Lafontaine meldet sich zurück

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Oskar Lafontaine hat beim Neujahrsempfang in Saarbrücken sein langes Schweigen beendet. Was der Linken-Chef da gesagt hat, verdient mehr Beachtung als von jener Art, die sich auf die Frage nach seiner Rückkehr beschränkt, die in Wahrheit ja eine nach seiner nochmaligen Kandidatur für den Parteivorsitz ist. Das ließ er offen. „Niemand ist unersetzlich“, so der Saarländer, „unersetzlich sind nur eine Politik und eine Strategie der Linken, die von immer mehr Wählerinnen und Wählern akzeptiert werden.“ Ähnlich hatte schon der Geschäftsführende Vorstand der Linkspartei in einer Erklärung argumentiert, mit der so etwas wie ein Schlussstrich unter den Streit der vergangenen Wochen gezogen werden soll. Unter anderem wolle man „aus den Vorgängen“ lernen: „Personaldebatten, die über die Medien geführt werden, akzeptieren weder unsere Mitglieder noch unsere Wähler.“ Woher man das weiß? Jedenfalls nicht aus Umfragen: In den Zahlen der Demoskopen hat sich der Streit bei der Linken bisher jedenfalls nicht niedergeschlagen. Die Partei wird zwar niedriger taxiert als unmittelbar nach der Bundestagswahl – ein Effekt der Bartsch-Lafontaine-Diskussion ist das aber nicht.

Über den Streit hat der Saarländer beim Neujahrsempfang vor 500 Gästen gar nicht viel Worte verloren. Wobei man seine weitgehend auf politische Inhalte konzentrierte Rede ja duchaus als Beitrag zu den Auseinandersetzungen ansehen kann, die hinter den "Personalquerelen" stehen. Lafontaine hat in einigen wichtigen Punkten noch einmal seine Position unterstrichen: Ja zur Regierungsbeteiligung, aber nur „wenn wir im Sinne unserer Programmatik die Politik verändern“. Den Koalitionsvertrag in Brandenburg hätte der Linken-Chef nicht unterschrieben, den Genossen aus der PDS schreibt er in Stammbuch, sie hätten „leider mit Regierungsbeteiligungen nicht die besten Erfahrungen gemacht“. Skepsis ist auch beim Stichwort „Grundsatzprogramm“ herauszuhören, die Eckpunkte seien „eine hervorragende Grundlage unserer politischen Arbeit“ und bräuchten den Vergleich nicht zu scheuen. Ohnehin würden sich Grundsatzprogramme der Parteien „in der Formulierung allgemeiner Ziele ähneln“, weshalb man Punkte herausarbeiten müsse, welche die Linke von anderen unterscheiden - das Wort „Markenkern“ taucht im Redemanuskript gleich vier Mal auf. Zu diesem zählt Lafontaine elf Punkte, die einige Essentials der Partei wiederholen, teils aber auch sehr von der Aktualität geprägt sind. Gleich in drei Punkten geht es um die Unabhängigkeit von Politikern von Unternehmensgeldern, Spenden und dergleichen. Die Affäre Finck lässt grüßen.

Lafontaine hat am Dienstagabend seine Partei dazu aufgerufen, sich auf den Einzug der Linken in Nordrhein-Westfalen zu konzentrieren. Über die richtige Strategie würden nicht die Strömungen entscheiden und auch nicht die Kommentatoren in den Medien, sondern die Wähler. Die „Personalquerelen“ nannte Lafontaine „überflüssig“, „das Notwendige“ dazu hätten Gregor Gysi und Klaus Ernst gesagt. „Da nicht alle Akteure einander in tiefer Sympathie und Zuneigung verbunden sind, muss man sich wie im Alltag an Regeln halten, die ein solidarisches Miteinander ermöglichen“, so Lafontaine. Ein direktes Wort zu Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch fand der Linken-Chef nicht. Schweigen kann auch eine sehr deutliche Äußerung sein.

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Geschrieben von

Tom Strohschneider

vom "Blauen" zum "Roten" geworden

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