Das Korvettenjahr

Kommentar Patriotischer Rüstungsexport

"Patriotismus ist auch, wenn ich morgen mit zwei Flugzeugen voll von Mittelständlern nach China reise... Denn unsere Exporte nutzen auch den Betrieben und den Beschäftigten im Lande. Das ist Patriotismus." Teilte uns der Kanzler vor seinem Abflug mit. Seine Botschaft dort: Das wegen der Menschenrechtsverletzungen seit 15 Jahren geltende EU-Waffenembargo gegen China müsse endlich aufgehoben werden. Im Gegenzug unterstützt Peking den angestrebten deutschen Sitz im Sicherheitsrat.

Wie passt der dieser Tage veröffentlichte Rüstungsexportbericht der Bundesregierung für 2003 zum Patriotismus des Kanzlers? Bestens. Zwar waren 2000 restriktive "politische Richtlinien" erlassen worden, doch drei Jahre später sind die Waffenexporte in nur einem Jahr (!) um über 49 Prozent gestiegen! Wenigstens plagt die Berichtschreiber ein schlechtes Gewissen: Die Steigerung sei ein Ausreißer, verursacht durch vier teure Korvetten für Malaysia und Südafrika.

Die reine Camouflage - tatsächlich wären für den Rüstungstransfer noch einige Milliarden Euro mehr zu veranschlagen, würden die "Dual-Use-Güter", die sowohl zivil wie militärisch verwendbar sind, berücksichtigt.

Da der Patriot Schröder der Regierung vorsteht, dürfte das Korvettenjahr 2003 kein einmaliger Ausrutscher sein. 2004 wurde beispielsweise die Fuchspanzer-Lieferung an die irakische Marionettenregierung problemlos genehmigt und das Prinzip unterlaufen: Keine Waffen in Spannungsgebiete. Wenn der Irak kein Spannungsgebiet ist, welches Land dann? Und was ist mit den Menschenrechten dort? Gewiss, die Folter in Abu Ghaib verantworten die US-Besatzungstruppen, doch an die USA liefert Deutschland auch fröhlich Waffen! Wer in seinen Grundsätzen "keine Rüstungsexporte in Länder" vornehmen will, "die in bewaffnete Auseinandersetzungen verwickelt sind, sofern nicht ein Fall des Artikels 51 der UN-Charta vorliegt" (Selbstverteidigung), darf an einen Staat, der einen Angriffskrieg geführt hat, nicht liefern.

Sollte jemand glauben, wenigstens Schröders Koalitionär täte alles, um besagte Exporte in den Irak zu verhindern, liegt er falsch: Der Beschluss des grünen Souveräns, des Parteitages, wurde im September nicht einmal von der eigenen Parteiführung befolgt. Vor ein paar Jahren war der Einsatz ehemaliger NVA-Panzer gegen Kurden noch Sprengstoff für die Koalition. Heute zweifelt man lieber die entsprechenden ZDF-Fernsehbilder an.

Warum Deutschland schon wieder Panzer übrig hat, obwohl gar keine Armee aufgelöst wird? Nun, die Bundeswehr braucht als Interventionsarmee andere, neue Waffen. Da müssen für die alten Abnehmer gefunden werden. Und wenn dabei noch deutsche Unternehmen Aufträge erhalten, nutzt das doch den Betrieben und Beschäftigten im Lande. Wie hieß es doch? "Das ist Patriotismus."


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