Wahlaufrufe? Bitte nicht mehr!

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Eine Lehre aus diesem Wahlkampf könnte sein, dass Prominente der unterschiedlichsten Bekanntheitsgrade nirgendwo mehr unterschreiben. Weder für Gutes, wie den Weltfrieden. Noch für Schlechtes, wie die SPD. Die Sozialdemokraten haben nämlich nicht einmal oder zweimal die Namen von fremden Leute ohne ausdrückliche Erlaubnis für Wahlkampfzwecke missbraucht, sondern drei Mal. Ein Versehen? Glaubt doch keiner. Der Vorwärts redete sich aufs Vergessen hinaus. Dann behauptete die SPD, die ungefragt unter einen behindertenpolitischen Aufruf Geratenen hätten nicht richtig zugehört. Und nun distanziert sich auch noch Senta Berger von einer Anzeige zu Gunsten von Frank-Walter Steinmeier und findet den Umgang mit ihr „ziemlich unverschämt“. Liebe SPD, habt Ihr mal Euren so genannten Kanzlerkandidaten gefragt, ob der wirklich damit einverstanden ist, für eine so desolate Partei anzutreten? Oder ist dessen "Unterstützung" auch herbeigemogelt und der Mann hat es nur noch nicht gemerkt? Nach dem Fernsehduell mit seiner Chefin konnte man sich des Eindrucks ohnehin nicht erwehren, dass der Außenminister gar nicht weiß, dass er im Wahlkampf steht. Wie dem auch sei. Zu danken wäre der SPD dennoch. Jedenfalls dann, wenn wegen der sozialdemokratischen Unterschriftenfälscherei endlich das deutsche Wahlunterstützerunwesen zusammenfällt.

Jeden Tag eine riesige Anzeige von Leuten, die ihre Parteivorlieben für ein öffentliches Gut halten und das Wahlgeheimnis vorsätzlich brechen. Bei der Linkspartei kann man das ja noch verstehen, da gehört noch ein gewisser Mut dazu, seinen Namen mit den Kommunisten in Verbindung zu bringen. Nicht mehr so viel wie bei der alten PDS freilich, deshalb tragen die Pro-Linke-Wahlaufrufe heute ja auch viel mehr Unterschriften. Solidarität mit einem Underdog ist ohnehin eine kulturell akzeptable Sache – siehe der Rumpelfußball von St. Pauli. Aber warum bekennen Menschen, dass sie am liebsten schwarz-gelb regiert werden wollen? Wer will wissen, dass Dorothea Haller-Laible, Esther Schröter-Riefle und Layla-Walia Stecher für Angela Merkel sind. Oder ob Ottfried Fischer sein ganzes Gewicht für die SPD in die Waagschlae wirft (wenn es denn stimmt, dass er unterschrieben hat). Eben. Deshalb: Schluss mit dem Unterstützerunwesen. Der SPD erspart das pro Wahlkampf drei peinliche Pannen.

auch erschienen auf lafontaines-linke.de

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Geschrieben von

Tom Strohschneider

vom "Blauen" zum "Roten" geworden

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