Alles Marketing oder was?

Der Kassenvergleich Krankenkassen machen Bonusangebote, einige senken die Beiträge

Mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG) sollen die 359 gesetzlichen Krankenkassen mehr denn je die Möglichkeit bekommen, miteinander in Wettbewerb zu treten. Da es keine wesentlichen Unterschiede im Versorgungsangebot dieser Kassen geben darf, realisiert sich dieser Wettbewerb im wesentlichen über Kundenkommunikation, Zusatzangebote und Bonusprogramme. Mit dem GMG, das ab 1. Januar 2004 in Kraft tritt, haben die Kassen eine Offensive gestartet, um Versicherte an sich zu binden. Diese beinhaltet in erster Linie Bonusangebote und Selbstbehalte, durch die gesundheitsorientierte Verhaltensweisen der Versicherten belohnt werden sollen.

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt kündigte mit dem GMG eine spürbare Senkung der Beiträge auf durchschnittlich 13,6 Prozent an. Darauf lassen sich nicht alle Kassen ein. Von den Gesetzlichen Krankenkassen haben nur 20 eine Beitragssenkung angekündigt.

Der Freitag fragte bei gesetzlichen Krankenkassen nach:

Was bieten Sie Ihren Versicherten ab 1. Januar 2004 an Selbstbehalten und Bonusmodellen?

Werden die Beiträge verändert?


Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK)

Die Allgemeinen Ortskrankenkassen schnüren ihren Versicherten ein Paket aus Selbstbehalten und Bonusmodellen. Gesundheitsbewusstes Verhalten soll mit finanziellen Anreizen belohnt werden.

Beispiel: Wer weniger als 3.825 Euro im Monat verdient, kann eine Selbstbeteiligung von 25 Euro je Arztbesuch mit Folgenkosten und 50 Euro im Krankenhausfall wählen. Maximale Selbstbeteiligung pro Jahr: 250 Euro. Bei mehr verdienenden Versicherten erhöht sich der Selbstbehalt auf 35 Euro. Bei Wahl des Selbstbehaltes erhalten die Versicherten einen Bonus von 100 beziehungsweise 200 Euro. Für die Nichtinanspruchnahme von Leistungen bietet die AOK zusätzlich 10 Euro für das erste, 20 fürs zweite und 30 für das dritte Jahr. Dazu kommt ein "Gesundheitsbonus" von 70 Euro für Vorsorgemaßnahmen und persönliche Gesundheitsaktivitäten. All das bieten die 17 Ortskrankenkassen in Variationen an.

So offeriert die AOK Berlin ihren Versicherten, die an den strukturierten Behandlungsprogrammen AOK- Curaplan zum Beispiel bei Brustkrebs oder Diabetes mellitus Typ 2 teilnehmen, einen Bonus. Patienten, die erstmals im Quartal die Praxis ihres behandelnden Arztes besuchen, bei dem sie sich für das Behandlungsprogramm eingeschrieben haben oder noch einschreiben, sparen die sonst fällige Gebühr von 10 Euro je Quartal.

Die 17 Allgemeinen Ortskrankenkassen haben sehr unterschiedliche Beiträge. Während zum Beispiel die AOK Sachsen zu den Krankenkassen mit den niedrigsten Beiträgen zählt, ist die AOK Berlin einer der Spitzenreiter unter den teuersten Kassen. Die AOK Sachsen wird ihren niedrigen Beitragssatz von 12,9 Prozent stabil halten. Die AOK Berlin behält ebenfalls ihren Beitragssatz bei - 15,5 Prozent.

Mehr unter www.aok.de

Barmer Ersatzkasse (BEK)

Deutschlands größte Ersatzkasse hat ein Bonusprogramm aufgelegt. Dabei können Versicherte Punkte sammeln, die mit Prämien belohnt werden. Das können sein: Gesundheitskurse, Früherkennungs- und Vorsorgeuntersuchungen, aktive sportliche Betätigung in zertifizierten Sportvereinen und Fitnessstudios.

Im Krankenhaus bietet die Barmer Zusatzversicherungen (mit HUK) beispielsweise für Einzelzimmer und Chefarztbehandlung an. Auch Heilpraktikerbehandlung und definierte Heilverfahren, Brillen, Kontaktlinsen und Auslandsreiseversicherungen können abgeschlossen werden.

Chronisch Kranken wird die regelmäßige Teilnahme am Disease Management Programme empfohlen. Diese erhalten nach einem Jahr auf alle nachgewiesenen Zuzahlungen eine Erstattung der Praxisgebühr von maximal 40 Euro.

Freiwillig bei der Barmer Versicherte können Kostenerstattung wählen, erhalten einen jährlichen Bonus und beteiligen sich im Krankheitsfall an den möglichen Kosten.

Die Beiträge werden ab 1. April 2004 auf 14,4 abgesenkt.

Mehr unter. www.barmer.de

Gmünder ErsatzKasse (GEK)

Die GEK ist bereits mehrmals zur "kundenfreundlichsten Krankenkasse" gewählt worden.

Sie hat ihr Bonusprogramm Smile Konto schon im Sommer aufgelegt: Sammeln von Bonuspunkten durch Vorsorge und aktive Betätigung bringt Präsente. Die Kooperation mit einer privaten Versicherung zur Bereitstellung von Zusatzversicherungen ist geplant.

Die Beiträge sinken zum 1. Mai 2004 von jetzt 13,9 auf 13,5 Prozent.

Mehr unter www.gek.de

Knappschaft, die Versorgungskasse für Montanberufe

Sie legt ein Bonusprogramm auf für die Teilnahme an qualitätsgesicherten Präventionsmaßnahmen sowie für das Einschreiben in das Knappschafts-Chronikerprogramm GutDabei. Wer sich in die kasseneigenen Netze der Integrierten Versorgung prosper und profund einträgt, erhält Geldprämien. Zusätzliche Versicherungen werden ebenfalls angeboten.

Die Beträge werden von derzeit 12,9 Prozent (Arbeiter) beziehungsweise 14,3 Prozent (Angestellte) in zwei Stufen um 0,5 Prozent gesenkt.

Mehr unter www.bundesknappschaft.de

Betriebskrankenkassen (BKK)

Die Betriebskrankenkassen sind die drittgrößte Kassenart in Deutschland nach den Orts- und den Ersatzkassen. Es gibt zur Zeit 253 BKK, rund 160 von ihnen sind für jedermann geöffnet.

Der BKK-Verband hat für seine Mitgliedskassen ein Bonusmodell entwickelt, bei dem nicht nur Versicherte, sondern auch deren Arbeitgeber mitmachen können. Auch Betriebe, die sich bei betrieblichen Gesundheitsförderung engagieren, können Bonuspunkte erhalten.

Nachdem es möglich geworden war, seine Krankenkasse frei zu wählen, hatten die BKK auf Grund niedriger Beiträge einen großen Zulauf. Die Beiträge bleiben jetzt bei den meisten BKK stabil.

Mehr unter www.bkk.de

Innungskrankenkassen (IKK)

Die IKK versichern vor allem im Handwerk Beschäftigte. Auch sie haben auf den Sitzungen ihrer Verwaltungsräte Bonusprogramme aufgelegt. Zu Beitragssenkungen kommt es nur vereinzelt. Zwei Beispiele:

Bei den Bonusprogrammen der IKK Nordrhein geht es im ersten Bonusprogramm um die betriebliche Gesundheitsförderung. Dabei können alle Handwerksbetriebe mitmachen. Ziel ist es, unter Mithilfe von Experten vor allem Rückenbeschwerden zu mindern. Wenn dabei festgelegte Ziele erreicht werden, erhält der Versicherte einen vollen monatlichen Mitgliedsbeitrag zurück, der Betrieb seinen Betriebsanteil für jeden IKK-Versicherten der Firma. Ein zweites Bonusmodell will die Teilnahme an den angebotenen Untersuchungen für Kinder (U1 bis U9) verbessern helfen. Wer mit seinem Kind daran teilnimmt, erhält als Prämie eine Schultasche oder eine Fahrradausrüstung.

Bei der IKK Thüringen werden Gesundheitskurse angeboten, bei denen Bonuspunkte gesammelt werden können. Als Ziele winken Sachprämien oder Beitragsrückzahlungen.

Bei der IKK Nordrhein bleibt der Beitrag bei 14,8 Prozent, die IKK Thüringen senkt den Beitrag ab 1. Januar von 13,9 auf 13,5 Prozent.

Mehr unter www.ikk.de

Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK)

Mit zwei umfangreichen Bonusprogrammen - gesundAktivBonus und medAktivBonus - will die DAK ihre Versicherten anregen, gesund zu leben und medizinische Angebote zu nutzen. Beim ersten Programm geht es um gesunde Lebensweise, Bewegung, Teilnahme an Kursen wie Nordic Walking oder Aqua-Fitness, beim zweiten zum Beispiel um die Teilnahme an Präventionsmaßnahmen und entsprechende Vorsorgeuntersuchungen. Prämien im Wert bis zu 100 Euro winken dem, der genügend Punkte gesammelt hat. Beim medAktiv-Programm kann auch die Praxisgebühr erstattet werden, wenn sich der Versicherte beim Hausarzt einschreibt. Die Nutzung von Angeboten der Integrierten Versorgung und die Einschreibung in die Disease Management Programme für Brustkrebs und Diabetes, soweit regional schon möglich, werden ebenfalls belohnt.

Der Beitragssatz wird ab 1. Januar geringer - von 15,2 auf 14,7 Prozent.

Mehr über www.dak.de

Techniker Krankenkasse (TKK)

Die Bonusprogramme prämieren Kursteilnahme und sportliche Betätigung sowie Vorsorgemaßnahmen. Die Disease Management Programme werden von der TKK kritisch bewertet.

Der Mitgliedsbeitrag von 13,7 Prozent bleibt vorerst konstant. Nach dem ersten Quartal wird erneut geprüft, ob eine Beitragssenkung möglich ist.

Mehr über www.tk-online.de

Bundesinnungskrankenkasse (BIG)

Die BIG ist Deutschlands einzige Direktkrankenkasse und kann daher nach eigenen Angaben sehr wirtschaftlich arbeiten.

BIG will neue Tarife anbieten, die auch einen Selbstbehalt oder eine Beitragsrückerstattung möglich machen. Auch Zusatzversicherungen können abgeschlossen werden. Von Bonusprogrammen als Steuerungsinstrument für gesundes Verhalten hält man bei BIG nichts.

Der Beitragssatz von 13,1 Prozent wird zunächst nicht verändert. Nach dem ersten Quartal soll geprüft werden, ob eine Beitragssenkung möglich ist.

Mehr unter www.big-direkt.de

SECURVITA

Die SECURVITA will ab 1. 1. 2004 ihren Beitrag auf 12,9 Prozent senken, was aber noch nicht vom Bundesversicherungsamt genehmigt wurde.

Ein Bonusprogramm ist in Vorbereitung. SECURVITA bietet eine besonders naturheilkundefreundliche Zusatzversicherung für gesetzlich Versicherte an.

Über alle Veränderungen und Neuregelungen des Gesundheitsreformgesetzes informieren unter anderem eine Website des Gesundheitsministeriums unter www.die-gesundheitsreform.de, zu Detailfragen aber auch die Verbraucherverbände und die Stiftung Warentest.


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Der digitale Freitag

Mit Lust am guten Argument

Geschrieben von

Ulrike Baureithel

Redakteurin (FM)

Ulrike Baureithel studierte nach ihrer Berufsausbildung Literaturwissenschaft, Geschichte und Soziologie und arbeitete während des Studiums bereits journalistisch. 1990 kam sie nach Berlin zur Volkszeitung, war im November 1990 Mitbegründerin des Freitag und langjährige Redakteurin in verschiedenen Ressorts. Seit 2009 schreibt sie dort als thematische Allrounderin, zuletzt vor allem zuständig für das Pandemiegeschehen. Sie ist außerdem Buchautorin, Lektorin und seit 1997 Lehrbeauftragte am Institut für deutsche Literatur der Humboldt Universität zu Berlin.

Ulrike Baureithel

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