Startschuss am Gegenteiltag

Neue Engagementstrategie Am 25.01.2016 verkündete das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) ein neues Konzept zur Stärkung der Engagement-Infrastruktur.

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Ich engagiere mich aus Überzeugung ehrenamtlich; seit 35 Jahren im Bereich der Verbraucherberatung [Arbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz im Bildungs- und Erziehungswesen (AVIB) gemn. e.V.] und seit meinem Renteneintritt zusätzlich in den Bereichen „Freiwilligenmanagement“, „Generationenhilfe-Projekte“ und „Alternative Wohnformen für die Generation 60 Plus“. Häufig genug war dies Pionierarbeit – ohne große Verbände oder finanzkräftige Träger im Hintergrund, ohne staatliche Förderprogramme und natürlich ohne Blumenstrauß, Anerkennungsurkunde und Pressefoto mit MinisterInnen, LandrätInnen oder BürgermeisterInnen.

Das Mantra Partizipation

Seit mehr als zehn Jahren hat "Ehrenamtsförderung" auf allen politischen Ebenen Hochkonjunktur. Das "Mantra Partizipation" durchdringt sämtliche Lebensbereiche wie Röntgenstrahlung. Wo der Bürger einst parierte oder bestenfalls parlierte, partizipiert er heute. Zumindest wird dem angeblich mündig Gewordenen "top down" eingeredet, dass er "buttom up" allüberall Mitwirkung einfordere und ihm diese auch gewährt werde.

Meine Grunderfahrung ist nun allerdings die, dass die Trendvokabeln „dialogisch" und "partizipativ“ zwar von Sonntagsrednern jeglicher Couleur und Provenienz bei jeder sich nur bietenden Gelegenheiten gern im Munde geführt werden, zumal sie in Verbindung mit freiwilligem Engagement, zu dem schließlich niemand juristisch gezwungen werden kann, fast tautologischen Charakter haben. Schaut man aber mal hinter die Nebelvorhänge (auto-)suggestiver Wortkaskaden, findet man wenig von dem eingelöst, was kreative und engagementbereite Einzelne an Beteiligungsmöglichkeiten bzw. gezielter Unterstützung benötigen und erwarten dürfen.

Schon bei nur oberflächlicher Internet-Recherche stößt man auf einen wahren Dschungel von Institutionen, Programmen und Projekten, die sich der Generierung von Bürgerbeteiligung verschrieben haben und diverse Zielgruppen zu motivieren oder zu organisieren versuchen. Die Folge dieses Wildwuchses sind allerdings nur allzu oft Parallelstrukturen, deren Fruchkörper auf einem weitgehend unsichtbaren und daher schwer einschätzbaren Myzel von Fördereinrichtungen und Förderangeboten wuchern.

Gießkannen-Prinzip im Förderdschungel

Vorherrschend bei der amtlichen Kultivierung und Pflege des zarten Pflänzleins Bürgerbeteiligung ist das Gießkannenprinzip: Zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig. Es wird vieles angefangen, aber nur weniges nachhaltig entwickelt. Gern propagiert die Politik gerade solche "Modelle" bürgerschaftlichen Engagements, deren Brauchbarkeit im Sinne flächendeckender Lösungen (etwa zur Schließung demografiebedingter Versorgungslücken) im Rahmen der wissenschaftlichen Auswertung besonders geförderter Modellprojekte bereits hinlänglich widerlegt wurde (Beispiel Nachbarschaftshilfevereine, die nur unter Idealbedingungen überhaupt zustande kommen und die sich häufig als zu zeit- und kostenaufwändig, zu bürokratisch, zu unzuverlässig und zu ineffizient erweisen).

Die Gießkannen der Engagementförderung werden gespeist aus einem Wasserkopf von Fehlanreizen, insbesondere überambitionierten Förderprogrammen und Pseudo-Forschungsprojekten, für die EU, Bund und/oder Land nicht selten erhebliche Summen ausloben. Diese begünstigen eine „Förderlandschaft“, die man bildhaft auch als „potemkin’sche Dörfer“ beschreiben könnte, die von den Strohfeuern der Zuschüsse aus EU-, Bundes- und Landesmitteln sowie von einzelnen „Leuchtturmprojekten“ spärlich beleuchtet werden und bestenfalls als Hintergrund dienen, vor dem sich Bundesminister, Landespolitiker, Landräte und Bürgermeister für Wahlkampfbroschüren ablichten lassen. Zuweilen trifft man Vorzeige-Bürger, die anlässlich früherer Ehrungen als leuchtende Vorbilder mit aufs Foto durften. Man erfährt dann, dass die Projekte, für deren Entwicklung und Betreuung sie einst öffentlich belobigt oder gar ausgezeichnet wurden, inzwischen natürlich längst gescheitert sind, an Austrocknung leiden oder eigentlich über das Gründungsstadium nie wirklich hinaus kamen. Man staunt oft auch, wie angesichts bestimmter Förderrichtlinien, die die Zuschussgewährung von dialogisch-partizipativer Bürgerbeteiligung abhängig machen, eben diese schlagartig erblüht wie die üppigen Blumenwiesen, die der erste Regen nach langer Trockenzeit aus dem Wüstenboden zaubert. Und schlagartig verschwindet die ganze Partizipationskultur auch wieder, sobald die Fördertöpfe geleert sind.

Wer fördert eigentlich wen?

Nur um möglichen Missverständnissen vorzubeugen: Natürlich gibt es erfolgreiches ehrenamtliches Engagement nach wie vor. Dies sogar in einem Ausmaß (siehe Flüchtlingshilfe), das viele Prognostiker beschämen muss, die im Zusammenhang mit einem angeblichen Wertewandel gerade erst vor abnehmender Engagementbereitschaft weiter Bevölkerungskreise gewarnt hatten.

Interessant in diesem Zusammenhang: Der Drang der politischen Eliten, sich vor überfüllten Massenunterkünften bei der Ehrung von Bataillonen aufopferungsbereiter FlüchtlingsbetreuerInnen filmen oder knipsen zu lassen, hält sich gegenüber früheren Zeiten erstaunlicherweise in überschaubarem Rahmen. Und das, obwohl gerade diese - in keiner Weise vorhersehbare - Welle selbstloser Hilfsbereitschaft die Politprominenz und eine restlos überforderte Verwaltung vor dem humanitären Super-Gau und einem irreversiblen Ansehensverlust gerettet hat.

"Wir schaffen das!" Aber wer ist "Wir"? Und welche Rolle spielt hier wohl die sog. Engagementförderung? Oder anders gefragt: Wer fördert hier eigentlich wen?

Aber schließen wir unsere ernüchternde Bilanz staatlicher Engagementpolitik zunächst mit dem Hinweis auf ein weiteres Phänomen des parasitären Partizipations-Biotops ab. Auf seinem Humus ersprießt neben den beschriebenen potemkin'schen Partizipations-Projekten nämlich – oft als „wissenschaftliche Begleitung“ getarnt – die berühmt-berüchtigte „Forschungsmittel-Verbrauchsforschung“. Diese ist Teil der Selbstbedienungsstrategien der etablierten Eliten, die die Neue Zürcher Zeitung folgendermaßen beschreibt:

>> Sowohl in der Wirtschaft wie auch in der Wissenschaft binden sich Eliten an exklusiven Kongressen und in Klubs aneinander. Dieser Smalltalk ist wichtig, denn es gilt Projekte, Positionen, Posten oder Forschungsgelder unter sich aufzuteilen. Natürlich wird versucht, den Kreis der Gleichgestellten klein zu halten. Dazu werden subtile Taktiken angewandt. In der Wissenschaft arbeitet man mit einer Seilschaft von eingeweihten Peer-Reviewern (Münch), in der Wirtschaft mit persönlichen Empfehlungen und Hintergrundwissen. Selbstverständlich wird gegen aussen kommuniziert, dass es um die Sicherung der Qualität, die Bewältigung neuer Herausforderungen geht.<<

Eifrig werden durch diesen überflüssigen Forschungszweig Fragen aufgeworfen und beantwortet, die sich dem ehrenamtlich tätigen Normalmenschen in seiner Alltagspraxis vermutlich nie stellen und die daher die Welt nicht braucht.

Neue Denke am Gegenteiltag?

Und nun setzt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) mit einer optimierten Engagementstrategie also neue Schwerpunkte, wie es in der Pressemitteilung Nr. 008/2016 heißt. Die Veröffentlichung erfolgte ausgerechnet an einem als "Gegenteiltag" reichlich erklärungsbedürftigen Gedenktag, wobei sich angesichts der Tatsache, dass ja immer alles mit allem zusammenhängt, der Verdacht aufdrängt, dass dies kein Zufall sein kann. Denn mit dem - wie der Muttertag - aus den USA importierten Datum, im Original "National Opposite Day" geheissen, hat es eine besondere Bewandnis, die ich dem Leser nicht vorenthalten möchte, weil sich hier - zumindest für die Allianz der Willigen - manche Parallelen zu dem oben skizzierten potemkin'schen Partizipations-Förderungs-Fake ergeben.

Pseudowissenschaftliche Erklärungsversuche als natürliche Entsprechung der Forschungsmittel-Verbrauchsforschung bringen den Gegenteiltag mit einer US-amerikanischen Cartoon-Serie in Verbindung, deren Folgen unter dem Titel "Spongebob Schwammkopf" auch in Deutschland ausgestrahlt werden. Ausfluss des subtilen Humors der US-Cartoonisten ist es unter anderem, im Laufe der Serie immer wieder eigene kuriose Feiertage einzuführen, zu denen wohl auch der "National Opposite Day" = Gegenteiltag gehört. Dies ergibt nun allerdings im Hinblick auf die Engagementförderung keinerlei Sinn, zumal nicht einmal der 25. Januar als verbindliches Datum des Gegenteiltages verbürgt ist. Diesen kleinen Schönheitsfehler kann man aber angesichts der Tatsache durchaus vernachlässigen, dass die tatsächlichen Erfolge der Engagementpolitik in absolutem Gegensatz zu dem Aufwand an bedrucktem Papier, gehaltenen Sonntagsreden und vergeudeten Fördermillionen stehen. Ein noch weit tieferer Sinnzusammenhang mit dem Gegenteiltag ergibt sich, wenn man vom "Gegenteil als Begriff und wissenschaftlichem Problem" ausgeht, wie dies die bereits erwähnte Seite "kuriose-feiertage.de" unternimmt. Ich zitiere:

>> Umgangssprachlich bezeichnet das Gegenteil in der Regel eine Sache oder Eigenschaft, die eine Art entgegengesetzte Spiegelung eines gedachten Mittelpunktes verkörpert. Es handelt sich hier also immer um begriffliche Paare wie z. B. groß – klein, dick – dünn, laut – leise, gut – schlecht usw., mit denen jeweils zwei Positionen vom zuvor erwähnten gedanklichen Mittelpunkt beschrieben werden. Dieser Zusatz ist insofern von Bedeutung als beispielsweise das Gegenteil von winzig eben nicht groß, sondern riesig ist. Denn ausgehend von besagter Mitte ist der Abstand zwischen winzig – groß gefühlt wesentlich umfangreicher als es beim gegenteiligen Verhältnis von klein – groß der Fall ist. <<

Damit dürfte eindrücklich nachgewiesen sein, dass die neue Engagementstrategie des Bundesfamilienministeriums überhaupt nur anlässlich des Gegenteiltages am 25.01.2016 publik gemacht werden konnte, "um bürgerschaftliches Engagement mit guten Rahmenbedingungen zu unterstützen, nachhaltig zu fördern und die Anerkennungskultur weiter zu stärken", wie
Staatssekretär Dr. Ralf Kleindiek laut BMFSFJ- Internetredaktion hierzu anschaulich erläuterte. Denn nur an diesem Gedenkdatum ist es möglich, sich ausgehend von der Mitte der Gesellschaft den gefühlt riesigen Abstand zwischen winzigem Effekt und großen Anstrengungen zu vergegenwärtigen.

Ein wichtiges Indiz für den vermuteten Zusammenhang zwischen "National Opposite Day" und "German-Startschuss-Day" ist eine entgegengesetzte Spiegelung eines gedachten Mittelpunktes, wie sie in den nachfolgenden, beherzt vorgetragenen "engagementpolitischen" Positionen der mehrfach erwähnten Pressemitteilung vom 25.01.2016 zum Ausdruck kommt:

Zitat:

  • Wir werden systematischer mit unseren Partnern nach gemeinsamen Lösungen und Vorhaben suchen und diese in einer vertrauensvollen Atmosphäre umsetzen.
  • Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Engagement-Infrastruktur vom Engagementministerium so gefördert wird, dass die finanziellen Mittel auch tatsächlich der lokalen, kommunalen Ebene zugutekommen, also der Ebene, auf der das Engagement stattfindet.

Zitatende

Im Engagementministerium brennt noch Licht

Dies mag auf den ersten Blick ein wenig verklausuliert erscheinen. Doch blitzt hier - nicht nur zwischen den Zeilen - ein gehöriger Funke behördlicher Selbstkritik auf. Offensichtlich hat man erkannt, dass der Suche nach den richtigen Methoden der Engagementförderung bisher die Systematik gefehlt hat und dass die Mittel, die das "Engagementministerium" zur Verbesserung der Engagement-Infrastruktur vorgesehen hatte, "vor Ort" nicht immer, selten oder nie angekommen sind.

Doch wo mit wirkungsvollen Gegenmaßnahmen ansetzen? Was führt aus der Sackgasse bürokratischer Ineffektivität? Seine neue Engagementstrategie, so prahlt Pressemitteilung Nr. 008/2016 des BMFSFJ, sei "in den letzten sechs Monaten dialogisch-partizipativ in mehreren Formaten zusammen mit zahlreichen Vertreterinnen und Vertretern aus Zivilgesellschaft und Wirtschaft erarbeitet und formuliert" worden. Damit ist allerdings eine entscheidende Frage noch nicht beantwortet: Hat in dem beschriebenen partizipativen Dialog das graue Behördenmonstrum, das einst als "Ministerium für Frauen und das ganze andere Gedöns" abgetan wurde, heute aber ein Schlüsselressort repräsentiert, wirklich von den "zahlreichen Vertreterinnen und Vertretern aus Zivilgesellschaft und Wirtschaft" gelernt oder mussten diese sich umgekehrt den dort herrschenden bürokratischen Gepflogenheiten so weit anpassen, dass der Berg zwar kreisste, statt des sprichwörtlichen Mäusleins, was ja für sich schon wenig genug gewesen wäre, gar nur eine engagementpolitische Schnecke geboren hätte?

An dieser Stelle ein kleiner Schnecken-Exkurs: Nicht "die Demokratie" als Herrschaft des Volkes ist eine Schnecke, wie es der ungeduldige Macher Helmut Schmidt und der eher behäbig wirkende Grüne Winfried Kretschmann, der mit dem Projekt Stuttgart 21 seinen eigenen Gegenteiltag erlebt hat, fast gleichlautend beklagten. Sie wird es erst durch übermäßige Bürokratisierung, durch Verrechtlichung und Kontrolle. Und wer sich ehrenamtlich engagiert, möchte zumeist genau diesen bürokratischen Zwängen entgehen. Wäre es anders, könnte er ja gleich Politiker werden oder die Verwaltungslaufbahn einschlagen. Und als Folge stünden die ersten Flüchtlingstrecks aus Syrien wohl noch immer an der Autobahn oder vor verschlossenen Turnhallen.

Staatliche Förderung des bürgerschaftlichen oder zivilgesellschaftlichen Engagements ist vor diesem Hintergrund auch irgendwo ein Paradox, regt doch hier eine bürokratische Instanz von oben (top-down) an, sich als Einzelner "von unten" (bottom-up) einzubringen (= bürgerschaftliches Engagement) oder gar in organisierter Opposition einzumischen (= zivilgesellschaftliches Engagement). Der hier andeutete Unterschied in Motivation und Dimension ehrenamtlichen Tuns prädestiniert das Thema natürlich um so mehr, exakt zur Feier des Gegenteiltages erörtert zu werden (In diesem Zusammenhang sei der Hinweis erlaubt, dass die Begriffe "bürgerschaftlich" und "zivilgesellschaftlich" nicht unrefektiert als Synonyme gebraucht werden sollten!).

Sich an die Regeln der Bürokratie anzupassen, kostet im ungünstigsten Fall Menschenleben, wie man aus vielen Flüchtlingsschicksalen gelernt hat. In jedem Fall aber kostet dies so viel Geduld und Nervenkraft, das ehrenamtliches Engagement leicht frustriert wird. Die vom BMFSFJ jetzt zwecks Effektivitätssteigerung der Engagementförderung partizipativ mit ins Boot geholten Heilsbringer "Zivilgesellschaft" und "Privatwirtschaft" müssen daher höllisch aufpassen, dass ihnen nicht wiederum Strukturen und Handlungsmuster oktroyiert werden, die der Sozialisation der amtlichen Engagementförderer in bürokratischen Apparaten entspringen und deren Konsequenz die weitere Bürokratisierung nun auch des sog. "dritten Sektors" ist.

Ob ausgerechnet eine Riesenbehörde wie das BMFSFJ, das mit einer neu eingerichteten Unterabteilung zum Engagementministerium aufgerüstet werden soll, "um Engagementpolitik in Deutschland fest zu verankern", der richtige Akteur ist, um der Schnecke Bürokratie im Bereich der Engagementförderung Beine zu machen, muss sich erst erweisen. Bedingung wären jedenfalls eine radikale Beschneidung bürokratischer Hierachien und eine Verkürzung der Entscheidungswege. Statt Fördermittel über EU, Bund, Länder, Landkreise und Kommunen sowie eine Unzahl von Organisationen, Programmen und Projekten versickern zu lassen, sollte man die finanzielle Förderung über regionale Stiftungen von der Bürokratie abkoppeln und eine direkte Bezuschussung örtlicher Projekte vornehmen, deren innovative Qualitäten für eine möglichst reibungs- und verlustfreie Umsetzung der für richtig erkannten, gemeinwohlorientierten Ziele bürgen.

Hierbei könnten Expertengremien als übergeordnete Denkfabriken helfen, die die Umsetzbarkeit der vor Ort entwickelten Vorhaben nach sozial- und organisationswissenschaftlichen Kriterien jeweils sorgfältig untersuchen. Die vielversprechensten Lösungsvorschläge und Vorhaben sollten sodann publiziert, zur Nachahmung empfohlen und auf möglichst direktem Wege, d.h. ohne irgendwelche politischen Zwischeninstanzen, mit Zuschüssen für Personal- und Sachkosten unterstützt werden. Ein Beispiel:

Alles Geniale ist einfach

Meine Favoriten auf der örtlichen Ebene wären Freiwilligenzentren/Freiwilligenagenturen, die in unterschiedlichsten Trägerschaften - notfalls sogar als gesponserte Initiativen oder 1-Euro-GmbHs - mit verhältnismäßig geringem Personalaufwand zu realisieren und ökonomisch zu betreiben wären. Sie haben das Potenzial, als Kreativzentren (Denkfabriken) konkret umsetzbare Projekte vor Ort zu entwickeln. Hierbei wäre etwa an Hilfe-Tandems nach dem Patenschaftsmodell zu denken. Mögliche Aufgaben wären etwa die unmittelbare Unterstützung pflegender Angehöriger oder körperlich eingeschränkter, alleinstehender Senioren, eine Hausaufgabenbetreuung für Kinder aus sozial schwachen Familien, Integrationshilfe für Migranten u.v.a.m. Das notwendige Qualitätsmanagement könnte über ein Netz von „Freiwilligenakademien“ (Es gibt genug teilausgelastete Bildungszentren, Feriendörfer, Jugendherbergen usw., wo man diese ansiedeln könnte.) gewährleistet werden. In deren Zuständigkeit läge dann die Aus- und Fortbildung der Leiter von Freiwilligenzentren bzw. die Qualifizierung und der jeweils eingesetzten Paten.

Leitende Fragestellung bzw. hauptsächliches Auswahl- und Förderkriterium der Projekte hätte grundsätzlich zu sein: Wie bringt man Hilfsbedürftige und freiwillige Helfer ohne Umwege miteinander in Kontakt?

Mehr braucht es im Grunde nicht. Alles Geniale sei einfach, heißt es. Bedenkenträgern kann ich nur eines raten: Vergessen Sie alle Strategien zur Stärkung der
Engagement-Infrastruktur, der Anerkennungskultur sowie der Verstetigung und Weiterentwicklung der Freiwilligendienste. Begehen Sie stattdessen alljährlich den Gegenteiltag. Für eine angemessen prunkvolle Gestaltung der Feierlichkeiten in dialogisch-partizipativem Rahmen ist dann ja auch noch genügend Staatsknete aus zahllosen Fördertöpfen abrufbar. Antrag bitte in dreifacher Ausfertigung.

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