Gestörte Wahrnehmung

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Wussten Sie schon, dass weltweit rund 350 bis 360 Tonnen Kaviar im Jahr vernascht werden. Eine in jeder Hinsicht unappetitlich große Menge, keine Frage. Aber ein Rätsel. Neun Jahre lang war die Ausfuhr der Fischeier aus Russland verboten. Zarte 150 Kilogramm sind nun erstmals wieder erlaubt. Exklusiv für die EU. Passt das alles zusammen?

Das besagte Kleinkontingent stamme aus Zuchtanlagen, betont der Sprecher der russischen Fischereibehörde. Es sei „eine symbolische Menge“, fügt er hinzu. Ziel sei es, das Eis zu brechen und mit dem begehrten Laich wieder im Weltmarkt herum zu schwimmen. Strengstens untersagt bleiben der Export von Eiern wild lebender Störe und der kommerzielle Fang des wilden Störs. 2010 beschlossen auch die vier anderen Anrainerstaaten des Kaspischen Meeres - Kasachstan, Aserbaidschan, Turkmenistan und Iran - ein fünfjähriges Moratorium.

"Wir müssen den wilden Kaviar fünf bis sieben Jahre lang vergessen. Dann hoffen wir, dass sich die Störpopulation wieder erholt und wir den Fang wieder aufnehmen können", so der oben genannte Sprecher weiter. Inzwischen sind in Russland zahlreiche Zuchtanlagen eingerichtet worden. Man peilt künftig 200 Tonnen jährlich als Ziel an. Das wäre die Wiedereroberung der Weltspitze.

Nun liegt zwischen 360 Tonnen und 150 Kilogramm eine Unmenge kleiner, salziger, schwarz-grauer Kügelchen. Bislang ist kein verzweifelter oder zumindest vernehmbarer Aufschrei durch die Gourmettempel dieser Welt gegangen. Die Regale vieler Delikatessenabteilungen sind prall gefüllt. Nicht nur in Moskau. Wenigstens zwei Fragen tauchen an dieser Stelle unwillkürlich auf. Erstens: Was um Neptuns Willen wird hier wie dort in rauen Mengen als Kaviar aufgetragen und feilgeboten? Zweitens: Werden die Gazprom Pipelines etwa ab und an zweckentfremdet?

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Geschrieben von

cu, t.

tobias sckaer

cu, t.

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