Es geht nur auf Augenhöhe

Iran Sollten die Genfer 5+1-Gespräche vor einem Durchbruch stehen, dann weil nur über die Atomfrage verhandelt und die Regierung in Teheran als integer respektiert wird
Der Schlüssel für einen atomwaffenfreien Iran liegt in Teheran. Der iranische Präsident Hassan Rouhani ist gesprächsbereit
Der Schlüssel für einen atomwaffenfreien Iran liegt in Teheran. Der iranische Präsident Hassan Rouhani ist gesprächsbereit

Foto: Atta Kenare/ AFP/ Getty Images

Wenn Washington, Moskau, Peking, Paris, London und Berlin (5+1-Runde) ihre Außenminister auf eine Ad-ho-Mission nach Genf zu Atom-Gesprächen mit dem Iran schicken, darf man davon ausgehen, dass dieser Dialog an einem hoffnungsvollen oder zumindest doch neuralgischen Punkt war. Der Durchbruch, über den spekulierte wurde, blieb vorerst aus. Aber der Weg stimmt, und das ist entscheidend.

Es war Irans neuer Präsident Rouhani, der mit seinem Amtsantritt Bewegung in die festgefahrenen Verhandlungen gebracht hat. Und es ist Barak Obama zu verdanken, dass diese Offerte nicht als Propaganda-Offensive abgetan, sondern als Chance erkannt wurde. Amerikanische und iranische Diplomaten haben in den vergangenen Tagen öfter und intensiver miteinander gesprochen als in den zurückliegenden 34 Jahren – seit der Islamischen Revolution im Iran von 1979. Und sie halten sich an simple Erkenntnisse, die nicht neu sind, aber im Moment neue Wirkungen entfalten.

Natürlich ist es so, dass die wirtschaftlichen und politischen Sanktionen ein Umdenken in der iranischen Führung erzwungen oder auch ermöglicht haben. Iran muss sich in der Atomfrage bewegen, weil sonst vielleicht existenzielle sozialen Konflikte drohen, die nicht nur – aber maßgeblich – den Sanktionen geschuldet sind. Auch wenn das Teherans Außenamtssprecherin tapfer bestreitet. Rouhani hat seine Wahl mit der Agenda gewonnen, den westlichen Handelsboykott abschwächen zu wollen. Jetzt hält er seinen Wählern die Treue und hat dafür offenbar auch den Segen Ayatollah Chamenei, seines obersten geistlichen Führers.

Mit Luftschlägen wäre es nicht getan

Andererseits dürfte unbestreitbar sein, dass Sanktionen Teheran nicht ernsthaft aufhalten würden, sollte die Islamische Republik tatsächlich nuklear bewaffnet werden. Man hat Technologie, Know-how und die Kapazitäten, um über kurz oder lang zur Atommacht aufzusteigen. Und es gibt nur zwei Wege, dies nachhaltig zu verhindern: Krieg oder Diplomatie. Bei einer Intervention wäre es mit ein paar Luftschlägen nicht getan, denn die hätten bestenfalls eine aufschiebende Wirkung. Wer die militärische Lösung sucht, käme am Ende des Tages an Einmarsch und Besetzung nicht vorbei. Diese Option schwirrt trotz der Pleiten im Irak und in Afghanistan zwar noch immer als „last resort“ in den Köpfen einiger US-Strategen. Aber wirklich realistisch oder gar mehrheitsfähig ist sie nicht. Die USA sind – das zeigt der Syrien-Konflikt eindrucksvoll – scheuen inzwischen Feldzüge, deren Ausgang man nicht kennt.

So liegt der Schlüssel für einen atomwaffenfreien Iran letztlich in Teheran. Die Regierungen dort haben stets bestritten, nach der Bombe zu greifen – und zugleich der Welt manchen Anlass gegeben, genau daran zu zweifeln. Diplomatie bietet die beste Gewähr, diesen Teufelskreis jetzt zu durchbrechen. In Genf geht es nicht um den großen sicherheitspolitischen Wurf, sondern um Vertrauensbildung und den Umgang auf Augenhöhe, um erste verlässliche Schritte.

Iran wird seine Urananreicherung drosseln oder aussetzen und Inspektoren auch unangekündigt ins Land lassen müssen. Dafür werden die Sanktionen gelockert. Nichts davon wäre irreversibel. Und doch ein gewaltiger Fortschritt. Wer das blockieren will, weil er der iranischen Führung misstraut, mag dafür Gründe haben, muss sich aber vorhalten lassen, eine große Chance zu torpedieren oder eine ganz andere Agenda zu haben.

AUSGABE

Dieser Artikel erschien in Ausgabe 46/13 vom 14.11.2013

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