So ein Millionär hat's schwer

Manager Für Top-Manager gelten künftig neue Regeln. Doch das Gesetz ist nicht mehr als ein Feigenblatt. Wer die Bosse wirklich zügeln will, sollte eine Reichensteuer einführen

Sind die Millionengehälter deutscher Top-Manager angemessen? Darf ein Mann wie Porsche-Chef Wendelin Wiedeking über 77 Millionen Euro im Jahr verdienen und ein Jahr später den Steuerzahler um Staatshilfen für das von ihm gesteuerte Unternehmen bitten? Ja, zumindest ist dies die offizielle Position der Großen Koalition und daran ändert auch das gestern verabschiedete „Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung“ nichts. Aber es ist Wahlkampf und die Großkoalitionäre suchen nach einem symbolischen Feigenblättchen, mit dem sie dem Wähler vorgaukeln können, dass sie die Verantwortlichen für die Finanzkrise bestraft hätten. Doch in den Villen der Einkommensmillionäre der Republik wird man auch weiterhin ruhig schlafen können – der beschlossene Gesetzentwurf von Union und SPD ist derart vage und schwammig gehalten, dass sich de facto nur sehr wenig ändern wird.

Die Bezüge von Vorstandsmitgliedern großer Kapitalgesellschaften wurden bis jetzt vom Aufsichtsrat vorgeschlagen und genehmigt. Daran ändert sich freilich nichts, nur dass der Aufsichtsrat nun qua Gesetz gebeten wird, die Bezüge „in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben und Leistungen“ der Vorstandsmitglieder festzulegen. Es ist müßig zu sagen, dass wohl jeder Aufsichtsrat auch jetzt bereits davon überzeugt ist, dass die Bezüge der Vorstände „angemessen“ sind. Ein Salär, das der Vorstand „unangemessen“ findet, würde er auch nicht genehmigen. Nach dieser Logik könnte man die Geschwindigkeitsbegrenzungen auf den deutschen Straßen aufheben und sie durch ein Gesetz ersetzen, das den Fahrer anhält, nur so schnell zu fahren, wie er es für angemessen hält. Um Vorständen selbst im Konfliktfall einen Ausweg offen zu lassen, wurde dieses Gesetz auch noch als Soll- und nicht als Muss-Vorschrift formuliert. So kann sich ein Vorstand im Zweifel immer auf besondere Umstände berufen, womit das Gesetz in freier Wildbahn zu einem Gummiparagraphen reduziert wird.

Wer in dem Gesetz, das dafür sorgen soll, dass die Vergütungen von Top-Managern „angemessen“ sein sollen, nach Zahlen sucht, der sucht vergebens. Es ist somit für den Gesetzgeber irrelevant, ob ein Top-Manager 100.000, eine Million oder 100 Millionen Euro einstreicht, es geht lediglich darum, ob der Aufsichtsrat dieses Unternehmens diese Zahlung für „angemessen“ hält. Ein solch schwammiges Gesetz ist unangemessen und kaum mehr als bloßer Populismus.

Neben der Vergütungshöhe sind ab heute auch Bonuszahlungen und der Verkauf von Aktienoptionen für Vorstandsmitglieder neu geregelt. Statt bisher zwei Jahre muss ein Vorstand nun vier Jahre warten, bevor er Aktienoptionen, die er als Zusatzleistung bezieht, versilbern kann. Dies soll Führungskräfte dazu verleiten, mehr auf die langfristige Entwicklung ihrer Unternehmen zu achten. Auch soll das „Posten-Hopping“ vom Vorstand in den Aufsichtsrat durch eine Wartezeitregelung erschwert werden – dies gilt aber nur, wenn der Wechsel nicht von einem Großaktionär, der mehr als 25 Prozent der Kapitalseite stellt, durchgesetzt werden soll. Diese Zusatzregelungen sind sicher sinnvoll, wenn auch bewusst wachsweich formuliert.

Dabei wäre es so einfach, absurde Millionengehälter ohne spezielle Regelungen sozial verträglich zu gestalten. Man müsste nur das Instrument „Reichensteuer“ ernst nehmen und beispielsweise jeden Euro, der über einer Millionen Jahresverdienst liegt, mit 80 Prozent zu besteuern. Mit den Millionengehältern der Top-Manager könnte man dann viele sinnvolle Dinge finanzieren – aber so viel Sozialverträglichkeit ist politisch anscheinend nicht gewollt.

Wendelin Wiedeking dürfte auch mit dem neuen Gesetz seine 77 Millionen Euro kassieren – Hauptbestandteil dieses Salärs waren Aktienoptionen aus den neunziger Jahren, die älter als die gesetzlich vorgeschriebenen vier Jahre sind. Dabei spielt es keine Rolle, dass der Wert dieser Aktienoptionen nur durch Börsenspekulationen so abnorme Höhen erreicht hat, das Unternehmen nun überschuldet ist und nach der rettenden Hand des Staates ruft.

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