"Pate von der Saar": Landtag setzt Untersuchungsausschuss ein

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Der saarländische Landtag hat am Mittwochnachmittag die Einsetzung von zwei Untersuchungsausschüssen beschlossen. Besser gesagt: Die Opposition aus SPD und Linkspartei hat die Gremien gegen die Jamaika-Mehrheit durchgesetzt. Einmal geht es um die Umstände, unter denen der umstrittene Freizeitpark Gondwana das Licht der Welt erblickte (mehr im Antrag). Das 2008 eröffnete und von der seinerzeit allein regierenden CDU geförderte Projekt bringt millionenschwere Risiken für die öffentlichen Kassen mit sich – jetzt sollen die Verträge auf den Tisch, der Chef der Staatskanzlei könnte unter Druck geraten, die CDU spricht von einer ordnungsgemäßen Ansiedlung der schlecht besuchten Dino-Ausstellung.

Der zweite Ausschuss hat mehr Sprengkraft, betrifft er doch alle drei an der Landesregierung beteiligten Parteien und berührt das Saubermann-Selbstbild einiger zentraler politischer Figuren. Wenn sich das von der Linkspartei beantragte Gremium nun der "Unternehmerischen Einflussnahme auf die Regierungsbildung des Saarlandes nach den Landtagswahlen 2009" widmet, geht es um fragwürdige Verstrickungen und die Macht des Millionärs, Unternehmers und FDP-Politikers Hartmut Ostermann (mehr dazu hier und hier). Im Antrag ist "von offenkundigen wirtschaftlichen Beziehungen" zwischen dessen Unternehmen und Politikern die Rede. Zudem gibt es jede Menge offene Fragen um sage und schreibe fünf gegen Ostermann laufende Ermittlungsverfahren von Staatsanwaltschaft und Finanzverwaltung, die in zeitlicher Nähe zur Jamaika-Hochzeit eingestellt wurden – und das an einem einzigen Tag, was die Saar-SPD zu dem Schluss kommen ließ, "dass es sich bei der Jamaika-Koalition um ein reines Geschäftsmodell handelt, bei dem Ostermann den Takt vorgibt".

Die Koalition streitet Korruption vehement ab – und sucht ihr Heil im Angriff auf die Linkspartei. Zuletzt hatte die Fraktionsspitzen in einem gemeinsamen Aufruf Oskar Lafontaine sogar als "Brunnenvergifter" bezeichnet. Dieser peinliche Entlastungsversuch, der sich auch noch eines historisch belasteten Stereotyps bedient, war offenbar selbst Parteifreunden der drei Fraktionsvorsitzenden peinlich. Mancher bei CDU, FDP und Grünen, schreibt der Spiegel, habe sich gefragt, "warum man solche Verteidigungsschreiben nicht Ostermann respektive dessen eigenem Pressesprecher überlasse?" Bei den Grünen hat sich inzwischen ein Aktionsbünndis Sonnenblume gegründet - gegen die "autokratischen Strukturen" an der Spitze des Landesverbandes. Auch ehemalige Grüne haben sich sehr kritisch über Landeschef Herbert Ulrich geäußert – ein Beispiel findet sich hier.

Vielleicht bringt nun der Ausschuss Licht in die Angelegenheit Ostermann. Die Sozialdemokraten haben gleichwohl darauf hingewiesen, dass in bestimmten Fragen "das Steuerrecht hier dem Parlament enge Grenzen einer rechtlichen Überprüfung" setzt.

Weiterlesen:
Die Jamaika-Koalition maßregelt Lafontaine - hier

Thorsten Comtesse über Ulrich und die Sonnenblumen – hier
Fabio De Masi über Sizilien an der Saar – hier

siehe auch lafontaines-linke.de

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Geschrieben von

Tom Strohschneider

vom "Blauen" zum "Roten" geworden

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