Reform statt Verkauf

Deutsche Bahn Die geplante Teilprivatisierung der Deutschen Bahn war von Anfang an in der SPD umstritten. Zurzeit liegt der Verkauf wegen der Wirtschaftskrise auf Eis. Eine Chronik

Als 1989 der damalige Bundesverkehrsminister Jürgen Warnke (CSU) einen Bericht zur Lage der Deutschen Bundesbahn vorlegte, begann der lange Weg in die Privatisierung des Staatskonzerns. Eine Regierungskommission die die Wettbewerbsfähigkeit prüfen sollte, empfahl zwei Jahre später die Gründung einer Aktiengesellschaft. Zu Beginn des Jahres 1994 trat schließlich das Gesetz zur Neuordnung des Eisenbahnwesens in Kraft. Die Deutsche Bahn AG wurde gegründet und zugleich das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) als Aufsicht ins Leben gerufen.

Koalition für Teilverkauf

1999 wurden die einzelnen Unternehmensbereiche DB Cargo (neu: Railion Deutschland), DB Regio, DB Netz, DB Station und Service und DB Reise und Touristik als eigenständige Aktiengesellschaften eingetragen. 2003 erwarb das Unternehmen den Stinnes-Konzern und kaufte damit die Spedition Schenker zurück, die vor 1994 verkauft worden war. Zu dieser Zeit läuft die Diskussion über einen möglichen Börsengang bereits auf Hochtouren. Zunächst platzten entsprechende Pläne von Bahnchef Hartmut Mehdorn. Im Jahr 2006 sprach sich der Bahnbeirat für eine Privatisierung des Unternehmens mit Schienennetz aus. Die Koalitionsfraktionen einigten sich später auf eine Teilprivatisierung. Im Juli 2007 billigte das Kabinett der schwarz-roten Bundesregierung den Gesetzentwurf zum Teilverkauf, der Börsengang sollte 2008 oder 2009 über die Bühne gehen. Bundesweit regte sich seinerzeit vielfältige Kritik, vor allem das Bündnis "Bahn für Alle" organisierte den Protest gegen die Privatisierung.


Im Oktober 2007 legten sich die Delegierten eines SPD-Parteitags in Hamburg quer. Die Basis machte deutlich, dass sie eine Bahn in öffentlicher Hand wolle. Doch die zunächst geäußerte Hoffnungen, das Unternehmen sei damit bereits vom Privatisierungskurs abgebracht, wurden enttäuscht. Das in Hamburg beschlossene Modell, nach der die Bahn nur über stimmrechtslose Vorzugsaktien verkauft werden solle, um den Einfluss von privaten Investoren auszuschließen, wurde später von der Koalition übergangen. Die SPD-Spitze setzte sich damit über den Parteitagsbeschluss hinweg. Im April 2008 stimmte der Parteirat für das so genannte Holding-Modell: Zunächst sollen Güter-, Fern- und Regionalverkehr sowie die dazugehörigen Dienstleistungen in einer neuen Gesellschaft zusammen gefasst. An dieser Gesellschaft können sich Privatanleger mit bis zu 24,9 Prozent beteiligen. Der Mutterkonzern mitsamt Schienennetz und Bahnhöfen bleibt zu 100 Prozent im Besitz des Bundes und behält zudem die Aktienmehrheit an der neuen Gesellschaft. Ursprünglich beinhaltete das Holding-Modell sogar den Verkauf von bis zu 49,9 Prozent der Anteile an der Mobility-Sparte.

Krise stoppt Börsengang

Auch wenn die SPD in der Koalition die Reduzierung des Privatisierungsanteils durchsetzte, blieb eine Mehrheit in der Partei in Gegnerschaft zum Verkauf. 29 sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete stimmten im Parlament gegen den Verkaufsbeschluss, Landesparteitage verabschiedeten die Forderung nach einem Stopp der Bahnprivatisierung. 2008 wurde mit der Zuspitzung auf den Finanzmärkten und dem Einsetzen der Weltwirtschaftskrise die Börsenpläne zunächst auf Eis gelegt. Im Oktober erklärte der SPD-Bundesverkehrsminister: "Die Teilprivatisierung der Bahn ist kein Selbstzweck. Sie muss der Stärkung des Unternehmens und einer Verbesserung des Angebots für die Bahnkunden dienen. Im derzeitigen Marktumfeld ist ein entsprechender Erlös offensichtlich nicht zu erzielen. Ein Verschleudern von Aktien unter Wert wird es nicht geben. Es ist deshalb unumgänglich, den Börsengang der Bahn zu verschieben." Bahn-Chef Mehdorn versuchte zwar zunächst weiter, außerbörsliche Investoren zu finden. Aber auch diese Variante sollte zunächst von der Rezession vereitelt werden: Erst 2010 komme dieses Thema wieder auf die Tagesordnung, hieß es im vergangenen Dezember.

Sozialdemokraten machen mobil

Inzwischen scheint ein klares Nein der SPD zum Teilverkauf wieder möglich. Ob nur für die kommende Legislatur oder endgültig, ist noch offen. Ein Landesparteitag der SPD in Baden-Württemberg will die Forderung nach einem Schlussstrich im Wahlprogramm verankert sehen. Die SPD-Linke kann nun ebenfalls auf neuen Rückenwind hoffen. Zuletzt startete ein Mitgliederbegehren bayerischer Sozialdemokraten gegen die Teilverkaufspläne.




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