Ich komme aus einem kommunistischen Elternhaus (resp. einer Studentenbude) in der BRD und bin im Spannungsverhältnis von sozialistischer Utopie und real existierendem Kapitalismus aufgewachsen; und ich habe nie verstanden, warum sich meine Eltern und die meisten ihrer Genossinnen und Genossen nach dem Zusammenbruch der DDR und der Sowjetunion weitgehend aus der Politik zurückgezogen haben; so als wäre all das, wofür sie zuvor gekämpft hatten – Überwindung der Ausbeutung und der mörderischen, kriegerischen Konkurrenz zwischen den Einzelnen, Klassen und Völkern – plötzlich nicht mehr wahr und richtig gewesen.
Dabei zeigt uns ein kurzer Blick auf unsere Gegenwart, wie bitter überlebensnotwendig diese Ziele immer noch und mehr denn je sind.
Ich kann ja verstehen, dass die Enttäuschung über den Niedergang und die Verlogenheit des real existiert habenden Sozialismus riesengroß war und ist; aber daraus nicht die geeigneten Lehren zu ziehen und einen besseren, wahren, demokratischen Sozialismus anzustreben, sondern zu resignieren und das jetzige System als gegeben hinzunehmen, würde ich als persönliche Bankrotterklärung bezeichnen.
Im Gegensatz zur Sowjetunion 1917 und zur DDR 1949 haben wir heute mit dem Internet die technischen Möglichkeiten für eine echte Herrschaft des Volkes, bei der alle Entscheidungen gleichberechtigt von allen Betroffenen gefällt werden können, und damit auch für eine realistische, den Bedürfnissen permanent anzupassenden Planwirtschaft; und es wäre nicht nur töricht, sondern selbstmörderisch, wenn wir uns dieses naheliegende Gesellschaftsmodell von den Reichen und Mächtigen für ein Linsengericht (bzw. die neuesten Smartphones, noch größere Shopping-Malls und weltweite Billigflüge) ausreden und abkaufen ließen.
Plädoyer für einen zeitgemäßen Kommunismus
Plebiszitarismus
Unmittelbare Demokratie und permanente plebiszitäre Planwirtschaft wäre heute technisch kein Problem und ist historisch die einzige Alternative zum Ende der Menschheit
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11:38 08.04.2017
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Kommentare 9
Da bin ich ganz bei Ihnen.
Nun zum strategischen Teil .... ? Den haben Sie ausgelassen.
Dazu erstmal 2 banale Fragen:
Würde eine solche Ambition mit einer Bundestagswahl erreicht werden können?
Was machen wir mit BlackRock (und seinem Budget von 5100 Millarden) und dem anderen Dutzend ähnlich organisierter Großanlegern bzw. Nichtbanken, die die Welt wirtschaftlich regieren?
Danke für den Zuspruch, und hier meine beiden banalen Antworten:
Eine herkömmlicheWahl würde dies wohl kaum erreichen, aber vielleicht eine (Meta-)Petition.
Superreiche könnten (entsprechende Mehrheiten vorausgesetzt) m.o.w. rasch (teil)enteignet werden und große Konzerne gleichermaßen verallgemeinert (bzw. verstaatlicht).
Danke für den Zuspruch, und hier meine beiden banalen Antworten:
Eine herkömmlicheWahl würde dies wohl kaum erreichen, aber vielleicht eine (Meta-)Petition.
Superreiche könnten (entsprechende Mehrheiten vorausgesetzt) m.o.w. rasch (teil)enteignet werden und große Konzerne gleichermaßen verallgemeinert (bzw. verstaatlicht).
ja , rein theoretisch vielleicht ... und wenn sei dann tatsächlich 100 000 Unterschriften beisammen haben , was ich Ihnen wirklich wünsche .... und warum wurde die Petition nicht direkt beim Bundestag eingestellt ? ... jetzt sagen Sie nicht, weil da schon ab und zu selbst sehr erfolgreiche Petitionen schlichtweg ignoriert wurden, selbst , wenn diese von Rechts wegen im BT hätten behandelt werden müssen.
Also die alte Wahrheit von Tuchoslki über die Wahlen ist mit sicherheit erst recht bei Petitionen wahr, denn die sind ja nun keinesfalls irgendwie verbindlich. Petition heißt "Bitte".Bittschriften richtet man an wen? Wer sollte diese Bitte erhören, wenn es sich dabei gegen die richtet die sie nur erhören könnten?
Da läuft also etwas unrund oder vielleicht zu bürokratisch simpel gestrikt. Ich bin überzeugt , dass da mehr Fantatsie gefragt ist als noch ne "Blitzableiter" Petition.
Die Petition wurde vom Petitionsausschuss des Bundestages "mit einer sachgleichen Petition (https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2005/_11/_03/Petition_24.nc.$$$.a.u.html) zusammengelegt", die sich seit dem 2. Januar 2006(!) "in der parlamentarischen Prüfung" befand (inzwischen, wie ich gerade gesehen habe, gilt sie als "abgeschlossen").
Eine solche Petition könnte natürlich nur Erfolg haben, wenn sie nicht "nur" von 100.000 Leuten unterstützt würde, sondern von Millionen, am besten sogar von der Mehrheit. Wenn also 50 Millionen Wahlberechtigte diese Petition unterstützen würden (und warum sollten sie eigentlich nicht sich selber ermächtigen?), käme wohl der Bundestag kaum umhin, diese Forderung ernstzunehmen und sogar umzusetzen - meinen Sie nicht? Oder haben Sie eine bessere Idee?
nee , das hört sich doch ganz gut an. Nun verlagert sich das Problem auf die mediale Kampagne , die dann diese 50 Millionen Leute in einer Art erreichen müsste, dass die alle überzeugt sind, dass man da unterschreiben muss.
Ich weiß nicht ob das schon mal irgendwie geglückt ist. Anti TAFTA hatte glaub ich 3,2 Millionen und da haben die sich ein Ei drauf gepellt ... und die Kampagne war wirklich schon ganz schön aufwendig.
... ich hab dann mal recherchiert und nicht viel gefunden .... hier nur so nebenbei eine Abschnitt zu THema aus Wikipedia , so blöd wie ich das jetzt auch finde , aber er ist leidlich informativ:
"Erfolg von Online-Petitionen
Über den Erfolg von Online-Petitionen, die beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages eingereicht werden, ist wenig bekannt, da der Petitionsausschuss keine offiziellen statistischen Angaben dazu bereitstellt. Laut Aussage des Petitionsausschusses werden alle Petitionen vom Petitionsausschuss beraten und mit einer Empfehlung verabschiedet, über die der Deutsche Bundestag beschließtVon den eingereichten Online-Petitionen werden nur etwa 5 % veröffentlicht. Nur veröffentlichte Petitionen können auch unterzeichnet werden.
Laut einem Mitarbeiter des Petitionsausschusses sei seit Beginn der Online-Petitionen nur ein einziges Gesetz verändert worden. Die Eingabe des Bürgers war hierbei, die Ausstattung von Kraftfahrzeugen mit einer zusätzlichen Stoßstange (sogenannten „Kuhfänger“) zu verbieten. Diese Frontschutzbügel sind als Reaktion auf diese Petition per Gesetz verboten worden
Die Anzahl der Unterzeichner wirkt sich nicht auf die parlamentarische Prüfung der Petition aus.
Aufgrund der Onlinepetition zum Kulturgutschutzgesetz wurden im Bereich der Münzen und Fossilien Zugeständnisse gemacht."
Nun hört sich das nicht gerade an als würde das irgendwie funktionieren, eher als wenn die im Petitionsausschuss machten was sie wollen, zumindet wenn man Wikipedia hier trauen will.
Persönlich würde ich also doch eher mit einer "Abstimmung" mit den Füßen einen Erfolg sehen. 50 Millionen, die auf die Straße gehen, sind vielleicht besser als 50 millionen Unterschrifften . Und wenn es unterschriften sind dann braucht mans sie vielleicht doch nicht beim Bundestag haben , wenn der eh nicht mitspielt. Da hab ich mich vielleicht weiter oben getäuscht ...
Aber wie bekommt man die Leute auf die Straße außer mit echtem Elend ? Aber daran arbeitet der Bundestag ja jeden Tag , oder?
Nicht dass ich hierResignation verbreiten möchte , im Gegenteil , ich glaube man kann nur einen Weg finden, wenn man sehr realistisch ist und weis welche Hindernisse zu überwinden sind ...
>>Persönlich würde ich also doch eher mit einer "Abstimmung" mit den Füßen einen Erfolg sehen.<<
Ja.
1920 wurde der Kapp-Lüttwitz-Putsch durch einen Generalstreik beendet. Ist zwar schon länger her, aber an den konkreten Erfolg lässt sich immer noch anknüpfen.
Das heutige Internet ist von einer „Herrschaft des Volkes“ viel weiter entfernt als es die Medienwelt 1917 oder 1949 war.
Leider gibt es keine gesellschaftliche Kontrolle und kaum allgemein gültige Regeln über die massenwirksamen Internetfunktionen.
Die sozialen Netzwerke, wie zum Beispiel Facebook oder Odnoklassniki, die wichtigsten Suchmaschinen, zum Beispiel Google oder die großen News Channels wie BBC News oder Sputnik sind in privaten Händen und werden von denen weitestgehend kontrolliert. Aber gerade diese neuen Imperien formen Milliarden von Menschen.
In Zukunft werden diese Funktionen immer mehr zu Manipulationswerkzeugen, indem wenige mächtige Regierungen und Organisationen einseitig den Informationsinhalt reglementieren.
Die „Überwindung der Ausbeutung und der mörderischen, kriegerischen Konkurrenz“ bedingt eine weiterentwickelte Gesellschaftstheorie, die vielleicht in ihrer fernen Vision auch „Kommunismus“ heißen kann. Jedoch sind die ersten Schritte auf dem Weg dahin neu zu schreiben.
Immerhin müssen wir auch die Massen mitnehmen, die viel mehr auf die „Linsengerichte“ stehen als auf Entbehrungen. Das war einer der größten Fehler des Sozialismus, hier keine Antworten gehabt zu haben. Und vielleicht erscheint es deinen Eltern und die meisten ihrer Genossinnen und Genossen aussichtslos, hierfür einen nennenswerten Beitrag zu leisten.
Das heutige Internet ist von einer „Herrschaft des Volkes“ viel weiter entfernt als es die Medienwelt 1917 oder 1949 war.
Leider gibt es keine gesellschaftliche Kontrolle und kaum allgemein gültige Regeln über die massenwirksamen Internetfunktionen.
Die sozialen Netzwerke, wie zum Beispiel Facebook oder Odnoklassniki, die wichtigsten Suchmaschinen, zum Beispiel Google oder die großen News Channels wie BBC News oder Sputnik sind in privaten Händen und werden von denen weitestgehend kontrolliert. Aber gerade diese neuen Imperien formen Milliarden von Menschen.
In Zukunft werden diese Funktionen immer mehr zu Manipulationswerkzeugen, indem wenige mächtige Regierungen und Organisationen einseitig den Informationsinhalt reglementieren.
Die „Überwindung der Ausbeutung und der mörderischen, kriegerischen Konkurrenz“ bedingt eine weiterentwickelte Gesellschaftstheorie, die vielleicht in ihrer fernen Vision auch „Kommunismus“ heißen kann. Jedoch sind die ersten Schritte auf dem Weg dahin neu zu schreiben.
Immerhin müssen wir auch die Massen mitnehmen, die viel mehr auf die „Linsengerichte“ stehen als auf Entbehrungen. Das war einer der größten Fehler des Sozialismus, hier keine Antworten gehabt zu haben. Und vielleicht erscheint es deinen Eltern und die meisten ihrer Genossinnen und Genossen aussichtslos, hierfür einen nennenswerten Beitrag zu leisten.