Der online Totentanz

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Ebenso modern wie morbide: Mit seinen leblosen, plastinierten Körpern bricht Gunther von Hagens nun in völlig neue Welten auf. Er geht mit einem online-Shop ins Internet und zündet dort die nächste Vermarktungsstufe von Leichenteilen.

Seit Anfang November, also passend zum Feiertagsumfeld, werden die kunstvoll plastinierten Schöpfungen von Natur und von Hagens online zum Kauf angeboten. Der launige Slogan "klicken, staunen, kaufen" ermuntert Interessierte, neues Leben in den Kassen des nunmehr 65-jährigen Pionierszu bringen. Man lese und staune: Ein ganzer Körper ist für rund 70.000 Euro zu haben, ein dekoratives Kleinhirn kostet 830 Euro. Rechtzeitig zum Weihnachtsfest gibt es auch aparte Ohrringe aus Bullenhodenscheiben für 41 Euro. Also: Rasch zugreifen!

Wir ahnen es längst: Hier tut sich – jenseits des Organhandels – ein großartiges Geschäftsfeld auf. Fasziniert und fröstelnd wohnen wir dem Recycling unserer selbst bei. Gebannt verfolgen wir, wie der schmerzfreie Gunther aus sterblichen Überresten begehrte Exponate und Geschenkartikel formt und verbreitet. Dabei hätten wir doch allen Grund zu entspannen. Zum einen gewinnen wir online die Gewissheit, dass wir sogar tot noch hohe fünfstellige Summen erzielen. Und zum anderen gibt Herr von Hagens die wohl nicht nur ironisch gemeinte Selbstauskunft, dass er „noch viele Leichen im Keller hat.“

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

cu, t.

tobias sckaer

cu, t.

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden