Es war Mitte November 2008, die Krise war noch relativ jung, da bat das Unternehmen Opel den Staat um Hilfe. Verluste und ein Einbruch beim Absatz zwangen zu diesem Schritt. Wirtschaftsexperten brachten eine direkte Beteiligung des Bundes bei dem Autobauer ins Spiel. Darauf angesprochen winkte Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz ab: Von einem VEB Opel halte er nichts.
14 Monate, eine vorübergehende Treuhandlösung und eine gescheiterte Verkaufsverhandlung später hat Franz am Donnerstag die Schließungspläne für das Werk in Antwerpen kommentieren müssen. Selbstverständlich war der Stuttgarter empört, Zweifel an der Lauterkeit seines Zornes muss man nicht haben. Vertragsbruch hat er General Motors vorgeworfen. Die Auslastung des belgischen Werks war v
rnes muss man nicht haben. Vertragsbruch hat er General Motors vorgeworfen. Die Auslastung des belgischen Werks war versprochen.So gut wie versprochen waren aber doch auch der Verkauf an Magna, die Mitarbeiterbeteiligung als Gegenleistung für Zugeständnisse der Belegschaft und noch manches andere mehr. Dazu wird es jetzt wohl kaum mehr kommen. So wie es schon in der Vergangenheit nie zum Besseren gereicht hatte – der Verzicht am laufenden Band hat noch keine Stelle für längere Zeit gerettet. Die Erfahrungen nicht nur in den deutschen Standorten hat das gezeigt. Worauf hat Klaus Franz also bei diesem Mal gesetzt?Das Dilemma des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden ist vielleicht mit einer gewissen Hybris zu erklären. Franz gilt als der heimliche Opel-Chef in Europa, mindestens aber in Deutschland. Wenn der Mann rief, dann bewegten sich CDU-Ministerpräsidenten und SPD-Politiker. Im großen Opel-Poker der vergangenen Monate hat er auf die Mitarbeiterbeteiligung gesetzt, es hätte das erste Mal in dieser Größenordnung so etwas gegeben. Und Klaus Franz wäre auch dort der Chef geworden. Es hat Kritiker gegeben, die meinten, Magna sei nur deshalb vom Betriebsratschef favorisiert worden.Nur schöne ArienAls General Motors dann wieder allein das Ruder übernommen hatte, erklärte der neue Europa-Chef Nick Reilly öffentlich, es gebe bisher zu keiner der Forderungen der Arbeitnehmer eine Einigung. Klaus Franz bestand darauf, dass es eine schriftliche Zusage für die Mitarbeiterkapitalbeteiligung gegeben habe – glaubte aber selbst nicht mehr daran, dass dies noch ein Hebel sein könnte: „Die Zusagen sind nur schöne Arien. Ich kenne die Brüder schon lange“, sagte Franz vor einer Woche. Dann wurde die Schließung von Antwerpen bekannt gegeben.Nun kämpfen nicht nur die Beschäftigten in Belgien um ihre Jobs. Dort soll die Produktion schon zur Jahresmitte eingestellt werden. Rund 2.500 Mitarbeiter verlieren ihren Arbeitsplatz. Die Kollegen haben massiven Widerstand angekündigt, produzierte Autos sollen das Werk nicht mehr verlassen. Doch allen ist klar, das wird erst der Anfang sein. Armin Schild von der IG Metall sagt, Antwerpen sei „nur eine Stellvertreterauseinandersetzung, als nächstes könnte Eisenach betroffen sein“.Inzwischen ist von einer „Kriegserklärung gegenüber allen europäischen Arbeitnehmern bei Opel“ die Rede. Der Betriebsrat hat alle Verhandlungen mit General Motors gestoppt. Klaus Franz erklärte, unter diesen Bedingungen werde die Belegschaft „keinen Cent Arbeitnehmerbeiträge“ für die Sanierung leisten. In einem Brief an Opel-Chef Nick Reilly haben die für die Standorte zuständigen Bezirksleiter der IG Metall erklärt: „Wir wenden uns gegen jede Schließung bestehender Werke, vor allem auch gegen die Schließung des Werkes in Antwerpen. Eine Einigung über die geforderten Einsparungen ist unter diesen Voraussetzungen nicht möglich.“Das wirft die Frage auf, wie es mit Opel weitergehen soll. GM will Zugeständnisse in Höhe von 265 Millionen Euro pro Jahr von den Mitarbeitern. Bei den Verhandlungen standen Lohnverzicht und der europaweite Abbau von mehr als 8.300 der 48.000 Stellen im Raum - etwa 4.000 davon in der Bundesrepublik. Der für Ende des Monats angekündigte „Sanierungsplan“ könnte sich verzögern, die Frage der milliardenschweren Staatshilfen, die der Mutterkonzern von den Regierungen verlangt, ist wieder offen.Opel muss nach Angaben des Managements in Europa etwa 20 Prozent Überkapazitäten abbauen. Der Markt für Pkw in Westeuropa werde 2010 um 1,5 Millionen Autos kleiner ausfallen als 2009 – das Volumen um etwa vier Millionen Fahrzeuge kleiner seins als 2007. Die Wirtschaftspresse lobte deshalb die „harte Hand“ von Reilly – sie wird von rein betriebswirtschaftlichem Denken geführt und schafft nicht den Ausbruch aus dem Auto-Denken. Gesellschaftlich nützlich dagegen wären Ideen gewesen, die nicht allein vom Profit diktiert sind und vom privat genutzten Pkw wegführen.Die Frage nach den AlternativenUnter weitaus schlechteren Bedingungen als im November 2008 stellt sich nun abermals die Frage nach den Alternativen. Eine öffentliche Lösung, ein VEB Opel eben, lässt sich im Nachhinein wahrlich nicht als Wunschkonzert schönreden – aber es hätte zumindest die Tür für eine politische Lösung geöffnet, um deren Ausgestaltung ganz anderes hätte gerungen werden können. Kapazitätsabbau durch Konversion und neue Produkte, eine gesellschaftliche Bedürfnisorientierung, neue Mobilitätskonzepte und dafür nötige Investitionen, innovative Verkehrsprodukte – all das war vorstellbar. Ob man Mehrheiten dafür erreicht hätte, im Betrieb, in der Politik, in der Gesellschaft, steht auf einem anderen Blatt.So hätte man in den vergangenen Monaten auch um eine Lösung ringen können, die Stellensicherung über eine drastische Arbeitszeitverkürzung ermöglichen würde. Als die schon länger diskutierte Idee vor ein paar Tagen mit der Unterstützung von zahlreichen Wissenschaftlern einer breiteren Öffentlichkeit präsentiert wurde, winkte Klaus Franz so ab, wie er es schon bei der VEB-Lösung getan hatte: Dem Plan einer Vier-Tage-Woche, hieß es, stehe der Betriebsratschef „betont distanziert“ gegenüber – sie würden keine neuen Lösungsansätze bieten.Ob in dem Vorschlag ein solcher neuer Ansatz hätte liegen können, stand in Wahrheit nie wirklich zur Debatte. Genauso wenig, wie über öffentlichen Mobilitätskonzern je ernsthaft diskutiert worden ist. Das muss sich auch der Betriebsrat vorwerfen lassen. Für den Kampf um den Erhalt der Jobs der Opelaner wäre es besser gewesen, mehrgleisig zu fahren.