Kaffee und andere Drogen: SPD, CDU und Linkspartei in NRW

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Auf der nach unten offenen NRW-Wahlkampf-Skala kommen CDU und
SPD um einiges voran. Es ist ein Ziehen und Gezogenwerden: Die von der Sponsoring-Affäre leicht angeschlagene Union hält Stöckchen hin – und die Sozialdemokraten springen drüber. Ein Treffen beim Kaffee zwischen deren Landesvize mit der Sprecherin der NRW-Linken wird von der CDU zum Eklat hochgespielt, es handele sich um Verhandlungen im „engsten Umfeld“ der SPD-Spitzenkandidatin und Vorbereitungen zur rot-rot-grünen „Machtübernahme“. Hannelore Kraft macht die Sause mit und erklärt: Alles „absolute Alleingänge mit keinerlei Legitimation durch den SPD-Landesvorstand“. Also ohne. Nun, es geht wie gesagt um eine halbe Stunde beim Käffchen. 30 Minuten, die der CDU gut in den Kram passen.

SPD-Mann Jochen Ott, der es immerhin „für richtig“ hält, „dass man mit dem politischen Gegner spricht und ihn kennenlernt, wenn man sich eine Meinung bilden will“, muss nachträglich den Kraft-Satz aufsagen, „Dass die Linke weder regierungswillig noch regierungsfähig ist.“ Das Treffen mit Katharina Schwabedissen habe ohnehin nur erbracht, was Wahlkampfstrategie der Sozialdemokraten an Rhein und Ruhr ist. Es ist ein Kurs, den sich die SPD aufzwingen lässt. Die Ypsilanti-Angst steckt tief drin in der Partei, jetzt hat man rigoros die Tolerierungsvariante ausgeschlossen, weil sich ein so großes Bundesland wie NRW damit angeblich nicht regieren lasse. Auch müssen regelmäßig Selbstverständlichkeiten tabuisiert werden, etwa dass da bei der Linken Menschen Politik machen, und dass man mit denen auch mal redet. Kraft hat Ende Januar erklärt, es gebe keine Gespräche mit der Partei.

Bei der CDU wird man sich freuen, dass die WAZ-Gruppe ausgerechnet jetzt mit der Geschichte kommt. Die Partei hatte gerade ihr „Rotbuch“ vorgestellt, „eine Dokumentation über Programm, Strategie und Führungspersonal der NRW-Linkspartei“. Es ist bei Licht betrachtet ein ziemlich lustiger 32-Seiten-Versuch von Propaganda, eine Parodie dieses heutigen Anti-Sozialismus hätte es nicht besser gekonnt. Die Linke sah sich an das Ergebnis einer “feuchtfröhlichen Runde” erinnert und unterstellte abnehmende Urteilsfähigkeit bei “steigendem Alkoholkonsum”. Die CDU “im Suff”. Womit man rechnen muss, wenn die “Radikalen” demnächst ans Ruder kommen: „Alle privaten Hausbesitzer werden enteignet, (…) „sozialistische Planwirtschaft wird eingeführt“. Schüler sollen „den Konsum von Rauschgift an Schulen lernen“ und „jedes Kind Haschisch im Supermarkt kaufen“ dürfen. Und die Leute „hätten dann nur noch einen Tarifvertrag und ein Einheitshandy“. Nun ja.

Es geht dabei aber gar nicht wirklich darum, dass sich irgendwer vor der Einführung des Sozialismus fürchtet. Die Linkspartei muss nicht beteuern, dass es mit ihr „kein Dönerkombinat und kein VEB Pommes geben“ wird. Die CDU hat es allein auf die SPD abgesehen. Sie kann mit einiger Berechtigung davon ausgehen, dass die Sozialdemokraten mit dem Eiertanz um die Linkspartei eher an Zustimmung verlieren. Versuche der SPD, die Debatte auf inhaltliche Themen zu bringen, etwa auf die Bildungspolitik für Nordrhein-Westfalen, werde an den Rand gedrückt. Dass die Bundes-SPD versucht, mit der „Abstimmung über die Gesundheitsreform“ den Wahlkampf bundespolitisch zu imprägnieren, verengt den Raum für landesspezfische Diskussionen zusätzlich.

Die CDU bleibt dran. Da werden schonmal Umfragen in Auftrag gegeben, die so ausfallen: 62 Prozent der Nordrhein-Westfalen lehnen eine Koalition von SPD und Linkspartei ab. „Auch 48 Prozent der SPD-Anhänger sind gegen ein rot-rotes Bündnis. Nicht mal jeder fünfte SPD-Anhänger wünscht sich eine rot-rote Koalition. Gleichzeitig sind mehr als die Hälfte der SPD-Anhänger (54 Prozent) davon überzeugt, dass die SPD eine solche Koalition eingehen würde, wenn sie nach der Wahl die Möglichkeit dazu hätte.“ Man sieht, die Strategie zahlt sich aus: Die SPD-Anhänger sind dagegen, trauen Kraft aber anderes zu. „Heute hat die Linkspartei bestätigt, dass es Gespräche mit der SPD gibt.“ Achherrje. Und falls die Umfrageergebnisse doch nicht ganz richtig waren, werden die ganz rostigen Geschütze herausgeholt. Eine Koalition mit der Linkspartei „verbietet sich für jeden aufrechten Demokraten“. Einen schönen Gruß an Klaus Wowereit und Matthias Platzeck.

Siehe auch: lafontaines-linke.de

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Geschrieben von

Tom Strohschneider

vom "Blauen" zum "Roten" geworden

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