Loveparade: "Wenn dann aus irgendeinem Grund da eine Panik ausbricht"

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Schon am Dienstag berichtete derwesten.de: „Eine Million Raver werden zur Loveparade erwartet. Doch das Party-Gelände kann maximal die Hälfte zeitgleich aufnehmen." Und weiter: "Es sei zwar nicht auszuschließen, dass der Zugang während der zehnstündigen Veranstaltung kurzzeitig gesperrt werden müsse, aber derzeit gehe man nicht davon aus. Und wenn der Fall doch eintrete, 'dann haben wir ganz unterschiedliche Maßnahmen, mit denen wir das problemlos steuern können', verspricht der Sicherheitsdezernent".

„An einem Punkt könnte sich das Mega-Event zum Tanz auf dem Drahtseil entwickeln: In Duisburg werden deutlich mehr Raver erwartet, als auf das Güterbahnhofsgelände passen. Während Sicherheitsdezernent Wolfgang Rabe auf DerWesten-Anfrage von ‚einigen hunderttausend Menschen‘ spricht, die auf dem Gelände Platz haben, wird Kersten Sattler vom Veranstalter Lopavent etwas konkreter: ‚400.000 bis 500.000 Menschen‘ könnten sich zeitgleich auf der abgesperrten Party-Fläche mit 230.000 Quadratmetern aufhalten. Die konkrete Zahl aus der Genehmigung der Stadt für die Loveparade wollte Rabe aus einsatztaktischen Gründen nicht nennen.“

Wer macht die Love-Parade? Die Main Post schreibt: „Im Januar 1969 in Bamberg geboren, wächst Rainer Schaller im fränkischen Schlüsselfeld auf. Mit 17 Jahren macht er eine Lehre als Einzelhandelskaufmann, anschließend seinen Betriebs- und Einzelhandelsfachwirt. Fünf Jahre später übernimmt er, 22-jährig, seinen ersten Edeka-Markt. Es folgen drei weitere. 1997 gründet er in Würzburg McFit – mit inzwischen 101 Filialen und 700 000 Mitgliedern. 2006 investiert Schaller zwei Millionen Euro in die insolvente Loveparade und übernimmt die Gesellschaftsanteile zu 100 Prozent.“

Ort der Parade wird das Gelände eines ehemaligen Güterbahnhofs sein. Was sprach für dieses Areal? Schaller auf ntv.de am 23. Juli 2010: „Nun ja, man muss gucken, wo man eine Millionen Menschen hinbekommt – von der Logistik her, mit dem An- und Abtransport. Und man muss sehen, wo man dann auch einigermaßen sicher feiern kann. Nach Prüfung in Duisburg erschien uns dieses Gelände auch wegen seiner Nähe zum Bahnhof sehr gelegen.“

Schaller im Handelsblatt-Interview vor einem Jahr: „Nachdem die Love Parade 2004 und 2005 ausgefallen war, haben wir das Event 2006 reanimiert. Wir wollten mit einem relativ kleinen Budget einen hohen Bekanntheitsgrad erzielen. Ich war bei renommierten Werbeagenturen, die mir sagten, dass man im Jahr zwischen acht bis zehn Millionen Euro braucht, um seinen Bekanntheitsgrad zu steigern. Und das war einfach damals vom Budget nicht möglich. Wir haben uns lange überlegt, was wir denn Verrücktes machen können, um bekannter zu werden. Wir haben uns für die Love Parade entschieden. Das war ein Himmelfahrtskommando.“ Handelsblatt: Die Love Parade in Bochum fällt in diesem Sommer aus. Schaller: „Das war ein Schlag ins Gesicht, ist aber nicht zu ändern. Zur Love Parade reisen 90 Prozent der Teilnehmer mit der Bahn an und der Bochumer Hauptbahnhof wird gerade umgebaut. Die nötige Infrastruktur fehlt. Wir schauen nach vorn: 2010 geht es weiter in Duisburg.“

Die nötige Infrastruktur? „230.000 qm für sagen wir mal 460.000 Menschen, das ergibt genau einen halben Quadratmeter pro Person. Und davon geht noch der Platz ab, den Bühnen brauchen und vor allem den die Floats brauchen. 460.000 Menschen sind wie Sardinen in der Dose, da kann sich keiner mehr bewegen. Wenn dann aus irgendeinem Grund da eine Panik ausbricht, dann gibt es Tote - und nicht wenige. Solch eine Menge auf so engem, eingezäunten Raum, das kann nicht gutgehen. Meine Kinder gehen nicht hin, sie verstehen das und teilen die Bedenken.“ (ein Kommentar bei derwesten.de)

Die dpa meldet am Abend des 24. Juli 2010: "Der Erfinder der Loveparade, Dr. Motte, hat den Veranstaltern der Technoparade in Duisburg die Schuld für die Katastrophe mit mindestens 15 Toten gegeben. 'Die haben einen krassen Management-Fehler begangen. Wie kann man denn Menschen nur durch einen einzigen Zugang auf das Gelände lassen. Das ist ein Skandal', sagte der DJ dem Berliner Kurier. Für ihn sei die Frage nach der Verantwortung klar. 'Die Veranstalter sind schuld!' Sie hätten aus 'reiner Profitgier' gehandelt. 'Die haben doch gewusst, dass es voll wird. Was also haben Zäune und Security da zu suchen? Bei nur einem Zugang.' Die Katastrophe sei 'einfach schrecklich', sagte der Techno-Guru. 'Mein Mitgefühl gilt den Familien der Toten und den Verletzten.' Dr. Motte hatte die Liebesparade 1989 gegründet. Weil die Party seiner Ansicht nach zur 'Dauerwerbesendung' verkam, zog sich der Berliner aber 2006 aus dem Organisationsteam zurück."

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Geschrieben von

Tom Strohschneider

vom "Blauen" zum "Roten" geworden

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