Im Wochentakt: Immer wieder Attacken auf Büros der Linken

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

In der Silvesternacht ist erneut ein Büro der Linken angegriffen worden – diesmal flogen die Scheiben bei Linke-Fraktionschef Wulf Gallert und der Parlamentarierin Eva von Angern in Magdeburg ein. Und auch das zum wiederholten Male. Die Abgeordnetentätigkeit im Wahlkreis sei zunächst nicht mehr in vollem Umfang möglich, heiß es bei der Linken in Sachsen-Anhalt. Die Polizei schließe ein politisches Motiv für die Tat nicht aus. „Wir fordern, dass umgehend nach den Tätern gefahndet wird und die Hintergründe des Anschlags aufgedeckt werden“, so die Partei. „Dies auch unter dem Aspekt, dass in jüngster Vergangenheit schon zahlreiche Anschläge auf die Wahlkreisbüros von Linkspolitikern in Sachsen-Anhalt verübt wurden.“

Nicht nur dort. In einigen Bundesländern ist die Zahl von Angriffen auf Linken-Büros zuletzt immer größer geworden. Im Sommer listete eine fraktionsinterne Übersicht bundesweit 116 Fälle zwischen Anfang 2010 und Mitte 2011 auf, in denen Linken-Büros mit Steinen beworfen oder verwüstet wurden, Autos in Brand gesteckt und Politiker bedroht wurden. Häufig stehen dabei offenbar Rechtsradikale hinter den Attacken. Die Linke macht aber auch eine gesellschaftliche Stimmung verantwortlich, das von der etablierten Politik mitgeschaffen wird. Zuletzt etwa durch Forderungen aus der CSU, der Linken als „Gegner der Demokratie“ den Geldhahn abzudrehen. Mit solchen Vorstößen, so Linkenchef Klaus Ernst, werde ein Klima geschaffen, „in dem sich rechte Gewaltbanden erst recht ermutigt fühlen, unsere Büros zu demolieren und unsere Mitglieder zu bedrohen“.

Der Spiegel widmet nun der Entwicklung in seiner neuen Ausgabe eine Geschichte. „Rechtsextreme greifen im Wochentakt Politiker und Büros der Linken an. Jetzt wird der Schutz fürs Spitzenpersonal verstärkt“, heißt es in dem Magazin – die Schilderung ist teils beklemmend: Da muss sich Gregor Gysi von „finsteren Gestalten“ umzingelt fühlen, da explodieren Briefkästen und brennen Autos. Am zweiten Weihnachtsfeiertag war die Scheibe des Büros des Hamburger Linken-Abgeordneten Tim Golke eingeschmissen worden. „Monatlich mindestens vier oder fünf Anschläge zählen Genossen und Polizisten zurzeit bundesweit, häufig waren es mehr“, schreibt der Spiegel. Bereits vor Monaten hatte Klaus Ernst von einer „neuen Qualität der Bedrohung“ gesprochen und „eine parlamentarische Untersuchung zur Entwicklung der rechten Angriffe auf demokratische Parteien“ gefordert. Ein halbes Jahr später beklagt Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau, „ausgerechnet im Kampf gegen rechts“ würde die Linke von anderen Parteien „weiter als parlamentarisches Schmuddelkind behandelt“.

Nun werden die Sicherheitsmaßnahmen für linke Spitzenpolitiker verstärkt. Hintergrund ist offenbar, dass prominente Vertreter der Partei auf Listen von Rechtsradikalen stehen, die im Zusammenhang mit den Ermittlungen zur „Zwickauer Zelle“ gefunden wurden. Zur Erklärung der massiven und in den meisten Fällen mutmaßlich von rechts kommenden Angriffe auf Linken-Büros, verweist der Spiegel auf die antifaschistischen Aktivitäten der Partei – und flicht dies in eine Argumentation ein, bei der man sich fragt, ob nicht auch sie zu dem von Ernst angesprochenen Klima beiträgt.

Viele Neonazis könnten „den Genossen offenbar nicht verzeihen, dass sie seit langem gegen ihre Aufmärsche und Propaganda mobilisieren“, schreibt das Magazin, als ob man gegenseitiges Verzeihen von „Extremisten“ an den Rändern des politischen Spektrums erwarten müsste. Und als weiteren Grund dafür, dass Büros der Linken im Vergleich zu denen anderer Parteien „besonders oft und besonders schwer“ vom „rechten Hass“ getroffen werden, nennt das Magazin: „weil beide Seiten zum Teil um dieselbe Klientel konkurrieren, die Enttäuschten und Verlierer der Gesellschaft“.

auch erschienen auf lafontaines-linke.de

(Foto auf der Startseite: Das Wahlkreisbüro von Halina Wawzyniak nach einem Anschlag im Mai 2011/ Foto: Halina Wawzyniak)

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Tom Strohschneider

vom "Blauen" zum "Roten" geworden

Avatar

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden