Die wilden Jahre der Heike K.

Buchrezension | Es gibt Bücher, die fordern Widerspruch heraus, weil sie selbst keinen zu dulden scheinen. Heike Kottmanns Salemer Erinnerungen "Licht aus, die Mayer kommt" gehören dazu.

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Rezensieren, ohne zu rezipieren. Genau diesen Wunsch des geplagten Kritikers wecken insbesondere solche Druckerzeugnisse, die aus dem Dunstkreis der Schule Schloss Salem stammen und zumeist die durchsichtige Absicht verfolgen, das Bild dieser gern als "elitärste Bildungsstätte Deutschlands" gelobten Einrichtung in der Öffentlichkeit aufzupolieren. Treffende Beispiele dieser literarischen Spezies produzierte der ehemalige Salemer Schulleiters Dr. Bernhard Bueb kurz nach seinem (wie man munkelt) erzwungenen Ausscheiden aus dem Internatsdienst wie am Fließband und outete sich damit als einer, der nicht loslassen konnte bzw. dem eigenen Denkmal durch nachträgliche Eingriffe noch schnell ein paar markante Züge verleihen wollte.

Oft werden derartige Elogia bereits zum Zeitpunkt ihres Erscheinens im Netzwerk der Lokalpresse (Man ke3nnt sich und man hilft sich...) derart überschwenglich gefeiert oder besser beworben, dass angetriggerter Widerspruchsgeist und Widerwille (gemeint ist die Unlust, sich das zu würdigende Werk überhaupt noch zuzumuten, da man ja weiß, was einen erwartet) um so qualvoller miteinander ringen.

Nun soll rezept(ions)freies Redigieren zwar ohnehin eine verbreitete Arbeitsmethode fauler feuilletonistischer Edelfedern oder prekärer Zeilenschinder sein. Doch nicht aus diesem Nähkästlein qualitätsjournalistischen Elends soll an dieser Stelle geplaudert werden. Ich reklamiere stattdessen den Leserverzicht mutig als Ausdruck von Haltung und Charakter: Das hier zu besprechende Werk habe ich [von einigen im Internet aufgestöberten "zentralen Passagen" einmal abgesehen] aus Prinzip nicht gelesen. Ja, ich habe mich, von der Lokalpresse sattsam vorgewarnt ("Habet suum venenum blanda oratio."), der Lektüre aus Gründen der Erhaltung meiner mentalen Gesundheit sogar phobisch verweigert.

Ist dies eine seriöse Grundlage für eine Buchrezension? Nein, ist es nicht! Aber weder das Werk selbst noch dessen Verfasserin haben es besser verdient, wie man noch sehen wird. Die Gründe liegen im Vorfeld des Lesegenusses bzw. der Rezensentenarbeit, in dem Gegenstand des Buches und der Art seiner schriftstellerischen Bearbeitung, in der penetranten Vermarktungs-Strategie der Autorin sowie dem unerträglich bornierten Klassenstandpunkt (jawohl, so etwas gibt's wieder!), den Kottmann sowohl als Ich-Erzählerin ihrer Salemer Erinnerungen als auch in der Rolle der Self-Promoterin erkennen lässt.

Wie ihr ehemaliger Schulleiter kann auch Kottmann sich von der Schule Schloss Salem innerlich nicht trennen. Längere Internatsaufenthalte hinterlassen - das weiß man - eine tiefe Prägung, von den einen Schäden, von den anderen "Bereicherung" genannt. Die langjährige Salem-Insassin Heike Kottman wird offensichtlich von für bereichernd gehaltenen Erinnerungen verfolgt oder möchte sich selbst bereichern, indem sie diese literarisch aufbereitet und so von dem aktuellen "Schreckenstein reloaded"-Trend profitiert.

Noch eine kleine Randbemerkung zu Kottmanns Schreibstil: Sie wählt für die Darstellung ihrer wilden Internatserinnerungen durchgängig die Textsorte "Schilderung", eine Aufsatzgattung, die laut Lehrplänen der Sekundarstufe I für die Klassen 7 oder 8 vorgesehen ist. Leider kommt sie über das Niveau der in dieser Altersstufe erwartbaren Unterrichtsergebnisse auch als 30-jährige Buchautorin nicht wesentlich hinaus.

Zustehendes Image zukommen lassen

Die im oberschwäbischen Umland des Buch-Sujets, der Schule Schloss Salem, nahräumlich verortete "Schwäbische Zeitung" präsentiert uns die Autorin Heike Kottmann wie eine von Richard Wagners Frauengestalten der Kategorie "Das Weib der Zukunft". An der hätte Altmeisterin Leni Riefenstahl ("Triumph des Willens") schon rein optisch ihre helle Freude gehabt. Blond(iert), blauäugig, hochgewachsen und mit einem leicht [t]rotzig wirkenden Ausdruck elitärer Selbstgefälligkeit im feinherben Antlitz, lächelt sie uns von ihrem Pressefoto entgegen. Feeling on top of the world. Und dazu gibt es wie eingemeißelt wirkende Zitate. Zum Beispiel: "Das Internat ist die beste Schulform!" (Überschrift). Das stimmt übrigens schon deshalb nicht, weil der Terminus "Internat" gar keine eigenständige Schulform bezeichnet, sondern lediglich eine Betreuungsform, die in Gestalt der "Internatsschule" zwar in eine Lehranstalt integriert oder mit dieser sogar zu einer Einheit verbunden sein kann (Heimschule), aber genauso gut auch ganz ohne eigene Unterrichtseinrichtung(en) auskommt (sog. Schülerheim)!

„Meine Intention war, Internaten das Image zukommen zu lassen, das ihnen zusteht“ (zitiert nach "Südkurier" vom 01.10.2015). Noch so ein Satz zum Eingravieren. Aber Imagepflege als Schreibmotiv? Was soll dabei anderes herauskommen als plumpe Reklame?

Und wessen Image soll da eigentlich gepflegt (oder repariert) werden? Das aller Internate? Bei Kottmann steht ersichtlich jedenfalls nur das Ansehen der Schule Schloss Salem im Vordergrund, die nicht aus der Vereinigung Deutscher Landerziehungsheime ausgetreten sein dürfte, um pars pro toto für die gesamte in Verruf geratene Wohnschulbranche zu haften. Und dann gibt es ja immer auch die Geschichte hinter der Geschichte. Im Kern geht es Kottmann letztlich nur um Kottmann. Der Stern der Internate allgemein und der Schule Schloss Salem im Besonderen ist im Sinken begriffen. Damit verringert sich zwangsläufig auch der Kurswert der elterlichen Investition in ein Salem-Abitur, auf das Kottmann allem Anschein nach zum Platzen stolz ist.

Internaten das Image zukommen zu lassen, das ihnen zusteht, heißt in Klarsprache: Ich habe für eine Schule mit grandiosem Image viel Geld bezahlt, in deren Glanz ich mich Rest meines Lebens sonnen und von deren Karrierenetzwerk ich profitieren möchte. Folglich steht mir der Gegenwert des elterlichen Investments in Form einer Aufwertung meiner Person zu. Und damit ich diesen Tauschwert realisieren kann, muss dafür gesorgt werden, dass der "gute Ruf" meines Nobelinstituts erhalten bleibt.

Wie Kottmann so daher redet oder daher schreibt, ist es auch gemeint. Eine Privilegierte, die als Mitglied der "Salemer Gemeinschaft" ein Billet in die oberen Etagen der Gesellschaft gelöst zu haben glaubt, pocht auf Beförderung. Der Salemer Gesamtleiter Bernd Westermeyer - als Liftboy der aufstrebenden Jugend und ihrer prestigebewussten Elternhäuser - leistet gern Schützenhilfe und fördert Kottmanns Werbebroschüre durch artiges Lob:

„Ich habe das Buch gelesen – ich denke, es ist ein sehr ehrliches Jugendbuch“.

Das mit der Ehrlichkeit - gemeint ist hier wohl eher die Romantisierung eines Salemer Internatsaufenthalts als spaßigen Abenteuerurlaub - kann man auch anders sehen. Nur wenige Tage nach der Medien-Premiere von "Licht aus, die Mayer kommt!" hat eine "Anna" auf bild.de im Rückblick auf die eigenen Internatsjahre eine ganz andere Wahrnehmung zu Protokoll gegeben. Titel: "Elf schlimme Situationen, die du nur als Internatskind kennst". Schon wer den Teaser liest, wird nicht nur eine gewisse Skepsis gegenüber der Verallgemeinerbarkeit des Burg-Schreckenstein-Klischees entwickeln. Er trifft hier auf Aussagen, die an den Zeugeneigenschaften der Klischee-Produzenten und daran zweifeln lassen, dass Internate tatsächlich in dem von interessierter Seite gern propagierten Ansehen stehen:

"Internat hat nichts mit Hanni und Nanni zu tun. Überhaupt gar nichts. Mitternachtspicknick, my ass! Nach ein paar Jahren Internat bist du erstmal ein emotionaler Krüppel und notorischer Lügner. Du hortest Essen und hast 'ne nette Sammlung von anderen bleibende Schäden. Dafür gehörst du nun zu dem wahrhaft elitären Kreis, der diese 11 Dinge kennt..."

So viel vorerst einmal zum Thema "ehrliches Jugendbuch".

Die Vermittlung der Überzeugung, etwas ganz Besonderes zu sein und von daher einen Anspruch auf Anerkennung und Bewunderung zu haben bzw. andererseits dankbar für das Privileg sein zu müssen, das betreffende Institut besuchen bzw. besucht haben zu dürfen, gehört zum Geschäftsmodell und zum heimlichen Lehrplan einer Schule wie Salem. Und der unterstellte Neid der weniger Privilegierten, über den man sich - insbesondere bei negativer Kritik und verweigerter Bewunderung - hinter Schloss- und Klostermauern immer wieder einmal heuchlerisch entrüstet, ist ein wichtiger Bestandteil der Verkaufsstrategie. Wer würde schon viel Geld ausgeben für etwas, das sich jeder leisten könnte, aber dennoch niemand haben will? Daher wird den Salemern - allen offiziellen Dementis zum Trotz - ein gewisser Stolz auf die "hohe Rolexdichte" der Schule, ihre prominente und reiche Kundschaft sowie ihre "Exklusivität" und "Berühmtheit" systematisch eingeimpft. Wer das für pädagogisch ungesund hält (und natürlich ist es das auch!), muss sich die Gesetzmäßigkeiten des freien Marktes vor Augen führen. Und eine Regel des Geschäftslebens, bezogen auf private Bezahlschulen der Luxuskategorie, lautet folgendermaßen: Wer zu exklusiven Preisen anbietet, was es an öffentlichen Schulen praktisch für umme gibt (siehe allgemeine Hochschulreife), muss sein "Produkt" ständig künstlich aufwerten und darf dabei nicht zimperlich sein. Die Zielgruppe ist schließlich nicht blöd. Ohne einen zusätzlichen "Mehrwert" - etwa in Form des Neidfaktors, einer vermeintlichen Zugehörigkeit zur besseren Gesellschaft, karrierefördernder Beziehungen u.a.m. - rückt sie keinen Cent raus und schickt den Nachwuchs lieber nach England oder in die Schweiz.

Es gilt also, eine "Marke" und bei der Zahlkundschaft ein bestimmtes "Markenbewusstsein" zu schaffen. Das schließt ein, den Markenwert bzw. das Marken-Image mit allen zu Gebote stehenden Marketing-Tricks immer aufs Neue zu pushen. Hierbei wiederum spielt die Manipulation der Medien eine zentrale Rolle. Eine kritische Berichterstattung oder allein die Tatsache, in den Medien nicht "stattzufinden", können sich negativ auf das Image, die Nachfrage und damit die wirtschaftliche Situation der Schule auswirken.

Inzwischen hat die von ihrer Gründung an ums Überleben kämpfende und von einem Skandal zum nächsten stolpernde Schule Schloss Salem die Imagepflege in einem Ausmaß perfektioniert, dass man oft nicht weiß, ob diese noch Mittel zum Zweck ist oder sich vollkommen verselbständigt hat. Keine Schule in Deutschland versteht es besser, sich beständig als "Marke des Jahrhunderts" in den Vordergrund zu spielen. Allerdings scheint sie das Eigenlob derart übertrieben zu haben, dass sich mittlerweile ein gewisser Überdruss breit macht. So steht das "berühmte Internat" derzeit "vor der größten Umstrukturierung ihrer Geschichte" (Stuttgarter Zeitung). Das wohl immer noch "größte Internat Deutschlands" (ca. 600 SchülerInnen) hat sich im Größenwahn offensichtlich überdehnt. Unter der Last der laufenden Betriebsausgaben und dem Eindruck weiter rückläufiger Schülerzahlen wird jetzt kräftig auf die Kostenbremse getreten, um die Pleite abzuwenden. Drei der vier Schulstandorte sollen aufgegeben werden, so dass Schule und Internat sich in einigen Jahren im Schloss Salem konzentrieren werden. Die ehemalige Zisterzienserabtei nahe der gleichnamigen Ortschaft, zugleich Residenz des Markgrafen von Baden, gehört inzwischen dem Land Baden-Württemberg. Die Kosten von "Schöner lernen im Schloss" trägt also die Masse der Steuerzahler, deren Nachwuchs von diesem Selbstoptimierungs-Programm für Besserverdiener-Kinder in aller Regel ausgeschlossen ist.

Um wenigstens die (neu-)reiche Stammkundschaft bei der Stange zu halten, setzt man ganz auf das, was angeblich den traditionellen "Markenkern" der Salemer Erziehung bildet, nämlich ein der autosuggestiven Selbststeigerung dienendes Gebräu aus Nietzsches egologischer Moral, moderner Erfolgsethik, "Erlebnispädagogik" (ursprünglich "Erlebnistherapie"!) und "Salemer "Diensten". Die beiden letztgenannten Elemente, als deren Urvater Schulmitbegründer Kurt Hahn ausgegeben wird, sind im Grunde Plagiate (z.B. aus der Pfadfinderbewegung) und als Erziehungsmittel einer Reichenschule besonders angreifbar, insofern hier "Hilfebedürftige" zum Zweck der Erziehung privilegierter, aber eben auch wohlstandsgeschädigter SchülerInnen instrumentatlisiert werden. Die "Leidenschaft des Helfens" mag ein ehrenwertes Motiv sein, verkommt aber - falsch oder bei den Falschen eingesetzt - nur allzu leicht zu eitler "Charity".

Fast 100 Jahre lang hat dieser reichlich hohle "Markenkern" einer Erziehung zur "Verantwortungselite" schlecht und recht getragen. Im ersten Jahrzehnt nach der Jahrtausendwende gab es sogar einen regelrechten Elite-Hype. Doch der neoliberale Zeitgeist, zu dem das Modell der Eliteschule als Tuningkit für Besserverdienerkinder so wunderbar zu passen schien, hat sich verflüchtigt. Die internationalen Eliten haben sich angreifbar gemacht durch Gier, Korruption sowie kriminelle Geschäftspraktiken und haben damit den gesamten Globus in eine Abfolge verhängnisvoller Krisen gestürzt. Mittlerweile wälzt sich ein unaufhaltsamer Strom von Armen und Verzweifelten auf die Bastionen der Wohlhabenden zu. Und selbst dem Borniertesten müsste inzwischen dämmern, dass teure Bezahlschulen wie Salem so überflüssig sind wie ein Kropf. Und längst stellen sie auch keine Arche Noah mehr dar, wo höhere Kreise und das abstiegsängstliche Bürgertum ihre Sprösslinge in Sicherheit bringen können. Salem & Co. gleichen eher einer "Titanik" oder "Wilhelm Gustloff". Da nützt es wenig, wenn das PR-Orchester - wie einst das der im eisigen Ozean versinkenden Titanic - auf dem langsam abkippenden Oberdeck bis zum bitteren Ende fröhliche Weisen fiedelt. Tatatataaaah. Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt... Was jetzt in Salem unter "Frontbegradigungen" verkauft wird, ist vermutlich reine Durchhaltepropaganda.

Pimp my life!

Bereits sehr früh hat Jung-Journautorin K. eine respektable Zahl von Karriere-Stationen kompetenzgehamstert: Zuallererst natürlich das Salem-Abitur als Eintrittskarte in das Seilschaften-Labyrinth der Reichen und Einflussreichen, das verharmlosend "Netzwerk" genannt wird. Es stellt das Karriere-Sprungbett dar, das unter reichlicher Zufuhr von Vitamin B aus einem Salemer Durchschnittsschüler einen Überflieger machen soll. Für schwächelnde Kinder der Einkommenselite ist es allerdings zuweilen der einzige zeitlebens erworbene Nachweis einer "akademischen" Qualifikation, auf den man folglich ganz besonders stolz ist. In bestimmten - bornierten - oder aus anderen Gründen leicht zu beeindruckenden Kreisen wird allein schon die am Bodensee erworbene Hochschulreife für eine elitäre Auszeichnung gehalten. Also: Erst mal ein donnerndes Whow für diese grandiose Leistung! Dann immerhin Henri-Nannen-Journalistenschule (Doppel-Whow!), als freie Journalistin - unter anderem (!) - für die "Süddeutsche Zeitung" und „Emma“ gearbeitet (Triple-Whow!), anschließend drei Jahre Magazin "Neon" (Triple-Whow mit Sternchen!). Und das Werk „Licht aus, die Mayer kommt! Meine wilden Internatsjahre“ ist beileibe nicht Kottmanns literarisches Debut. 2012 erschien ein Erstling mit dem anspruchsvollen Titel: „Entweder, vielleicht oder doch lieber ja – 90 lebenswichtige Entscheidungsbäume“. Also whow zum Quadrat! Derzeit ist Frau Kottmann "freie Redakteurin" in München. Chapeau, Chapeau!

Oder doch lieber eine Nummer kleiner? Sagen wir Chapeau claque. Denn Freie Redakteurin" klingt doch ein wenig nach "freie Mitarbeiterin", also der untersten Stufe auf der Karriereleiter gleich nach Praktikantin. Na, wenigstens ist es München. Berlin wäre natürlich noch eindrucksvoller. Sei's drum.

Warum erinnert mich Heike K.'s aufgepimptes CV nur so an die für mindestens drei solcher Curricula vitae ausreichende Überflieger-Laufbahn unserer Mutterkreuzanwärterin der Herzen und Superministerin aller nur vorstellbaren Ressorts, die Multiparallelstudierende, diplomierte Volkswirtin und approbierte Frauenärztin Uschi Gertrud von der L., die nach einem exzellenten Abitur (mindestens G 36-Gymnasium, schätze ich mal!) erst aufgrund einer plagiatsverdächtigen Doktorarbeit ins Gerede kam und jetzt wegen zweier dem Lebenslauf angeblich unberechtigt hinzugedichteten Semester an der Eliteuniversität Stanford unter erneutem Beschuss von GuttenPlag & Kompanie liegt. Zwar hat Stanford University laut "Die Welt" den Vorwurf des Missbrauchs ihres Namens inzwischen zurückgezogen, doch bleibt die Frage im Raum stehen, wieso man den Vorlesungsbesuch im Gasthörerinnenstatus überhaupt in seine Vita aufnimmt, wenn die eigene Anwesenheit am Ort der Forschungsanstalt hauptsächlich und zugegebenermaßen durch ein berufliches Engagement des vollakademischen Ehemannes bedingt war. Schon blöd, wenn man immerfort beeindrucken muss, oder? Und wenn's schon blöd läuft: Aktuell ist die drei-Wetter-taffe Kampfjetsetterin auch noch wegen unethischer Experimente an Hochschwangeren im Rahmen ihrer Promotion angezeigt worden. Tja, von nix kommt eben nix.

Ähnlich wie Bundes-Ursula, die laut "Who's Who - The People-Lexicon" bereits als Berufsanfängerin "eine beachtliche Karriere innerhalb der Niedersächsischen Landespolitik vollzog [die vermutlich von Pappi - Ministerpräsident Ernst Albrecht - auch so in die Wege geleitet wurde, dass sie nur noch vollzogen werden musste], weiß auch Heike K., wie man sich eine "tolle Rolle in den Memoiren" sichert, indem man seine Vita platzprall mit Bedeutendem auflädt, selbst wenn man sich das eine oder andere schmückende Detail - Vorsicht Kalauer! - von der (einen oder anderen) Leyen muss.

Kottmanns vermeintlich authentische Internatserlebnisse sind laut Interview jedenfalls nur zu 90 Prozent "genau so passiert". Den Rest hat sie - "zum Beispiel aus Erzählungen älterer Jahrgänge" [...] ein bisschen ausgeschmückt". Darf man mit fremden Erlebnissen aufpimpen, wenn im Untertitel "meine wilden Internatsjahre" annonciert werden? Kottmann quält sich da offensichtlich nicht mit Skrupeln.

Heidis (Heikes) Lehr- und Wanderjahre

Welche segensreiche Wirkung eine Elite-Erziehung à la Schule Schloss Salem im Hinblick auf den Aufbau eines soliden Selbstwertgefühls entfaltet, beschreibt Kottmann unter der Überschrift "Mauerblümchens erster Schultag im Nobelinternat" (steht so natürlich nicht in dem Buch):

>> Herr Singer [Stufenleiter] überreichte mir eine Urkunde mit meinem Namen und eine Anstecknadel, auf der ein verschlungenes >s< auf lilafarbenem Hintergrund zu sehen war. [...] "Wir begrüßen Heike in der Salemer Gemeinschaft!" wiederholte er laut und ich konnte nur erahnen, was diese Worte noch für ein Gewicht bekommen würden. Dann wurde geklatscht. Ich fühlte mich, als hätte ich soeben den Nobelpreis oder zumindest einen Oskar gewonnen. Noch nie zuvor hatte irgendwer für mich applaudiert, schon gar keine Kinder. <<

Applaus, Applaus! Aufnahmerituale dieser Art, die man auch Kreuzberger Hauptschulen zwecks "Identitätskonstruktion" ihrer Schülerschaft wärmstens ans Herz legen möchte, stehen im Kontext einer Ideologie des "Plus est en vous" (Wahlspruch des Salemer Schulgründers Kurt Hahn), deren platte Umsetzung in pädagogische Praxis die Neue Zürcher Zeitung wie folgt beschreibt:

>> Die Gefahr solcher deklarierten Eliteschulen ist, dass es nicht primär um Begabungen und Fähigkeiten geht, sondern um das Heranbilden eines elitären Selbstverständnisses. Sie sind darauf spezialisiert, durchschnittlich begabten Jugendlichen ein überhöhtes Selbstwertgefühl zu vermitteln. Wenn der Schulbesuch mit hohen Schulgeldern und speziellen Aufnahmebedingungen verbunden ist, dann wird der Elternschaft außerdem Exklusivität kommuniziert. Für die Lehrpersonen wird es schwierig, wenn sie diesen Auftrag nicht annehmen und das Verhalten und das Leistungsprofil der Schüler zu sehr hinterfragen. Ihre Existenz wird bedroht, und sie verlieren vielleicht wegen eines kritischen Vaters und Sponsors ihre Stelle. <<

Eine Bestätigung für diese Einschätzung findet sich in einem Aufsatz des langjährigen Salemer Gesamtleiters Dr. Bernhard Bueb, der bei Kottmann als "Dr. Raab" vorkommt, unter dem Titel "Elitedenken als Erziehungsmittel". Bueb alias Raab verbreitet hier den irrationalen Mythos von einer positiven Persönlichkeitsentwicklung auch leistungs- und charakterschwacher Eleven allein dadurch, dass man ihnen etwas zutraue und sich ihrer intensiv persönlich annehme. Diese Erziehungsideologie, die wissenschaftlich kaum belegbar ist, aber durch den faktischen Aufstieg "schlechter Schüler" in hohe Positionen nach dem Besuch eines "Elite-Internats" immer wieder eine scheinplausible Bestätigung findet, ist für reiche Eltern wenig vorzeigbarer Kinder natürlich äußerst attraktiv und sorgt bei Salem & Co. für nie versiegende Nachfrage. Wer das gelesen hat, weiß, wie Heike K. und ihre Salemer Internatsclique ticken.

Im weiteren Verlauf ihrer wunderbaren Privatschulzeit mit Blick auf das Schwäbische Meer und die Schweizer Berge hat Kottmann ihr elitäres Selbstverständnis durch das Bluff-ABC der Karrieremacher ergänzt. Stichwort: Softskills. So trat sie während des Besuchs der Salemer Collegstufe als engagierte Verweserin des "Politikamts" in Erscheinung und drängte sich anlässlich der Besuche von Polit-Prominenz in dieser Funktion auch gern mal mit aufs Foto. Ein Lichtbild des Überlinger "Südkurier" vom 30.03.2004 zeigt sie zum Beispiel - im strengen Chefsekretärinnen-Look und noch ziemlich unblond - an der Seite des "Schrägen Otto" Friedrich Wilhelm Freiherr von der Wenge Graf von Lambsdorff. Titelzeile: "Moralische Verantwortung verjährt nicht".

Den Rahmen des gemeinsamen Auftritts bildete das sog. "Spetzgarter Abendbrot", eine die jugendliche Zuhörerschaft in aller Regel restlos überfordernde Buffetveranstaltung mit hochkarätigen Vortragsrednern aus Politik, Wirtschaft, Militär, Wissenschaft und Kunst. Perlen vor die Säue zwar, aber im teuren Schulgeld halt eingeschlossen.

Kottmann bot sich hier nicht nur eine ideale Gelegenheit zum Erwerb bzw. Nachweis karrierefördernder Kompetenzen. Der konkrete Anlass war auch dazu angetan, eine der fundamentalen Erkenntnisse des Dichters Bert Brecht aus der "Dreigroschenoper" im wörtlichen wie übertragenen Sinne einem gründlichen Faktencheck zu unterziehen, die da lautet: "Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral!"

Dank ihrer hoch entwickelten Fähigkeit zu geschmeidiger Einordnung in die Klassen-Gemeinschaft (man beachte des Wortes doppelten Sinn!), die sie Jahre später bei der Präsentation ihrer Salem-Reminiszenzen ihrer gediegenen Internatserziehung zuschreiben wird, wusste K. schon damals parkettsicher zu unterscheiden zwischen denjenigen zehn Prozent einer Biografie, die man schon mal dazu erfinden darf, und denjenigen Bruchteilen, die man denn doch lieber taktvoll unterschlägt. Und so ließ sie den grimmigen Poltergeist der FDP in ihrer Laudatio zwar wegen seiner "maßgebliche[n] Rolle" bei den Verhandlungen um die "Entschädigung von Zwangs- und Sklavenarbeitern des Dritten Reichs" hoch leben, vermied es aber ansonsten, den nicht gerade Unbescholtenen auf dessen persönliches Verhältnis zu dem Brecht-Zitat anzusprechen. Lieber erging sie sich in der für Salem typischen heuchlerischen Verantwortungs-Rhetorik. Der "Südkurier" berichtete damals:

>>'Wie lange währt Schuld, wie lange währt Verantwortung?' stellte Heike Kottmann als Frage in den Raum und moderierte im Anschluss an den Vortrag gemeinsam mit Indra Kinkel die Diskussion.<<

Dabei wäre es für das Schülerpublikum sicherlich weit lehrreicher gewesen, statt über das von Kottman vorgegebenen Besinnungsaufsatz-Thema über die Details der gräflichen Vita zu diskutieren, die K. nicht in den Raum stellte. Zum Beispiel die Tatsache, dass der ordoliberale Hardliner Graf Lambsdorff (Lieblingsspruch: "Gemeinnutz - Eigennutz - Nichtsnutz") im Zusammenhang mit der im November 1983 aufgeflogenen „Pflege der politischen Landschaft“ des Milliardärs Friedrich Karl Flick als amtierender Wirtschaftsminister 1987 wegen Steuerhinterziehung rechtskräftig verurteilt worden war (180.000 DM Geldstrafe), sich dafür aber mit 515.000 DM Prozesskostenhilfe zur Deckung seiner Anwaltskosten aus Mitteln des Bundeswirtschaftsministeriums [sprich: vom Geld des gemeinen Steuerzahlers] trösten durfte. Ein schlagendes Beispiel vollendeten Eigennutzes eines Nichtsnutzes zu Lasten des Gemeinnutzes.

Doch auch so öffneten die in Salemer Ausgeh-Uniform (Blazer, Bluse, graue Hose oder Rock) angetretenen Teilnehmer der abendlichen Fragestunde ihre Herzen und gaben dem Ehrengast Einblick in die geistig-moralische Grundhaltung, die da im lauwarmen Sprühnebel moralinsaurer Salemer Treibhaus-Pädagogik heranreift. So vermerkt der Hofberichterstatter des Südkurier "kritische Schüler-Fragen" vor allem "zu der Notwendigkeit einer Entschädigung für Zwangsarbeiter". Was nicht etwa heißt, dass die Fragesteller letztere für notwendig gehalten hätten. Durch diese werde doch, so die geäußerte Besorgnis des Besserverdienernachwuchses, "die deutsche Wirtschaft benachteiligt". Woran sich der Vorwurf anschloss, "ob es in der Gegenwart nicht dringlichere Aufgaben gebe, als sich um die Vergangenheit zu kümmern".

Wie schön, dass Eigennutz-Nichtsnutz Lambsdorff die Salemer Collegiaten in dieser Hinsicht beruhigen konnte: 75 Prozent der nach zähesten Verhandlungen und erst volle 60 Jahre nach dem Untergang des Dritten Reichs (!!!) zur Entschädigung der wenigen noch lebenden Nazi-Opfer letztlich aufgetriebenen 5 Milliarden Euro "seien direkt oder indirekt aus Steuergeldern finanziert worden", klärte der Graf die "Generation Samtschleife" auf. Und im Übrigen lasse sich mit einem derart popligen Betrag (23 Milliarden Dollar waren zunächt gefordert, 1,5 Millionen DM zunächst angeboten worden) ja ohnehin "volkswirtschaftlich kaum etwas bewegen". Ach so. Na dann.

Zur weiteren Versöhnung mit den dunklen Seiten der deutschen Geschichte erfuhr die hoffnungsvolle Jeunesse dorée dann immerhin noch, dass die Moral nicht nur nach dem Fressen - pardon: dem Spetzgarter Abendbrot - kommt und nicht verjährt, sondern durchaus auch einen nützlichen Tauschwert hat, der sich in Euro und Cent ausdrücken lässt. Beim Bezahlen natürlich lieber in Cent als in Euro, bei der Berechnung des Imagegewinns dagegen umgekehrt. Überhaupt nichts zu zahlen, so mahnte der Ex-Wirtschaftsminister und Rechtsritter des Johanniter-Ordens in diesem Zusammenhang die knickrigen Salemer Bedenkenträger - und schlug damit zugleich einen Bogen zwischen der Moral und deren ökonomischem Nutzen -, hätte zu einem "moralische[n] Defizit" geführt, das "viel schädlicher gewesen" wäre als der Einsatz von 5 Milliarden Euro zur Entschädigung von KZ-Häftlingen sowie Zwangs- und Sklavenarbeitern.

Zum Schluss gab's noch einen unverbindlichen gräflichen Kanzelspruch für den Salemer Schulgottesdienst: "Schuld könne nach Generationen verjähren, Verantwortung für die eigene Geschichte nicht."

Da kann man wohl nur noch einen Aphorismus des Dichters Friedrich Rückert (1788 - 1866) drauf setzen:

"An Sittensprüchen hat der Arge sein Vergnügen,
nicht um danach zu tun, doch um damit zu trügen."

Die altklugen Krämerseelen aus dem "Salem International College" indessen, dessen Eröffnung zur Jahrtausendwende [teuerster privater Schulneubau Deutschlands] sie mit einer denkwürdigen Demonstration unbefangener Geschichtsbewältigung gekrönt hatten und dessen Baugrund durch die unmittelbare Nachbarschaft des einstigen KZ-Außenlagers Überlingen-Auffkirch historisch kontaminiert ist, dürften an Lambsdorffs moralischem Pragmatismus kaum Anstoß genommen haben. Ironie der Geschichte: Die Herrlichkeit ihres im Nürnberger Reichsparteitagsstil erbauten Oberstufendomizils währte nicht länger als die jenes Reiches, dessen "rechte Gespenster" wohl unter der Salemer Elite noch immer umgehen und dessen Opfer zur Spetzgarter Abendbrotzeit unter den anwesenden Nachfahren nur so wenig Empathie auslösten. Nach nur 12-jähriger Schulnutzung musste das internationale College als Studienvorbereitungsanstalt für orientierungslose Abiturienten (nun "Salem Kolleg") umgenutzt werden. Da sich diese "neue Geschäftsidee" ebenfalls nicht rechnet, soll der Prachtbau - wie auch das benachbarte Schloss Spetzgart - demnächst aufgegeben werden!

Spätfolgen (I)

Die Identifikation mit der Elite-Welt einer Schule Schloss Salem prägt natürlich die eigene Weltanschauung und dürfte auch Kottmanns Berufsauffassung maßgeblich beeinflusst haben. Hinter dem Vexierbild einer Schule, die ihre tatsächliche gesellschaftliche Funktion verschleiern muss, nie zu ihrem heimlichen Lehrplan stehen darf, aber immer mehr scheinen muss als sie ist, entwickelt sich ziemlich unkontrolliert jener nassforsche Habitus des Klassenkampfs von oben, der in dieser robusten Form wohl an keiner anderen Nobelschule Deutschlands anzutreffen ist. So verwundern die Umstände nicht, unter denen Kottmann als 26-jährige "Neon-Schreiberin" am 7. September 2010 in der ARD-Talkshow "Menschen bei Maischberger" aufschlug. Der Sender über den Grund ihrer Einladung:

>> "Undankbar und dumm", "Klischees über verkalkte, spießige Alte", "Altersdiskriminierung" - solche heftigen Reaktionen löste die Journalistin ("Neon") mit ihrem neuesten Artikel aus, der die politische Macht der Alten, etwa bei Volksabstimmungen kritisiert ("Was geht es den 75-jährigen Rentner an, ob nachts im Hinterzimmer geraucht wird?"). Viele Entscheidungen gingen zu Lasten der Jungen. "Mit der Seniorenlobby aber will es sich keine Partei verderben", meint Heike Kottmann.<<

Da werden doch spontan Erinnerungen wach an einen TV-Auftritt eines anderen vorlauten Schreibers, Talkshow-Dauergasts und Vortragsreisenden aus dem Salemer Internatsmilieu, den von Kottmann bereits an anderer Stelle erwähnten Salemer Gesamtleiter Bernhard Bueb [alias "Dr. Raab"]. Der war wenige Monate zuvor an derselben Stelle wegen seiner weltfremden Äußerungen über den Salemer Drogenkonsum von Gangsta-Rapper Bushido gegrillt worden.

Mit dieser Salem-typischen Mischung von elitärem Selbstkonzept, sentimentaler Realitätsverleugnung sowie knallharter Imagepflege und Selbstvermarktung betreibt Heike Kottmann nun auch die Promotion ihres "Meine wilden Jahre"-Aufsatzes.

„Als Journalist hat man einen besseren Stand, ein Buch zu verkaufen“, verrät sie am 10.07.2015 in ihrem schwäbischen Hausblatt das Rezept erfolgreicher Selbstvermarktung. Die Premierenlesung inszeniert sie ebenso stilsicher wie werbeträchtig in dem als Vorbild von Schloss Schreckenstein bereits literarisch bestens eingeführten Salemer Unterstufeninternat Schloss Hohenfels, das allerdings - kleiner Wermutstropfen - aus wirtschaftlichen Gründen demnächst geschlossen werden soll (siehe oben). Und zum Dank für die gewährte Gastfreundschaft setzt sie per Zeitungs-Interview ein Konglomerat aller bekannten Pro-Internat-Argumente ab:

"Ich glaube, das Internat ist die beste Schulform, die es gibt. Jeder dort muss sich in einer Gemeinschaft bewähren und unterordnen, das ist eine wertvolle Erfahrung fürs spätere Leben. Ein Kind bekommt im Internat so viele Chancen, sich selbständig zu entwickeln, Verantwortung zu übernehmen und es kann viel besser gefördert werden, als auf einer normalen Schule. Und mal ehrlich, welches Kind träumt nicht davon, ständig Zeit mit seinen Freunden verbringen zu dürfen? Die Freundschaften, die im Internat wachsen, halten lebenslang. Das war für mich immer das Wichtigste. Ich würde das Internat also fast jedem Kind empfehlen - vielleicht nicht unbedingt so einem ganz zarten Sensibelchen, dem wäre das wohl zu ruppig."

Laaaangweilig! Jede Sonderbeilage "Privatschulen und Internate" eines jeden Käseblatts dieser Republik hat dieses Herausforderungs-Gemeinschafts-Bewährungs-Verantwortungs-Förderungs-Chancengebens-und-lebenslange-Freundschaften-Narrativ inzwischen bis zum Überdruss strapaziert. Nur die mindestens ebenso häufig beschworene Erziehung zur Selbständigkeit will unter Internatsbedingungen einfach nicht im behaupteten Maße gelingen. Jedenfalls sind ein differenziertes Urteil und eine kritisch-distanzierte Wahrnehmung der Internatsrealität bei den Damen und Herren "Alumni" (sprich: den Salemer Ehemaligen) kaum feststellbar. Im Gegenteil: Die Ein- und Unterordnung in der internatsuniformierten Gemeinschaft erlaubt offensichtlich nur stereotypes Erleben und ebensolches Erinnern (das eine oder andere Sensibelchen vielleicht ausgenommen). Und diese Tatsache findet sich im "Schwäbische"-Interview mit Salem-Absolventin Kottmann auch sogleich bestätigt:

"Viele Altschüler haben mir Mails oder Nachrichten auf Facebook geschrieben, da waren Abijahrgänge von 1965 bis heute dabei. Fast alle haben geschrieben, dass ich mit meinem Buch auch ihre Erinnerungen getroffen habe. [...] Interessant: Obwohl im Buch mehr als 50 Figuren auftauchen, waren am Ende alle, die sich erkannt haben, zufrieden. Der Gesamtleiter von Salem, Bernd Westermeyer, war sogar auf der Premierenlesung auf dem Hohenfels."

Friede, Freude, Eierkuchen! Bei so viel gleichgeschalteter Oberschichtsozialisation kann man natürlich weder die selektive Funktion einer Reichenschule wie Salem erkennen noch die Schere zwischen der Salemer Stammkundschaft und dem Normalverdienerprekariat in einer Gesellschaft, in der es eben für eine wachsende Zahl von Bürgern normal ist, dass sie immer weniger verdienen, während wenige immer reicher werden. Und erst recht dürften bestimmte Eigenarten der Salemer Subkultur aus dem Blick geraten, etwa die Merkmale des typischen Salemers, dem Schulgründer Kurt Hahn eine Tendenz zur Dekadenz und Lebensuntüchtigkeit zuschrieb, jedenfalls sofern man ihn ausschließlich unter Seinesgleichen aufwachsen lasse, was aber entgegen aller Stipendiaten-Propaganda auch im heutigen Salem noch unbestreitbar der Fall ist. Übrigens hatte Kurt Hahn, der nach Darstellung selbst eng befreundeter Biographen ein hochgradiger Psychopath und gegenüber den braunen Machthabern vollkommen charakterlos gewesen sein soll (und von daher wohl bestens in sein eigenes "Eliteinternat" gepasst haben würde), offensichtlich keine Vorstellung davon, wie perfekt seine dekadente Oberklasse-Kundschaft dank der in Salem gebildeten Seilschaften in der Lage sein würde, ihr Defizit an Lebenstüchtigkeit auch ganz ohne die von Hahn postulierte erzieherische Assistenz einer größeren Zahl von Quoten-Armen zu kompensieren. Zitat Kottmann auf die Frage nach dem bösen Klischee vom "Eliteinternat für reiche Kids":

"Ich muss immer lachen, wenn ich das höre. Über Salem gibt es so viele Klischees und nur wenige treffen zu. Natürlich kommen viele Kinder aus wohlhabenden Familien, aber es gibt auch einen großen Anteil an Stipendiaten, also Kinder aus ganz normalen Familien. Stimmt schon, dass einige Schüler optisch dem Bild der „reichen Kids“ entsprechen, die laufen mit Poloshirt, Segelschuhen und Louis-Vuitton-Handtasche rum, aber wer schon mal die kargen Zimmer im Schloss gesehen hat, weiß, dass da keine Snobs aufgezogen werden. Die meisten Salemer, die ich kenne, sind alles andere als verwöhnt: Die schlafen am Oktoberfest auch mal zu dritt in meinem Wohnzimmer auf der Matratze und überlegen sich zweimal, ob sie sich einen Zehner fürs Hendl leisten wollen."

Ja, so ist das wohl. Nach Jahren der Formung im "Jugendstraflager der Eliten" ("Die Presse") oder später zu dritt auf der kameradschaftlich ausgerollten Gästematratze nächtigend, verschwimmt der feine Unterschied zwischen den salem-typischen Lebenslagen und denjenigen der Restbevölkerung immer mehr. Privilegiert? Ja. Verwöhnt? Aber woher denn? Und wenn man im Wies'n-Zelt - nach harten inneren Kämpfen und mehrmaligen Umdrehen eines Zehners, versteht sich - dann doch das Hendl ordert, fühlt man sich denen ganz nahe, die es an den Tisch schleppen müssen. Das ganze Leben ist ein Mist. Und wir warten, warten, warten. Die einen auf das (groß-)elterliche Erbe, die anderen auf die Altersarmut.

Kottmanns Sehschwäche beim Blick auf die soziale Realität wird vollends deutlich bei der Darstellung der Umstände, die sie nach eigenem Bekunden veranlassten, nein zwangen, ein ganz normales Gymnasium in Ravensburg gegen Salemer Kloster- bzw. Schlossmauern einzutauschen. So heißt es in dem das Autoren-Interview flankierenden Hintergrund-Beitrag der Schwäbischen unter dem Titel "Ein Mitglied der Salemer Gemeinschaft":

"Heike Kottmann besucht eine ganz normale Schule. Doch anders als bei ihren Klassenkameraden hat ihre Familie mehr Geld, ein größeres Haus. Die Folge: Heike Kottmann wird gehänselt, Freunde hat sie keine. Anschaulich beschreibt sie, wie grausam Kinder sein können, wenn sich erst einmal ein Opfer ausgesucht haben. Und man kann ihre Erleichterung beinahe mit den Händen greifen, als sich ihr eine Option eröffnet, ein Fluchtweg aus der verhassten Schule: Salem."

Wie schön, wenn das elterliche Einkommen diese kleinen Fluchten in die soziale Homogenität der glücklicherweise dann doch nicht ganz so normalen privaten Bezahlschule erlaubt. Weiß man sich dort doch sicher vor dem Sozialneid der Proleten , die die kleineren Häuser bewohnen, und schließt vor allem endlich die schönen Goldkinder-Freundschaften, die sich ein Leben lang auszahlen werden. Man kennt sich und man hilft sich. Und man verhilft sich später gegenseitig zu beeindruckenden Lebensläufen, wie dies die Schule Schloss Salem in ihrer Selbstdarstellung als "Mehrwert" offen propagiert. Und nebenbei zeigt man schon mal den "Stipendis", die so zahlreich wie behauptet natürlich gar nicht sind und auch nicht unbedingt Kinder armer Leute, gewisse feine Unterschiede auf. Und weil diese meistens aus derselben Sozialschicht stammen wie die Vollzahler, nur eben zufällig nicht so "erfolgreiche" Eltern haben, erfüllen sie freudig ihre Alibifunktion, weil sie hoffen, dank Salem auch mal zur Elite zu gehören. So können die, die (momentan noch) besser dran sind als die Kostgänger der Stipendienfonds, herzlich über die vielen dummen Klischees lachen, die im Grunde gar nicht oder, wenn ja, dann doch überhaupt nur ein ganz, ganz kleines Bisschen zutreffen.

Spätfolgen (II)

Könnte Kottmann die rosarote Partybrille ihrer Oberklassejugend in der Nobelwohnschule doch nur einen Moment lang ablegen. Sie hätte entdecken können, dass es - „entweder, vielleicht oder doch lieber ja..." auf dem Unterdeck der "Salemer Gemeinschaft" noch die Holzklasse derjenigen mit den weniger ertragreichen "Entscheidungsbäumen" gibt. Diese jedenfalls können ein Lied davon singen, was passiert, wenn die vor dem Sozialneid des Pöbels ins Privatschulparadies Geflüchteten den Spieß umdrehen. Nur schreiben die offensichtlich keine Hanni-und-Nanni-Burg-Schreckenstein-Revival-Bücher. Sie kapitulieren von vornherein gegenüber dem kollektiven Erinnerungsoptimismus ihrer "Kameraden" aus Besserverdienerkreisen, weil sie dagegen eh nichts ausrichten zu können glauben. Ich zitiere zum Abschluss kommentarlos aus der Zuschrift einer Salemer Vollstipendiatin. Der Text spricht für sich und macht zugleich plausibel, warum mich Kottmann nicht nur als Vertreterin einer vorlauten Lifestile-Journalisten-Generation so anödet, die nach dem Abi de luxe in der Reichekinderverwahranstalt "was mit Medien" macht und - Henri-Nannen-Journalistenschule, Emma und Süddeutsche Zeitung hin oder her - das naive Weltbild von BWL-Erstsemestern privater Wirtschaftshochschulen verbreitet. Kottmann ist die Jugend-Vertreterin dieser neuen Aristokratie der Bankauszüge, die das persönliche Fortkommen meint, wenn sie davon spricht, Verantwortung übernehmen zu wollen. Nirgendwo ist dies anschaulicher dokumentiert worden als in dem TV-Beitrag von Eva Müller und Julia Friedrichs aus dem Jahr 2008: "Von Anfang an Elite - Auf den Spuren der Mächtigen von Morgen". Und es zeigt sich hier, dass teure Wohnschulen wie Salem & Co., deren Innenleben Kottman uns hier romantisierend zwischen zwei Buchdeckeln präsentiert wie die überzuckerte Füllung einer Schaumwaffel, nicht so harmlos sind, wie sie erscheinen möchten bzw. die Öffentlichkeit glauben soll. Die Neue Zürcher Zeitung hat die Funktion von "Eliteschulen" als Agenturen des Klassenkampfs von oben bereits vor Jahren scharfsichtig entlarvt. Sie sind Schaltstellen demokratisch weder legitimierter noch kontrollierter Macht, Instrumente zur Organisation geradezu geheimbündlerisch operierender Politik- und Wirtschaftseliten, die den gesamtgesellschaftlichen Focus längst auf die Interessenlage der ohnehin Privilegierten umjustiert haben. Wo infolge der Internatssozialisation die "Gemeinschaft" höher bewertet wird als die Gesellschaft und das Gemeinwohl (Internatsgemeinschaft => parasitäre Seilschaft => archaische Fressgemeinschaft => Privatisierung des gesellschaftlichen Reichtums => globale Ausplünderung sämtlicher Ressourcen), darf man sich über den weltweit organisierten Klassenkampf der Reichen gegen den Rest der Menschheit nicht wundern. Ein Dummkopf, wer sich durch die rosa Zuckerwatte oberflächlicher Internatsabenteuer hierüber täuschen lässt.

Zuschrift einer Salemer Stipendiatin vom 14.06.2013 (Auszüge):

"Ich war 9 Jahre auf der Schule Schloss Salem - es war der Horror und ich habe alles von Begrabschen durch meinen ersten Schulleiter auf Hohenfels über Mobbing und Drogen usw. miterlebt. Ich glaube, das hat mich permanent geschädigt, und ich war immer sehr wütend, das keiner über das, was da abgeht, den Mund auf macht.

In meinen 9 Jahren auf Salem hatte ich nur 4 Lehrer, die man respektieren konnte, die souverän waren, ihren Stoff solide rübergebracht haben und sich nicht von den verwöhnten Fratzen, die da meine Mitschüler waren, haben einschüchtern lassen. Alle anderen waren nur dauernd bemüht, ja nicht auf die falsche Seite zu geraten und es sich mit den "Coolen" , den Cliquenchefs, zu verderben, denn dann wäre der Unterricht fast unmöglich gewesen. So sahen Lehrer seelenruhig zu, wie meine Schulsachen regelmässig aus dem Fenster flogen und anderer Unfug mit mir oder anderen armen Hanseln getrieben wurde.

Komasaufen und anderer Blödsinn war auf der Mittelstufe schon an der Tagesordung - auf der Oberstufe verkam alles zu einem Sodom-und-Gomorrha-ähnlichen Zustand. Jeder schlief mit jedem, zum Alkohol kamen jetzt noch Drogen. Wärend meiner Zeit auf Mittel und Obestufe sah ich mehrere Schüler, die mit mir auf der untersten Hierarchiestufe waren, weil entweder Stipendium, Pickel oder sonst was - die Selbstmordversuche begingen. Magersucht und andere psychische Störungen waren auch ziemlich häufig.

Natürlich werden die fast alle was. Denn ganz egal, ob sie in der Schule oder auf der Uni was taugen, Papi hat ja schon ein erfogreiches Business, da kann man einfach als Chef einsteigen und alles ist super. Leisten muss man dafür nichts. Einige brauchen sowieso nicht zu arbeiten. Da ist schon so viel Geld, dass sie den Rest ihres Lebens damit verbringen können, um den Globus zu jetten und sich gross vorzukommen. Natürlich ist es ein herrvoragendes Aushängeschild für Salem, wenn Firmenbosse und Grafen auf der Liste ihrer ehemaligen Schüler stehen. Wie sie dazu gekommen sind, spielt da keine Rolle.

Ich habe mir oft überlegt, ob ich überhaupt jemals etwas Negatives über Salem schreiben oder sagen kann. Ich habe versucht, mit anderen ehemaligem Mitschülern über die Erfahrungen zu reden, aber das wird abgeblockt. Da will keiner darüber reden, alles wird total unter den Teppich gekehrt und alle sind happy. Es ist, als ob da so eine Art Code existiert, der uns verbietet, jemals ein schlechtes Wort über unser ach so schönes Salem zu verlieren (schön an Salem sind die Burg Hohenfels, das Schloss des Max von Baden und die Umgebung am Bodensee, sonst nichts).

Sie dürfen meine Kommentare gerne verwenden, natürlich bitte anonym."

Neben Kottmanns platter Burg-Schreckenstein-Reloaded-Schaumwaffel-Produktion gibt es also durchaus weniger schönfärberische Erinnerungen, die sich durch eine kritische Grundhaltung bzw. eine nicht so offen apologetische Schreibmotivation auszeichnen. Doch handelt es sich hier um verstreute Berichte ohne literarischen Anspruch. Die längst überfällige große Abrechnung mit dem Salemer Sumpf steht leider noch aus. Das mag daran liegen, dass die verschworene "Salemer Gemeinschaft" noch immer in der Lage ist, mögliche Kronzeugen aus den eigenen Reihen massiv einzuschüchtern. Und Außenstehenden erlaubt man bestenfalls flüchtige oder gelenkte Blicke hinter die Kulissen. In Fragen der Trockenlegung des Sumpfes ist man also weiterhin auf die Frösche selbst angewiesen. Gerade stieß ich auf eine Arbeitsplatz-Bewertung der Schule Schloss Salem auf einem Internet-Portal, die aus interner Sicht den Widerspruch zwischen "tollem Image" und miserablen Arbeitsbedingungen thematisiert. Das wäre mal ein Anfang. Gestern Nacht lief auf "arte" der Episodenfilm "Finsterworld", dessen Drehbuch der Ex-Salem-Schüler und hoch geschätzte Schriftsteller Christian Kracht geschrieben und Krachts Ehefrau, die Filmregisseurin Frauke Finsterwalder, in eine höchst eindrückliche Bildsprache übersetzt hat. Hier tauchen - in relativ verfremdeter Form - die "Gespenster der Salemer Vergangenheit" auf, die Kracht traumatisiert zu haben scheinen. Um dies erkennen zu können, muss der Zuschauer allerdings Salem-Insider sein oder bedarf ausführlicher Hintergrundinformationen.

Eine Episode aus "Finsterworld" beschreibt sehr eindrücklich die mentale Resistenz der Salemer Oberklasse-Jugendlichen gegenüber den Bemühungen ihrer Lehrer und Erzieher, ihnen ein Minimum an Empathie und echter sozialer Verantwortung zu vermitteln. In dem Film stößt ein als ebenso gefühlskalt wie emotional manipulierend gezeichneter Internatsschnösel eine Mitschülerin während einer KZ-Besichtigung in einen der Verbrennungsöfen und schließt sie dort ein. Der um eine moralische Positionierung seiner Schüler ringende Klassenlehrer, der das hysterisch reagierende Mädchen aus dieser Lage befreit, wird wegen sexueller Übergriffigkeit verdächtigt und wandert in Untersuchungshaft, weil der Täter sich nicht zu seiner Tat bekennt, sondern die Situation ausnutzt, um ihn belastende Spuren zu verwischen. Einen anschaulicheren Beleg für die obige Charakterisierung der Elite-Schüler und der als Domestiken agierenden Pädagogen durch eine ehemalige Salemer Stipendiatin kann es kaum geben.

Im dokumentarischen Bereich vermitteln das Buch von Julia Friedrichs, "Gestatten Elite", sowie die TV-Produktionen "Von Anfang an Elite" (Julia Friedrichs und Eva Müller) und Anja Reschkes preisgekrönte "Panorama"-Reportage "Wie Bildung Klassen schafft" durchaus aufschlussreiche Einblicke in Teilbereiche der finsteren Internatswelt am Bodensee, die aber wohl auch nur von Kennern der Nobelschul-Szene richtig gedeutet werden können. Seit kurzem tauchen auch Untersuchungen zu den Wirkungen britischer Eliteinternate auf, die die Salemer Befunde durchaus stützen.

"An englischen Internaten", so heißt es in einem am 01.11.2015 veröffentlichten Beitrag von Welt am Sonntag (Ausgabe 44 / Seite 10) unter der Überschrift "Kalte Klasse", wird traditionell die künftige Elite erzogen. Doch der Mythos bröckelt. Immer mehr Schüler bekennen öffentlich, dass sie lebenslang unter den Folgen der privilegierten Kindheit leiden." Ähnlich stand es vor einigen Monaten im "Spiegel". Dass die psychischen Deformationen infolge des Internatslebens zumindest durch eine qualifiziertere Ausbildung aufgewogen würden, wird durch neueste Untersuchungen jedoch widerlegt.

Fazit und Epilog

Der Zusammenhang zwischen dem Motiv einer Aufwertung des eigenen Lebenslaufs und der Verdrängung bzw. Verleugnung der Salemer Internatsrealität, wird durch ein kürzlich in der Überlinger Lokalpresse veröffentlichtes und erkennbar von der Schule inszeniertes Interview dreier Salem-Schülerinnen mit dem Salemer Gesamtleiter Bernd Westermeyer belegt. Ausgerechnet unter der Überschrift "Vieles ist heutzutage medial gesteuert", was angesichts der hier sichtbaren Manipulation geradezu obszön anmutet, antwortet hier ein berufener Kritiker der Elche auf die den minderjährigen "Journalistinnen" in den Mund gelegte Frage, was denn die Salem-Schüler selbst gegen die hässlichen Vorurteile und Gerüchte tun könnten, die von einer vermeintlich böswilligen und voreingenommenen Journaille verbreitet würden:

"Entscheidend aber bleiben Euer vorbildliches Engagement und Verhalten nach innen und außen – Ihr bestimmt den Wert Eures Salemer Abschlusses gewissermaßen selbst."

Der "Wert des Salemer Abschlusses" steht und fällt ausschließlich mit dem "guten Ruf" der Einrichtung, wie immer der auch zustande gekommen sein mag. Und da die Dinge naturgemäß eben nicht so sind, wie sie sein sollten - das Engagement und Verhalten der Salemer Schüler nach innen und nach außen nicht ausgenommen - wird der "gute Ruf" eben dadurch gesichert, dass man alles, was "nach innen" nicht stimmt, "nach außen" bestreitet und durch eine Art professionelles mediales "Whitewashing" übertüncht. Korpsgeist nennt man das eine, Gegenpropaganda das andere. In Deutschlands dunkelster Zeit schrieb man den Schwur "Recht oder Unrecht - mein Vaterland" von innen an die Lagertore! Wer dieser Maxime zuwider handelt und Einblicke in die Salemer Wirklichkeit vermittelt, wird als Nestbeschmutzer oder "äußerer Feind" wahrgenommen und teilweise mit blindem Hass verfolgt. Lustig nur, dass gerade die engagiertesten Salem-Verteidiger die vermeintlichen "Gerüchte" und "Klischees" oft ungewollt bestätigen. So postet etwa ein noch "aktiver" Salem-Eleve auf der Seite http://wiki.verkata.com/de/wiki/Diskussion:Schule_Schloss_Salem:

>> Die meisten Gerüchte die über Salem im Umlauf sind, stimmen nicht! Wissen Sie, mir liegt sehr viel daran Salem gut zu präsentieren und wieder ins rechte Licht zu rücken. Erst einmal, ich bin von einer Realschule mit notendurchschnitt 3,4 nach Salem gewechselt. Ich habe kein Stipendium bekommen, da ich nicht den Erforderungen nachkommen konnte. Nun, im nächsten Zeugnis auf Salem, einem staatlich anerkannten Gymnasium, habe ich einen Durchshnitt von ca 2,3 gehabt! So geht es vielen Schühlern und Schülerinnen hier, da wir pedagogisch sehr gut betreut sind! Die Klassen sind viel kleiner (manchmal sogar nur 13 Schüler in einer Klasse!!) und dadurch können die Lehrer viel besser auf jeden Einzelnen eingehen und dessen Schwächen fördern! So kommt es auch, dass viele ein Stipendium bekommen da sie wirklich den Notendurchschnitt im Zeugniss vorweisen können! In meinem Jahrgang bei den Mädchen, haben allein 8 von 14 ein Stipendium und von diesen 8 sind 3 Lehrerkinder und nur 1 adeliger Herkunft. Sie können sagen was Sie wollen, aber dieses Beispiel sollte Ihnen zeigen, dass sie etwas falsch mit der Annahme liegen, dass fast nur Adelige oder Leute aus der oberen Schicht auf Salem sind.<<

Ein anderer schreibt unter dem Pseudonym "Blair" am 16.10.2013 an den Verfasser dieses Beitrags:

>> Ihre Berichte über Salem

Sie kleines Wixschwein, ihre Seite beschmutzt Salem im äußersten Maße. Mein Internat, mein Salem ist sehr effizient in vielen Maßen. Das Niveau des Unterrichts ist sehr hoch. Letztes Jahr kam ich nach Salem und mein Englisch war durchschnittlich. Innerhalb von einem Jahr habe ich dieses so sehr verbessert das ich in den englischsprachigen Zweig der Schule wechseln konnte. Sie können jetzt nicht sagen das Salem einfach ein niedriges Niveau hat, weil die Eingangsprüfungen weltweit gleich sind. Bamm. Mein Englisch hat sich wegen der Lehrerin so verbessert. Wir sprachen nur Englisch im Englischunterricht und meine ganze Klasse hat sich vehement verbessert. Ich finde ihre Beschuldigungen gegen Salem empörend. Man kann aus ihren Texten schließen dass sie offensichtlich nie in Salem waren. All die von ihnen beschriebenen Abläufe die angeblich in Salem stattfinden, finden so nicht statt. Sie sind einfach armselig und haben eine Wut auf salem da sie selber nicht dorthin gehen durften und jetzt ein armseliges wütendes Leben führen. Und verzeihen sie bitte mein Deutsch ich habe 13 Jahre lang in Frankreich gewohnt und dort nicht so viel Deutsch gesprochen. Sie sind einfach armselig und verbittert. Sie tun einem ja quasi schon leid sie armes Schweinchen :D!!!!1

Leben sie wohl und belästigen sie Salem nie wieder auch nur in einem ihrer armseligen Leserbriefe auf RP Online, Stuttgarter Zeitung oder sonst was!!! <<

Quelle: http://www.spiegel.de/schulspiegel/abi/internate-und-privatschulen-michael-hartmann-ueber-die-angst-der-elite-a-1015441-druck.html

Frage an den Eliteforscher Michael Hartmann:

"Ist die Qualität des Angebots von Privatschulen und -universitäten das viele Geld wert?"

Die Antwort:

"Nicht unbedingt. Internate wie Salem oder Louisenlund bieten zwar ein intensives Rahmenprogramm mit Sprach- oder Sportkursen. Die Betreuung ist sehr eng, der Stoff wird teils in Einzelstunden wiederholt. Inhaltlich ist die Ausbildung aber gar nicht so viel besser als an normalen Schulen. Soziale Kompetenzen bilden die Kinder dort sogar weniger heraus, da sie abgeschirmt unter ihresgleichen bleiben. Aber klar, von den Netzwerken, die sich dort bilden, profitieren die Absolventen natürlich ab und an."

Quod erat demonstrandum.

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