Post-Maidan-Intelligenzija für Reinrassigkeit

Ukraine Sänger der bekannten Rockgruppe Wopli Widopljasowa fordert „Ghetto“ für Russisch-Sprechende. Kiewer Theater bringt „Holocaust Cabaret“ auf die Bühne.

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Die Reinwaschung des Faschismus kommt in Kiew zügig voran. Für Freitag ist in einem Theater im Zentrum von Kiew die Premiere des Theaterstückes „Holocaust Cabaret“ von Jonathan Garfinkel geplant. Geworben wurde an der Fassade des Theaters Bel´etage – direkt gegenüber der zentrale Synagoge von Kiew - in großen Lettern mit dem Titel des Stücks. In dem Schauspiel geht es um den ukrainischen KZ-Wächter John Demjanjuk, der 2011 in München wegen Beihilfe zum Mord an über 20.000 Menschen verurteilt wurde.

Der Oberste Rabbi der Ukraine, Mosche Asman, war entsetzt. Er postete zu der provokatorischen Theaterwerbung: „Das ist schrecklich. Und das in einer Stadt wo es Babi Jar gab.“ In Babi Jar wurden im September 1941 von deutschen Soldaten und ihren ukrainischen Helfern 33.000 Juden erschossen. Nach Protesten wurde der Schriftzug von der Theater-Fassade entfernt.

Alles nur „ironisch“ gemeint

Zu der Kritik an der Theaterwerbung erklärte Bühnenautor Garfinkel via Facebook, der Titel des Stücks sei „ironisch“ gemeint. Gerichtsverhandlungen hätten immer etwas „Theatralisches“.

Dmitri Saratski, der in Kiew die Aufführung des Stückes organisiert, entschuldigte sich via Facebook bei allen, die sich durch die Werbung für das Theaterstück verletzt fühlten. Weiter führte Saratski aus, dass bei den Gerichtsprozessen gegen Demjanjuk in Israel und Deutschland „keine genaue Antwort auf die Frage gegeben wurde: Ist er (Demjanjuk, U.H.) schuldig für die schrecklichen Verbrechen, welche ihm vorgeworfen wurden.“ Die ukrainischen Nationalisten werden an dem Theaterstück sicher ihre Freude haben.

Provozieren, sich entschuldigen, weitermachen

Die Post-Maidan-Intelligenzija hat die westliche Political correctness für den eigenen Gebrauch verfeinert: Erst provozieren, dann sich entschuldigen und dann weitermachen.

Im November 2016 erklärte der ukrainische Kulturminister Jewgeni Nischuk in einer Fernseh-Talk-Show, bestimmte Gebiete in der Zentral- und Ost-Ukraine seien „genetisch unrein“. Gemeint waren die Gebiete mit einem hohen Anteil russischsprachiger Bevölkerung. Nach Protesten entschuldigte sich Nischuk. Er sei falsch verstanden worden.

Vergangene Woche erklärte Oleg Skripka, Sänger der bekannten ukrainischen Rock-Gruppe Wopli Widopljasowa, man müsse alle Menschen, die wegen „einem niedrigen Intelligenz-Quotienten“ kein Ukrainisch lernen können, „in ein Ghetto sperren“, denn diese Menschen seien „sozial gefährlich“ https://life.pravda.com.ua/culture/2017/04/20/223718/ . Nach Protesten entschuldigte sich der Sänger. Seine Äußerung sei „ironisch“ gemeint gewesen.

Die Post-Maidan-Intelligenzija versteht, dass man vor Faschismus in Europa Angst hat. Es kommt nur auf die Verpackung an. Stärkung der ukrainischen Kultur gegen den „russischen Einfluss“. Das klingt auch in den Ohren der Europäer gut.

Anzeige wegen Anstachelung zum Hasss

Zum Glück gibt es in der Ukraine Menschen, die es mit den vielbeschworenen europäischen Werten wirklich ernst meinen. Die ehemalige Abgeordnete der Partei der Regionen, Irina Bereschnaja, die jetzt das Institut für Rechtspolitik und sozialen Schutz in Kiew leitet, hat beim ukrainischen Staatsanwalt wegen der Getto-Äußerung von Sänger Skripka eine Anzeige wegen „Anstachelung zum Hass gegen andere Nationalitäten“ gestellt.

Ich fürchte, eine reinrassige Ukraine – wie sie die ausgeflippte Post-Maidan-Intelligenzija will – bedeutet Unterdrückung und im schlimmsten Fall Bürgerkrieg in der ganzen Ukraine.

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