Rückblick auf die Währungseinheit vor 20 Jahren im TV zeigt, wie viel noch an der duetschen Einheit fehlt und auch heute noch vorsätzlich verzerrt wird.
Da spricht ein Alt-BRDist, wie es in der DDR war und die Menschen gelebt und sich gefühlt haben. Graue Darstellungen, eigentlich nur leidende „ehemalige DDR-Bürger“. Da kann es einem nur schlecht werden.
Dann die Erwähnung des „Soli“. Wohlwollend betont, was die Westdeutschen über den „Soli“ in die früheren Gebiete der DDR sichtbar Tolles geschaffen haben. Da denke ich an unseren Besuch in den ersten 90-er Jahren in Bautzen (östlich von Dresden) zum Osterreiten. Ein Bürger der „alten BRD“ betonte, dass er gekommen sei, um zu sehen, was aus seinem „Soli“ gemacht würde. Meine Frau stellte klar, dass auch in den neuen Bundesländern der „Soli“ bezahlt wird und es sich um eine gesamtdeutsche Abgabe handelt. Wir seien auch da, um zu sehen, was aus unserm „Soli“ gemacht würde.
Danach sahen wir den sich schnell entfernenden Mann noch mehrmals am Tag, Wobei er immer fix weg war, sobald er unser ansichtig wurde.
Die Chefsekretärin der Kasseler Firma, in der ich ab 1994 arbeitete, nahm mich gleich zur Seite, um mich aufzuklären, dass ich dort aber richtig arbeiten müsse! (Nach einem Jahr erinnerte sie sich dessen allerdings verschämt nicht mehr.)
Bei euch drüben muss sich nicht ETWAS sondern ALLES ändern – hörte ich in den ersten Einheitsjahren häufig, wobei darin auch zum Ausdruck kommen sollte, dass der Maßstab westlich sei. Das sah ich an den Gesichtern, wenn ich sagte, dass die Einheit BEIDE frühere deutsche Staaten sehr ändern würde. Hahaha – bei euch freilich, bei uns doch nicht! Welches System hat denn versagt? Wer wollte mit Macht zu wem?
Stimmt! Welcher Westdeutsche wollte eigentlich in die Gebiete der früheren DDR oder sich überhaupt damit befassen und aus der Ruhe bringen lassen? Egon Bahr meinte kürzlich in Gotha, dass nur wenige – wenn überhaupt – im Westen an die deutsche Einheit geglaubt oder gedacht hatten.
Oft wurde und wird betont, was für Unmengen an Geld man in die neuen Bundesländer gepumpt habe. Im letzten Jahr vor dem EURO war von riesigen Gewinnen namhafter Supermärkte zu hören (bis zu 1000%) – die Zentralen waren und liegen im Westen Deutschlands und die Gewinne flossen dorthin!
Auch erinnere ich mich, wie man mich fragte, ob ich von Drüben käme aufgrund meiner Aussprache gemutmaßt? Nein, nicht von Drüben sondern aus Gotha. Lächelnd „Ja, ja, aus Gotha! – drüben. Äh – komme jetzt nicht gleich drauf – wo liegt dieses Gotha gleich?“
Ich: Sie kennen doch den Dresdener Zwinger – also Dresden!?
Ja!
Sie kennen sicher auch die Wartburg – also Eisenach!?
Ja, natürlich!
Dazwischen liegt Gotha.
Ach, ja, jetzt weiß ich wieder genau, wo Gotha liegt!
Alles alte Kamellen?
Ganz und gar nicht, wenn man die moderne Geschichtsfälschung hinsichtlich der DDR liest und sie gerade der Jugend auch über die Schulbücher eingeflößt wird.
Aus der vermittelten Sicht auf das Dritte Reich fragte ich in meiner Jugend meinen Vati, wie das denn war, wie man leben konnte bei diesen Nazis überall, diesen Hakenkreuzfahnen und solchen täglichen „braunen“ Belastungen?
Spätere Jugend wird fragen, wie man denn in der DDR leben konnte bei all dieser ständigen Bespitzelung, Doppelmoral, in Brigaden gepresst und nur in der SED eine Zukunft habend?
In beiden Fällen gilt, wie es mein Vati mir sagte, dass es SO nicht war. Dass man lachen, tanzen, singen, lieben, küssen konnte und dies ausgiebig tat! Und erstaunt wird der Zuhörer nachfragen und feststellen, dass er einseitig oder einfach falsch informiert wurde.
Nicht aus jedem Knopfloch und ständig tropften Faschismus und DDR-Sozialismus!
Solange noch bei Arbeit und Lohn in West und Ost eingeteilt und man Differenzen pflegen wird, gilt all das Gesagte in übertragenem Sinn für das Heute und sind wir noch ein ganzes Stück von der „Deutschen Einheit“ – umfassend gefühlt – entfernt.
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Um keinen falschen Eindruck aufkommen zu lassen: Es gibt in allen Bundesländern Deutschlands Menschen, die ich besuchen kann, worüber beiderseitig Freude besteht, wo man gegenseitig achtungsvollen Umgang pflegt und es menschlich wertvolle Bekannte sind
Kommentare 14
Alles,was Du anführst, kenne ich auch. Die Sache mit dem Soli, dieser Triumphalismus, der Verdacht, dass Ossis nicht arbeiten können usw. Teile ich alles.
Aber dann: "In beiden Fällen gilt, wie es mein Vati mir sagte, dass es SO nicht war. Dass man lachen, tanzen, singen, lieben, küssen konnte und dies ausgiebig tat! Und erstaunt wird der Zuhörer nachfragen und feststellen, dass er einseitig oder einfach falsch informiert wurde."
Mit dieser Wendung "in beiden Fällen" ist das alles irgendwie merkwürdig verkzerrt. Denn es stellt gleich und es verharmlost dann auch noch - sicher gar nicht beabsichtigt - die Hitlerdiktatur.
Der Faschismus war eine mörderische diktatur, die DDR - u. a. auch eine Folge davon, war ein Staat mit diktatorischen Zügen ...na und so weiter ich möchte das nicht runterbeten.
Jedenfalls, so wie ich die einzelnen Punkte alle nachvollziehen kann, das Resümee weckt meinen Widerspruch .
Es ist so, dass wohl jede Epoche falsch verstanden wird oder von der nachfolgenden falsch gesehen.
In der Sache sind 3.Reich und DDR wahrhaftig total verscieden und unvergleichbar wie unvergleichlich.
Aber die Geschichtsschreibung so zu machen, dass man meinen könnte, die überwundene Epoche war schlimmer als schlimm jeden Tag, habe keinen Platz mehr für Normalitäten gehabt. Und genau das finde ich falsch und missbildend gerade bei Jugendlichen - zeitverzerrend.
DDR als Horrorszenarium ist zum K...leine Kinder kriegen (beliebte meine Oma zu sagen).
Und in dieser Hinsicht allein(!) habe ich gleichgestellt die Methode der Verteufelung. Wie gefährlich sie ist, beide Systeme auch gleichzusetzen, beweist diese schlimme Wirkungsweise dieser Geschichtsschreibung.
Ich bin wahrhaftig der Letzte, der die Wertung des 3.Reichs und der DDR hleichsetzen möchte.
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Übrigens fällt mir noch ein Unterschied ein wie auf: Man spricht nicht vom "ehemaligen 3.Reich" aber von "ehemaliger DDR"! "Ehemalig = nicht wieder zu bringen mit Hoffnung: bitte nicht. Bei DDR sieht man zu oft ROT, während man das deutsche BRAUNWERDEN gar nicht so ernst sehen zu müssen glaubt.
Entschuldigung, vergaß, danke zu sagen!
Jawollja, mein Herr, ich war einer dieser Besserwessis, die alles besser wussten und von nichts eine Ahnung hatten. Der rübermachte, in umgekehrter Richtung, weil da in vielen Bereichen die Landkarte weiß war, etwas zu entdecken, auch nur in 30 km hinter Hof, im Dreiländereck. Wo ganz schnell Geschäftsführer dieselben BMWs fuhren wie alle Geschäftsführer und Verlierer genau das waren wie überall: Verlierer. Wo dieser Blogger Strafanzeigen am laufenden Band erstatten musste wegen Konkursverschleppung und Veruntreuung gegen eben die Geschäftsführer im Namen der Verlierer und die Gewinner nicht aus dem Westen kamen, sondern ortsansässig waren. Und sonderbarerweise immer irgendwie Verbindung zu örtlichen Funktionären hatten, vor allem zu politischen der alten Garde.
Was wollen Sie uns eigentlich noch auftischen, udz, in ihrer Melancholie nach den „guten alten Zeiten“? Noch mehr Lücken im Deutschland, in dem wir leben? Wo Gier nicht einmal Gier hieß, sondern Tante aus dem Westen und jeder in der Resistance des eigenen Wohnzimmers war? Wollen Sie Legenden stricken und die Geschichte umschreiben? Was für eine Geschichte erzählen Sie hier, vor allem: Von wem? Sie haben Ihren Kopf ganz sicher nicht hingehalten an den Montagen, und weil Sie das bedauern, schreiben Sie hier von Ungenügend in Geographie. Hören Sie auf damit, es reicht. Vor allem: Es langweilt.
So aufgebracht, wie Sie geschrieben haben, langweilt es ja doch nicht.
Wenn man sich gegenseitig die erlebte Geschichte nicht vorhält sondern das Gelebte des Anderen einfach ertseinmal als solches hinnimmt, können die zu Tage tretenden unterschiedlichen Leben einerseits die Vielfalt beweisen, das Schlimme zeigen auch die dazu gehörigen Menschen - aber dass es auch etwas gibt, was man selbst so nicht erlebte.
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Eine Richterin kam "in den Osten", war in Rente aber wollte helfen und tat das (ohne "Buschzulage"!). Sie stellte erstaunt fest, weshalb sie "ihre Gauner" aber auch halbseitene Rechtsanwälte daheim nicht mehr antraf. Hier im Osten traf sie diese wieder - die sicher ebenfalls nicht schlecht erstaunt waren.
Ein in Kassel entlassener "Halbleiter" meinte verärgert am Frühstückstisch in der Betriebskantine, dass er sich umsonst den Arsch aufgerissen habe. Er hätte 90 rüber machen sollen, den Ossis Projekte entwickeln, Geld einheimsen und zu Beginn der Realisierung absetzen sollen.
Wir treffen uns jährlich mit mehreren hessischen Ehepaaren, verbringen immer einen Vorweihnachtsabend zwischen Kassel und Gotha, haben immer alle kleine Geschenke. Und wir sehen uns auch unterjährig.
Sie meinen, dass der Zerbst nur eine Richtung beschreibt und gar ein Schönredner der DDR ist? Es war die Zeit meiner Kindheit und Jugend, der Ehe und Familiengründung. Sie können mir glauben, dass wi rnicht nur in Sach und Asche gingen - wie leider viele Häuser und Straßenzüge aussahen (aber da auch wieder nicht alle).
Ich und Melancholie oder Verherrlichung vergangener Zeiten? Sie werden noch lesen, dass das nicht zutrifft.
Aber mein Leben und das der mir liebenswerten Menschen niedrig zu reden, das mag ich nicht - wie Sie Ihrerseits sich ja auch dagegen verwahren würden.
Auch Ihnen Dank und den Wunsch für ein gutes temperaturerträgliches Wochenende!
Las gerade nochmal Ihren Kommentar.
Was dichten Sie mir an, was berechtigt Sie dazu. Haben Sie nur EINE Sicht auf frühere DDR-ler?
Denke, dass wir beide uns den Teil Deutschlands nicht ausgesucht haben, in dem wir vor der Wende lebten (ich jedenfalls nicht). Halten wir uns persönlich also nur das vor, wessen wir sicher sind und ansprechenswert ist!
"...und jeder in der Resistance des eigenen Wohnzimmers war..." - allein schon dieses "jeder" ist heute falsch, weil man sich in den 20 Jahren ein echtes Bild von diesen "jeder" machen konnte und dann mit Name und Hausnummer hantieren kann - wollen sollte. "Jeder" ist wahrhaftig nicht gleich.
@ ed2murrow - "Was wollen Sie uns eigentlich noch auftischen, udz, in ihrer Melancholie nach den „guten alten Zeiten“?"
Na also ich finde, so alllerlei Erfahrungen sind mir nicht ganz fremd. Habe ich schon angemerkt.
Ansonsten - wenn plötzlich so ein Herrenton aufkommt, werde ich misstrauisch.
@ Magda
"Ansonsten - wenn plötzlich so ein Herrenton aufkommt, werde ich misstrauisch"
Ist ok. Aber wissen Sie was? Ost und West sind nur Geographien, mittlerweile, in meinen unmaßgeblichen Augen. Fü ein paar Millionen anderer Menschen auch. Das ist keine Negierung von Biographie, sondern der Blick auf das, was ist. Es tut mir leid, wenn es Sie verletzt, Sie wissen, ich wäre der Letzte, der das will.
@ udz
Was ich auf meiner eigenen Haut erlebt habe, brauche ich nicht zu rechtfertigen. Das sind mir auch Ihre Einordnungen ziemlich egal. Die Erklärungsmuster nach '45 und nach Mauerfall ähneln sich frappant, wobei ich ausdrücklich offen lasse, wo Ursache liegt und wo Wirkung. Darüber könnte man sich separat unterhalten.
Ah, neue Post von Zerbst: "zum K...leine Kinder kriegen" (upz).
Im Westen hat es die DDR rhetorisch ja nie gegeben.
Zu Zeiten der BRD war es "die sogenannte DDR" und jetzt ist es "die ehemalige DDR".
So kann man Realität auch ausblenden.
Hallo Herr Linde,
was wollen Sie mit diesem Satz (oder übertragen) "was will der Dichter damit sagen"?
Kurz und knapp "Abfälligkeit / nasser Waschlappen"!? Dafür gibt es meist eine der beiden Ursachen: 1) Der Eintrag lag völlig daneben - was offensichtlich hier nicht der Fall ist. 2) Der Eintrag hat Sie getroffen. In diesem Fall kann man sachlich reagieren oder einen Kommentar für überflüssig finden, da man den Schreiber sowieso nicht ändern wird und sich selbst auch nicht weiter aufregen möchte. Oder man wirft eine "fackelnde" Zeile ein, um den Schreiber zu verärgern.
Da ich nur schreibe, wozu ich auch stehe und vor allem was ich erlebt habe, kann ich Ihnen meine Gedanken darauf klar sagen, damit Sie sich keine falschen Hoffnungen machen:
"Was stört es den Eichbaum, wenn sich die Sau dran schubbert." (Ein Satz meiner Mutter aus den 70-er Jahren und somit weder dem Baum noch dem Tier nahetretend sondern nur eine Haltung treffend schildernd.)
Da das Geschriebene aus mir heraus kommt, würde auch "Post aus Zerbst" möglich sein - ohne der Post der Stadt Zerbst Ihrerseits nahe zu treten.
Im jeweiligen bemängeln der von der jeweiligen Gegenseite aufgeführten Aspekte haben sicher beide recht: ed2murrow udz !
Eben die zwei Seiten einer Münze. Jeder schärft da halt den Blickwinckel in eine bestimmte Richtung, aber die jeweils Andere gibt es halt auch.
Gruß
Ein Besserwossi
"Die Erklärungsmuster nach '45 und nach Mauerfall ähneln sich frappant, wobei ich ausdrücklich offen lasse, wo Ursache liegt und wo Wirkung. Darüber könnte man sich separat unterhalten."
Vor jeder Ursache/Wirkung gibt es abermals eine Ursache/Wirkung, usw.
Ideologisch wird es da, wo man einen künstlichen Punkt setzt, d. h. das Leugnen (oder Ausblenden) einer vorherigen Ursache/Wirkung. ;-)
Sehr geehrter udz, dieser Blog ist ja eigentlich schon "durch", aber ich will doch nochmal (Ich schwöre, ein letztes Mal!) auf die Jubiläumswiederauflage von Hans-Joachim Maaz "Der Gefühlsstau" hinweisen. Die psychoanalytische Betrachtung der deutschen-deutschen Verhältnisse und Entwicklung erscheint mir als die essentielle. Die kollusive Verstrickung Ost- und Westdeutschlands, die ja auch heute in vielerlei Facetten (u.a. in Ihrem Blog) zu beobachten ist, müßte von der Gesellschaft wahrgenommen und bearbeitet werden. Und es müßte jeder bei SICH damit anfangen. Allein dies wird auf absehbare Zeit nicht geschehen. Das ist für mich immer wieder das eigentliche Defizit, das die bekannten, so oft so quälenden Folgen nach sich zieht.
Die DDR hat ihren Untergang hinter sich. Der "Westen" hat ihn noch vor sich. Die Angstreaktionen vor den anstehenden gewaltigen, eventuell kriegerischen Veränderungen sind verständlich. Aber natürlich immer wieder unangenehm.
Nur, dies führt Maaz ja sehr schlüssig aus, ist unsere gemeinsame innere Wahrheit noch sehr viel schmerzhafter. Und so brauchen wir zur eigenen seelischen Entlastung immer noch und wieder Schuldige und Sündenböcke. Aktuell sind es im Ausland die Terroristen. Im Inland die Linken oder die HartzIVer oder die Besitzenden oder .... Das Übliche eben. Leider.
Einen Gruß