Wie tief die FDP gefallen ist, wird dieser Tage aufs Schönste illustriert: Die Union lässt die Liberalen wegen einer Mini-Entlastung am langen Arm vertrocknen. Die Hoffnung auf den steuerpolitischen Rettungsschirm zermahlen zwischen Länder-Nein, Terminaufschub und freundlichen Sätzen: „Die ganze Diskussion ist irgendwie irre“, meint eine CDU-Ministerpräsidentin – das ist nicht der Stoff für eine teambildende Maßnahme, als welche die FDP-Spitze ihre Sonntag beginnende Klausur ankündigt. Das klingt nach den Zutaten für ein Selbstmitleid-Gruppenseminar.
Dass sich nun auch noch Paul Kirchhoff zurückgemeldet hat, macht die Sache nicht einfacher. Die Durchsetzungsschwäche der FDP muss im Licht des positiven CDU-Echos auf die Großreform des Professors aus Heidelberg noch greller er-scheinen. Zum anderen verweist Kirchhoffs Vorschlag auf das leere Tablett der SPD.
Die Sozialdemokraten haben die Vorlage ihres Steuerkonzepts gerade verschoben – mit der windigen Ausrede, den Sommer überlasse man getrost der Koalition für ihren Streit. In Wahrheit glaubt Sigmar Gabriel wohl, es kommt noch eine bessere Chance, sich als Parteichef über die Organisationsreform hinaus mit einem inhaltlichen Thema zu verewigen – nicht zuletzt gegen Ex-Finanzminister Steinbrück und den auf wirtschaftspolitische Seriosität machenden Steinmeier.
Immerhin geht es um Verteilungspolitik, den sozialdemokratischen Hebel also. Dass die Partei ihn zuletzt meist an falschen Stellen angesetzt hat, ist richtig – aber noch keine Antwort darauf, ob das auch in Zukunft so bleibt. Wofür werden Mehreinnahmen aus der Er- höhung des Spitzensteuersatzes und der Vermögensteuer aus-gegeben? Für Entlastungen, Bildungsinvestitionen, den Sozialausgleich einer Bürgerversicherung? Welche große Reformidee ist mit so einem Konzept verbunden? Und wieweit steht nicht auch jeder sozialdemo-kratische Vorschlag unter dem Vorbehalt der Schuldenbremse? Über diese Fragen in einen öffentlichen Wettstreit zu treten, dazu wäre der Steuerstreit der Koalition nebst Wiederkehr des unsozialen Kirchhoff-Stoffes jetzt eine gute Chance. Vielleicht ist es Gabriels letzte.
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