Erdnussexperte an der Krisenfront

Finanzkrise CDU-Landesvorsitzende berufen ausgerechnet Hilmar Kopper zum Aufsichtsratschef der krisengeschüttelten HSH Nordbank

Alles nur Peanuts? Nein, dies ist die Wende in der Banken- und Finanzkrise. Die private Wirtschaft übernimmt wieder das politische Primat vom Staat: Der frühere Boss der Deutschen Bank, Hilmar Kopper, wird Aufsichtsratsvorsitzender der krisengeschüttelten staatlichen HSH Nordbank.

Bislang rettete der Staat die einzige öffentliche Landesbank, an der mit J.C. Flowers ein privater Investor beteiligt ist. Die Nordbank hatte sich mit Kreditersatzgeschäften verspekuliert und kann nur dank der Hilfe ihrer Hauptaktionäre weiterleben: Hamburg und das finanziell marode Schleswig-Holstein investieren drei Milliarden Euro ins Eigenkapital und stellen Garantien über zehn Milliarden Euro bereit.

„Erdnuss-Experte“ Kopper wurde vielleicht gerade wegen seiner rustikalen Peanuts-Rhetorik ausgesucht, blödelt die Linkfraktion in der Hamburger Bürgerschaft derbe. Wohl kaum. Die Regierungschefs von Beust und Carstensen, beide CDU, erklären Kopper guten Glaubens zum Supermann, der das angeschlagene Institut retten wird. Nordbank-Chef Nonnenmacher erhofft sich von dem „über die Maßen erfahrenen Banker“ eine „entscheidende“ Unterstützung bei der Rettungssanierung.

Hier soll der Teufel mit dem Belzebub ausgetrieben werden: Kopper muss als einer der schärfsten Gegner der öffentlich-rechtlichen Landesbanken und der kommunalen Sparkassen gelten – zu viel Staat und zuviel demokratischer, gesellschaftlicher Einfluss, kritisieren Deutsch-Bankiers. Unter Koppers Ägide als Vorstandschef und Aufsichtsrat klagte die Deutsche Bank daher in Brüssel gegen die staatliche Gewährträgerhaftung für Landesbanken (und Sparkassen). Eine exemplarische Beihilfe-Klage der EU-Kommission vom April 2000 vor dem Europäischen Gerichtshof brachte die Staatshaftung dann mit einer Übergangszeit bis 2005 endgültig zu Fall. Damit waren die Landesbanken auf dem Altar des liberalen EU-Wettbewerbsrechts politisch sturmreif geschossen. Fußballfan Kopper dürfte gejubelt haben.

Danach ritt obendrein einige Landesbanken - nicht alle - der Teufel. Sie nahmen hastig noch einen dreistelligen Milliardenbetrag unter den alten, billigeren Bedingungen als Kredit auf. Für diese Milliarden gab es jedoch in der regionalen Wirtschaftsförderung - bis dahin Hauptaufgabe der Landesbanken - nicht genug konventionelle Anlagefelder, und sie begannen mittels Kreditersatzgeschäften, Schattenbanken und Steueroasen zu zocken. Getrieben wurden sie von postneoliberalen Politikern, die an die Verheißungen von Deregulierung und Privatisierung glaubten und auf üppige Dividenden für ihre Staatshaushalte drängten.

CDU und FDP sind von Kopper begeistert, und Ole von Beusts grüner Koalitionspartner GAL hält still. Scharfe Kritik kam hingegen von der SPD, soweit in der Opposition. Hamburgs SPD-Fraktionschef Michael Neumann: „Herr Kopper ist für mich der Repräsentant einer Bank, deren Geschäftspolitik ich für unsere Landesbank ablehne.“ Neumann fürchtet, dass die „Renditegeilheit“ anhalte, mit der die Nordbank gescheitert sei.

Berühmt wurde Kopper erst durch seinen Peanuts-Spruch. Er hatte 1994 offene Rechnungen über 50 Millionen Mark, die sein Kunde, der Baulöwe Jürgen Schneider Handwerkern schuldete, als „Peanuts“ (Erdnüsse) bezeichnet. Kopper, der bei der Deutschen Bank für die Expansion in die globalen Finanzmärkte und für die Förderung von Josef Ackermann steht, kann nun persönlich Hand anlegen beim Abriss eines erlegten Gegenspielers.

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden