ISIS-Geschichten

Von Freude und Leid - Was erzählen die Geschichten über ISIS über ISIS? Was erzählen sie über die Erzähler? Gibt es Geschichten, die anders sind?

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Die meisten Geschichten über ISIS finde ich tod-langweilig. Fast alle Erzähler dieser Geschichten begeben sich auf das ästhetische und epische Niveau ihrer Protagonisten herab - ein Zeichen für mangelnde Distanz - und beleidigen damit die intellektuellen Ansprüche ihrer Zuhörer.

Leider muss man, will man etwas über ISIS erfahren, eine scheinbar endlose und kaum variantenreiche Wiederholung an Geschichten, Bildern und Videos von Morden, Vergewaltigungen, Vertreibungen, Entführungen, Beschneidungen und Enthauptungen über sich ergehen lassen. Möchte man jedoch etwas über die Hintergründe, die Vorstellungen der Täter und die Ziele der Taten wissen, servieren die Erzähler die hohle Formel vom religiösen Fanatismus. - Wer so erzählt, der interessiert sich nicht nur nicht für das, worüber er spricht - welch schlimmeres Urteil könnte man über einen Erzähler fällen - sondern er verachtet die Protagonisten seiner Geschichte so sehr, dass er die Rolle des Erzählers verlässt und selber zum Akteur der von ihm erzählten Geschichte wird. - Eine schaurige Grenzverletzung, auch weil sie so subtil ist.

Wenn ich Zeit habe, bin ich auf der Suche nach Geschichten, die anders und Anderes über ISIS erzählen. Geschichten, in denen ich etwas über die Vorstellungen, Denkmuster und Werte von ISIS erfahre. Geschichten, deren Erzähler es sich leisten können, ihre Protagonisten zu schätzen, weil sie keine Angst vor ihnen haben.

Auch wenn die Überschrift mit ihrem Wahrheitsanspruch nichts Gutes vermuten lässt, finde ich das darunter zu findende Interview interessant und glaubwürdig. Dr. Fanar Haddad erzählt in "The real roots of Iraq's Sunni-Shia conflict" aus soziologischer Perspektive, wie und warum das irakische Sunnitentum im Jahr 2003 geschaffen wurde und was ISIS davon hat. Schon die Überlegung, dass es geschaffen wurde, finde ich reizvoll. Diese Geschichte macht mir daher Lust, Fanar Haddad auch weiter zu zuhören. Gerne auch etwas länger, wie z.B. hier: Fanar Haddad (2013) Sunni-Shia Relations After the Iraq War</a>

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Geschrieben von

torsten-peh

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