Der Frieden fällt aus

KOMMENTAR Nahöstlicher Starrsinn

Hafiz el-Assad war gewarnt. Ägypten bekam 1979 zwar den ganzen Sinai zurück, lebt aber nach wie vor in einem "kalten Frieden" mit Israel. Die Palästinenser haben Oslo unterschrieben und werden seitdem wie ein Bär am Nasenring durch die nahöstliche Arena gezerrt. Und Jordanien - der "heimliche Verbündete" Israels - wartet noch immer auf seine Friedensdividende. Warum also sollte Damaskus es eilig haben, seinen Frieden mit dem jüdischen Nachbarn zu schließen? Weil Assad schwer krank ist? Das mag die wieder aufgeflammte Gesprächsbereitschaft erklären. Aber ein Grund, Dinge zu überstürzen, war es nicht. Der syrische Präsident will die Macht schon bald an einen seinen Sohn Bashar übergeben - und vorher das Haus ordentlich bestellen. Doch nicht um jeden Preis. Bashar regiert besser mit einem halbfertigen Abkommen als mit einem Vertrag, der Syrien vom Wohlwollen seines Ex-Feindes abhängig macht. So einfach ist die nahöstliche Arithmetik der Macht. In der Sache sind sich beide Seiten sehr nahe gekommen. Grenzfragen, Wasserkontrolle, die Zukunft der jüdischen Siedler auf dem Golan - für alles gibt es praktikable Kompromissformeln. Sie müssten nur noch zu einem Paket geschnürt werden.

Genau daran aber scheinen die Gespräche jedes Mal zu scheitern. Assad will der israelischen Seite nicht weiter entgegenkommen. Zumal er sich nicht sicher sein kann, ob seine Kompromissbereitschaft bei dem von Barak angekündigten Referendum Bestand hätte. Man stelle sich die Schmach und die Verhärtung der Fronten vor, wenn dieser Fall einträte. Nein, Assad geht auf Nummer sicher. Das heißt, er bekommt, was er will, und zwar wasserdicht. Oder es bleibt alles, wie es ist. Der Waffenstillstand zwischen Syrien und Israel passt zwar nicht in die visionäre Landschaft eines neuen Nahen Ostens. Doch angesichts der allgemeinen Schießwütigkeit nach dem Ende des Kalten Krieges gibt es wahrlich Schlimmeres.

Vielleicht hat Assad aber auch erkannt, dass die Früchte des Friedens gar nicht so verlockend sind, wie sie gern angepriesen werden. Was gewinnt sein Clan eigentlich, wenn sich das Land internationalen Investoren öffnet? Was wird aus dem inner-syrischen Zusammenhalt, wenn der Feind von gestern als zahlungskräftiger Tourist über den Basar von Damaskus schlendert? Und - ganz wichtig - was wird aus Syriens strategischer Schlüsselstellung, wenn der Kriegszustand mit Israel beendet ist? Die Amerikaner - ganz abgesehen von Clintons persönlicher Motivation - wollen Ruhe in der Region. Deshalb die Anstrengungen für einen Ausgleich zwischen Israel und seinen Nachbarn. Washington möchte sich endlich aufs Wesentliche konzentrieren können - auf die sichere Ölversorgung aus dem Persischen Golf und Zentralasien. Mit Assads harter Haltung wird das schwieriger.

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