Noch braucht Russland Lukaschenko

Belarus Der Diktator von Minsk bleibt nicht allein deshalb an der Macht, weil er Proteste niederknüppeln lässt
Ausgabe 33/2020
Wer es in Belarus wagt zu demonstrieren, blickt schnell in die Schilde der Polizisten
Wer es in Belarus wagt zu demonstrieren, blickt schnell in die Schilde der Polizisten

Foto: Sergei Gapon/AFP/Getty Images

„Die unerträgliche Grausamkeit der Prügel“, titelte die regierungsnahe russische Massenzeitung Komsomolskaja Prawda über die dritte Protestnacht in Minsk, in der weißrussische Spezialkräfte mit schwarzen Masken Jagd auf Demonstranten und Journalisten machten. Auch russische Journalisten bezogen Prügel, obwohl sie Westen mit der Aufschrift „Presse“ trugen.

Die Art, wie in Belarus mit Oppositionellen umgegangen wird, will das offizielle Russland – selbst nicht zimperlich, wenn es um Oppositionelle geht – nicht gutheißen. Außenminister Sergej Lawrow forderte, alle in Minsk verhafteten russischen Journalisten freizulassen. Über die Oppositionskandidatin Swetlana Tichanowskaja berichteten russische Medien neutral. Moskau will den Eindruck vermeiden, dass man sich in die inneren Angelegenheiten Weißrusslands einmischt.

Aber kaum war das offizielle Wahlergebnis in Minsk publik, gratulierte Wladimir Putin dem Machthaber zur Wiederwahl. Für Moskau scheint Lukaschenko, genannt „Batka“ (Väterchen), immer noch besser als Tichanowskaja, von der es wohl annimmt, dass sie besondere Beziehungen zu Russland nicht wertschätzt und Belarus in die EU führen will. Lukaschenko ist „unser Hundesohn“, so das Blatt Moskowski Komsomolez.

„Batka“ kann sich gegenüber Moskau einiges herausnehmen, weil er weiß, dass Weißrussland Russlands Sicherheitsinteressen an dessen Westgrenze gegen die NATO schützt. Immer wieder schimpft Lukaschenko auf Moskau, um im nächsten Augenblick die Freundschaft der slawischen Bruderstaaten zu preisen. „Batka“ polterte gegen angebliche russische Diversanten, die in Weißrussland Proteste anheizen wollten. Er bestellte Öl aus Aserbaidschan, weil er mit dem russischen Ölpreis nicht einverstanden ist.

Lukaschenko bleibt nicht nur deshalb an der Macht, weil er Proteste niederknüppeln lässt. Er hat lange für soziale Sicherheit gesorgt. Im Gegensatz zu Russland wurden in Belarus 26 Jahre lang ohne Unterbrechung Löhne und Renten gezahlt. Der Diktator von Minsk hat nach wie vor eine Massenbasis. Bei den Sicherheitskräften und im Lukaschenko-Lager sind bisher keine Risse sichtbar, also muss man sich wohl auf weitere Jahre mit ihm einstellen.

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