Mal angenommen, die Entscheidung zum Verkauf der Opel-Mehrheit an das Magna-Konsortium hätte tatsächlich Bestand. Womöglich sogar nach den Wahlen. Wer wäre mit dem Deal eigentlich „gerettet“? Wie es aussieht, jedenfalls nicht der Autobauer.
Seit Tagen geben immer neue Meldungen den skeptischen Reaktionen der Beschäftigten Recht: Es wird mehr Stellenabbau geben als erwartet. Andere europäischen Standorte, im nationalen Rettungstaumel bisher kaum erwähnt, lassen ihre Regierungen gegen eine „deutsche Lösung“ protestieren. Die Bundesregierung wiederum, mit Milliardenzusagen in Vorhand gegangen, muss das Veto der EU-Kommission fürchten. Und ob ein „New Opel“ im Bündnis mit einer schwächelnden russischen Bank und einem von Verlusten gepeinigten Zulieferer nicht doch schon bald alt aussieht – das steht in den Sternen.
„Rettet eigentlich die Regierung Opel oder soll Opel die Regierung retten?“, spottete vor Tagen ein Oppositionspolitiker. Wäre die Frage nicht selbst von jener Wahlkampfart, die sie zu kritisieren vorgibt, müsste man antworten: weder noch. Weder ist das Unternehmen auf einen nachhaltigen Weg gebracht worden. Noch werden die Regierungsparteien von ihren „Rettungsbemühungen“ im Wahlkampf profitieren.
Denn das Thema, sagen die Demoskopen, hat längst nicht mehr die Zugkraft. Zu viele Durchbrüche, zu viele Zweifel. Zudem können SPD und Union gar keinen Unterschied zwischen sich kenntlich machen. Frank-Walter Steinmeiers Angriffsversuch beim TV-Duell, unter einer schwarz-gelben Regierung „wäre Opel heute mausetot“, ließ Angela Merkel mit dem Hinweis auf die Bemühungen von CDU-Ministerpräsidenten abtropfen. Kaum fünf Minuten später verteidigten die beiden ihre Opel-Maßnahmen schon wieder in trauter Einigkeit. Die Koalition rettet damit aber keine einzige Stimme für sich. Sie tut lediglich, was in der Politik üblich ist: nicht schlecht über die eigenen Entscheidungen reden, selbst wenn diese sich inzwischen als falsch herausgestellt haben.
Ein zuletzt häufig vorgebrachter Vorwurf lautet, der Magna-Deal sei „eine politische Entscheidung“ gewesen. Marktliberale jeder Façon haben darin einen ordnungspolitischen Skandal erkannt. Leute, deren System eben noch vor dem Bankrott stand, reden wieder selbstbewusst gegen den „Systembruch“ an. Ihnen dient das verkorkste Beispiel Opel jetzt als Argument gegen „zu viel Staat und Politik“ in der Wirtschaft.
Zu viel? Zu wenig! Bedauerlicherweise gab es keine sozialen Kräfte, die die Regierung zu einem VEB-Opel hätten zwingen können, als die Gelegenheit dazu noch günstig war. Die Zukunft des Autobauers hätte dann eine wirklich politische Entscheidung werden können, eine demokratische Verabredung, in dem nicht mehr die angebliche Rettung eines Konzerns das Thema gewesen wäre, sondern die Frage, was das nunmehr staatliche Unternehmen zu aller Nutzen produzieren soll. Wirtschaft als res publica, als öffentliche Angelegenheit – das wäre wirklich einmal ein „Systembruch“ gewesen. Er ist ausgeblieben.
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