Moskauer Lichtblick

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Nachdem es in Moskau zwei Wochen nationalistische Jugend-Krawallen gab, haben nun endlich Liberale und Intellektuelle ihre Stimme erhoben. Am Sonntag beteiligten sich auf dem Puschkin-Platz im Zentrum der Hauptstadt 2.500 Menschen an einer Kundgebung unter dem Motto „Moskau für Alle“. Immer wieder schallte der Ruf „Der Faschismus kommt nicht durch“ über den Platz.
Auf die Aktion des bürgerlichen Gewissens hatten Viele sehnlichst gewartet, denn durch die Krawalle rechter Fußball-Fans, die mit massiver Unterstützung rechtsradikaler Kreise in regelrechte Jugend-Krawalle ausarteten, hatte sich das politische Klima in der Stadt merklich verschlechtert. Der Mob stellte die staatliche Migrations-Politik als zu lasch an den Pranger. Direkt vor dem Kreml hoben Hunderte den Arm zum Hitler-Gruß. Doch der Staat reagierte konzeptlos. Medwedew und Putin fordern nun in unterschiedlichen Tonlagen Toleranz zwischen den Ethnien. Putin fordert zusätzlich eine Verschärfung der Aufenthaltsbestimmungen für Migranten aus dem russischen Nordkaukasus und den ehemaligen Sowjetrepubliken. Doch ob derartige Ankündigungen die russische Mehrheitsbevölkerung überzeugen, ist unsicher. Die Polizei gilt wegen der Korruption als durchsetzungsschwach. Ein Konzept für eine moderne Migrationspolitik hat der Kreml bisher nicht entwickelt.
Vor diesem Hintergrund war die Kundgebung auf dem Puschkin-Platz ein echter Lichtblick, obwohl gar nicht alle Antifaschisten dabei waren. So fehlte die Moskauer Antifa. Die Kundgebung hatte der bekannte Journalist und Satiriker, Viktor Schenderowitsch organisiert. Zu den Rednern gehörten der Filmregisseur Valeri Todorowski, die Theaterregisseurin Genrietta Janowskaja und der Schriftsteller Dmitri Bykow. www.youtube.com/watch?v=RXUO00RPNm8  Parteienvertreter waren als Sprecher nicht zugelassen. Am Lautsprecherwagen hingen Transparente mit der Aufschrift „Die Welt ist bunt und nicht braun“, „Hitler kaputt“, „Das ist unsere Stadt“. Einige junge Frauen hielten Tafeln in die Höhe, auf denen sie ihre Liebe zum usbekischen Reisgericht Plow und der georgischen Käse-Pizza Chadschipuri erklärten.
Zum Ende der Kundgebung erklang der Lennon-Song „Imagine“. Die Teilnehmer der Kundgebung wollten vor allem zeigen, dass es nicht die Nationalisten sein dürfen, die bestimmen, wer zu Russland gehört.

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