli“ kündet von vergangenem Unheil bis in unsere Zukunft.
Vermutlic wollten sich die Verschwörer/innen um Oberst Stauffenberg für den Fall eines Militärgerichtsverfahrens nach dem Attentat auf Adolf Hitler entlastend auf genau diesen "Preußenschlag" berufen, der damals im Jahre 1932 von der Reichswehr gefordet und gefördert wurde.
tschüss
JP