Kohle bleibt Zündstoff

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Das kam ein wenig überraschend: Die Linkspartei hat am Mittwochabend bei einem Kleinen Parteitag noch nicht wie geplant eine Vorentscheidung über den rot-roten Koalitionsvertrag getroffen. Die Mitglieder von Landesvorstand und Landesausschuss bräuchten mehr Zeit, die 60 Seiten starke Regierungsvereinbarung genau zu studieren, sagte Linkenchef Thomas Nord, es gebe zudem „noch Gesprächsbedarf“. Nicht mit der SPD, mit der man die Koalitionsgespräche sogar vorzeitig abgeschlossen hat - sondern in den eigenen Reihen.

Die Partei gibt auf ihrer Webseite den Hinweis: Es gebe „viel Zustimmung, aber auch viele Nachfragen, unter anderem zur künftigen Energiepolitik“. Die hat der Linken schon viel Kritik eingebracht. Die Junge Welt nannte Rot-Rot „Vattenfalls Regierung“, die Linkspartei habe wesentliche Forderungen fallengelassen, die Landesgrünen lästern, die Verhandlungsgruppe um Kerstin Kaiser habe sich von der SPD „gehörig einseifen“ lassen. Teile des Regierungsvertrag werden auch von Brandenburger Bundestagsabgeordneten wie Dagmar Enkelmann und Wolfgang Neskovic abgelehnt, in Sachen CCS-Technologie, Braunkohleverstromung und Tagebaupolitik seien „Nachverhandlungen“ nötig. Das geht über die bekannte Lagerbildung in solchen Fragen hinaus, beide gehören zum Realoflügel und nicht zur regierungsskeptischen Parteilinken.

Unterdessen wird mit längeren Papieren um Zustimmung zu den mit der SPD verhandelten Kompromissen geworben. In einer Bewertung zur Energiepolitik heißt es, die Regierungsvereinbarung sei „leider dadurch gekennzeichnet, dass keine Seite zu 100 Prozent ihr Wahlprogramm umsetzen kann“. Zudem wird auf bundesrechtliche Rahmenbedingungen und den relativ langen Zeithorizont anstehender Entscheidungen verwiesen.

Den kompletten Koalitionsvertrag hat Thomas Falkner gesichtet, ein nicht ganz unwichtiger Denker und Berater aus der zweiten Reihe der PDS bzw. Linkspartei, manche Linke sehen in ihm eine Art Oberrealo. Die neue Potsdamer Regierung - so sie denn zustande kommt - sei eben kein rot-rotes Projekt, „das über die Jahre aus programmatischen und ideologischen Gemeinsamkeiten erwachsen, in gemeinsamen Auseinandersetzungen mit Dritten gereift ist und dabei schließlich die Hegemonie für ein Umbau-Projekt erobern konnte“. Die Regierungsvereinbarung sei „nicht der Abschluss, sondern der Auftakt der politischen Arbeit“, die „nicht immer einfachen“ Auseinandersetzungen stehen also erst bevor. Das gilt nun erst einmal für die Linkspartei selbst: Welchen Einfluss die anstehenden vier Regionalkonferenzen noch haben, wird sich zeigen. Erst danach will die Spitze der Partei entscheiden. Am 4. November stehen Parteitage von SPD und Linke an.

siehe auch lafontaines-linke.de

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Geschrieben von

Tom Strohschneider

vom "Blauen" zum "Roten" geworden

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