Klimaschutz mit Messer und Gabel

Fleischverzicht Ein Thema wurde bisher auf dem Klimagipfel in Kopenhagen ausgeklammert, fast schon tabuisiert: der tägliche Fleischkonsum in den Industriestaaten!

Das weltweit zunehmende Fleischessen und die dafür notwendige Tierzucht verursachen schon heute mehr Treibhausgase als alle Fahrzeuge dieser Welt zusammen. Besonders wir Europäer leben auf einem Kontinent der Rinder und Schweine, um unseren Fleischhunger zu stillen.

Schon der heilige Benedikt von Nursia warnte vor 1.500 Jahren vor zu viel Fleischgenuss. Ein übertriebener Konsum laufe Gefahr, aus jeder Gesellschaft ein Massenkrankenhaus zu machen. So ist denn auch heute etwa die Hälfte unserer Krankheiten auf falsche und zu fette Ernährung zurückzuführen. Die Deutschen essen derzeit pro Kopf im Laufe ihres Lebens durchschnittlich 22 Schweine, sieben Rinder, 20 Schafe, 600 Hühner sowie zusätzlich etliche Wildtiere. Unser Fleischhunger ist so grenzenlos wie unsere Respektlosigkeit gegenüber den Tieren in der Massentierhaltung.


Noch vor 50 Jahren war es für Katholiken selbstverständlich, am Freitag kein Fleisch zu essen. In der Zwischenzeit freilich gilt die tägliche Fleischportion als Wohlstandsymbol. Doch wie so oft beginnt das Umdenken nicht in der Politik, sondern von unten: Die Zahl der Vegetarier hat sich in Deutschland seit dem Jahr 2000 beinahe verdoppelt.

Ein anderes Beispiel: in der belgischen Stadt Gent verzichten Zehntausende Bürger einmal in der Woche auf Fleisch. Und das kam so: Rajenda Pachauri, Vorsitzender des Weltklimarats, hielt vor 600 Bürgern in Gent einen Vortrag über Fleischkonsum und Klimabelastung. 18 Prozent aller Treibhausgase entstehen durch die Tierzucht, erfuhren die erschrockenen Bürger bei dieser Gelegenheit. Der indische Friedensnobelpreisträger rechnete vor, dass schon ein einmaliger Fleischverzicht pro Woche 170 Kilogramm Kohlendioxid pro Jahr einspare. Das heißt: Wollten sich alle 240.000 Bürger von Gent nur an einem Tag in der Woche vegetarisch ernähren, könnte man die Emissionen von 18.000 Autos wettmachen. Beginnt Klimaschutz also bei Messer und Gabel? In Gent rief die Stadtverwaltung den „Vegetarischen Donnerstag“ aus. Hundert Gastwirte bieten inzwischen an diesem Wochentag nur fleischlose Gerichte an. Alle kommunalen Küchen halten es ebenso.

Nachahmung empfohlen

Dem „Donderdag veggiedag“ haben sich in diesem Jahr zwei weitere Großstädte in Europa angeschlossen, aber auch die Zehn-Millionen-Metropole Sao Paulo in Brasilien. Hunderte Journalisten aus der ganzen Welt wollten bisher über die neue vegetarische Bewegung berichten. Motto: Weniger Fleisch – weniger Treibhausgase. Wenn Gent weltweit Schule machen sollte, bedeutet dies: Weniger Futteranbau, in Lateinamerika weniger Rodung des Urwalds, überall weniger Kohlendioxid.

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden