Nach Düsseldorf: Was macht das Institut Solidarische Moderne?

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Was bedeutet die rot-rot-grüne Blockade von Düsseldorf für ein Projekt wie die „Solidarische Moderne“? Einerseits ist die politische Schutthalde, die abzutragen das im Januar gegründete Institut sich aufgemacht hat, nun noch größer geworden. Stefan Reinecke schreibt in der Tageszeitung, "ohne Probelauf für Rot-Rot-Grün in einem westlichen Land wird es keine linke Bundesregierung geben" und sieht "eine große Chance vertan".

Andererseits hat das Scheitern in Nordrhein-Westfalen gezeigt, dass machtpolitische Türen nur offen stehen, wenn die potenziellen Partner besser vorbereitet sind, wenn es eine gesellschaftliche Stimmung dafür gibt, wenn SPD und Grüne sich auf eine Linksverschiebung einlassen würden, wenn, wenn, wenn. Die inhaltliche Debatte jedenfalls steht noch ganz am Anfang steht. So gesehen erneuert das NRW-Debakel zunächst einmal den Arbeitsauftrag des ISM, nämlich dazu beizutragen, dass aus einer sozial-ökologischen „gesellschaftlichen Mehrheit wieder eine politische Mehrheit in demokratischen Wahlen“ wird. Und so langsam kommt das Institut, das im Winter einige öffentliche Aufmerksamkeit erhielt, auch als Arbeitszusammenhang in Fahrt. Darüber allerdings ist in den Medien nicht allzu viel zu lesen.

Ende Juni findet die erste Mitgliederversammlung statt. Beim Versand der Einladungen hatte es eine gravierende Datenschutzpanne gegeben - alle Emailadressen waren sichtbar. Den Wunsch zur Teilnahme hat das nicht getrübt, die Geschäftsstelle spricht von „zahlreichen Anmeldungen“. Inzwischen ist auch die Papierproduktion der Initiative in Gang gekommen, zum Beispiel die Schriftenreihe „Denkanstöße“. Birgit Mahnkopf hat sich Gedanken über „Leitbilder auf dem Weg aus der neoliberalen Sackgasse“ gemacht. Der frühere Bundesrichter und Linken-Abgeordnete Wolfgang Neskovic hat frühere Ausarbeitungen (etwa hier und hier) aktualisiert und plädiert in „Der Sozialstaat und die Wirtschaftskrise“ dafür, das zaghaft formulierte Verfassungsgebot deutlicher zu formulieren. Ein „Handlungsprogramm für eine politische Wirtschaftsstrategie“ haben Andrea Ypsilanti und Hermann Scheer zur Diskussion gestellt.

Seit einer Woche gibt es zudem ein erstes kollektives Positionspapier des Instituts: „Griechenland ist überall“ von Elmar Altvater, Sven Giegold, Mahnkopf und Hermann Scheer. Letzterer sprach von einer „richtungsweisenden Qualität des Memorandums“, mit dem dringende politische Initiativen zur Regulierung der Finanzmärkte gefordert werden. Jenseits der Analyse findet sich ein Dreiklang von Forderungen. Erstens: Auf europäischer Ebene soll demnach umgehend eine Finanztransaktionssteuer eingeführt und öffentliche Rating-Agenturen gegründet werden. Die Europäische Zentralbank müsse innerhalb der EU die Möglichkeit erhalten, Regierungen zum Niedrigstzinssatz Kredite zu gewähren. (Diese Forderung war gerade in einem Antrag der Linksfraktion im Bundestag enthalten, stieß aber unter deren Abgeordneten auf ein geteiltes Echo - mehr dazu hier.) Zweitens solle mittelfristig „eine Initiative für eine Wiedereinführung vereinbarter Wechselkurse und eine gemeinsame Wirtschaftspolitik in der Eurozone“ gestartet werden. Und drittens müsse die Bundesrepublik drei Maßnahmen auf nationaler Ebene auf den Weg bringen: die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns, ein anti-zyklisch ausgerichtetes Investitionsprogramm und die Einführung einer Vermögenssteuer. Kommentar der Geschäftsstelle des Instituts Solidarische Moderne: „Toller erster Erfolg für unser Crossover-Projekt!“

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Geschrieben von

Tom Strohschneider

vom "Blauen" zum "Roten" geworden

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