Am unteren Ende

Gesundheitspolitik Geht es nach Jens Spahn, sollen Pflegekräfte in Zukunft ordentlich entlohnt werden. Doch der Teufel steckt im Detail
Ausgabe 40/2018
Jens Spahn ist der Gesundheitsminister, der etwas für die Pflege tut. Bei allen Vorbehalten sollte man das an­erkennen
Jens Spahn ist der Gesundheitsminister, der etwas für die Pflege tut. Bei allen Vorbehalten sollte man das an­erkennen

Foto: imago/epd

Man kann nicht sagen, dass er untätig ist. Und im Unterschied zu den meisten seiner männlichen Vorgänger hat er erkannt, dass man sich nicht erst mal mit der Ärzteschaft ins Krankenbett legen muss, bis man feststellt, dass einen niemand versorgt. Jens Spahn ist der Gesundheitsminister, der etwas für die Pflege tut. Bei allen Vorbehalten sollte man das anerkennen. Auch wenn andere heute ebenso handeln müssten.

Das in erster Lesung verhandelte Pflegepersonal-Stärkungsgesetz ist 146 Seiten lang. Unter anderem verordnet es Krankenhäusern mehr Pflegepersonal und nimmt es aus dem System der Fallpauschalen. Der Pflegeberuf wird attraktiver, Ausbildungskosten fallen endlich weg, es gibt eine Vergütung. Und es geht an ein Tabu: Auch ambulante Pflege soll künftig nach Tariflohn bezahlt werden. Kein Gotteslohn mehr und auch keine Verdammnis am unteren Ende der Pflegeleiter.

Nach Willen Spahns werden Pflegekräfte demnächst ordentlich entlohnt, im Idealfall im Rahmen eines Flächentarifvertrags, den Verdi schon lange fordert. Krankenkassen und andere Kostenträger könnten Leistungen dann nicht mehr deshalb ablehnen, weil sie – wie im Sozialgesetzbuch vorgeschrieben – „unwirtschaftlich“ sind, und sie deshalb „preisgünstigere“ bevorzugen müssen. Dieses Lohndumping soll es nicht mehr geben.

Das allerdings betrifft nur Patienten, die vom Krankenhaus nach Hause gehen und dort ambulant versorgt werden, wendet die Deutsche Stiftung Patientenschutz ein. Pflegebedürftige, die zu Hause gewaschen und angezogen werden, sind Zuzahler. In diesen Fällen wird nur ein Teil der Kosten erstattet, möglicherweise müssen sie für die Mehrkosten aufkommen. Die Pflegedienste ihrerseits bleiben bei der Abrechnung ohnehin gern unter der Kostenerstattungspflicht, um nicht offenlegen zu müssen, was sie ihren Mitarbeitern bezahlen. Genau diese Transparenz aber fordert das Gesetz. Der Teufel steckt also im Detail. Wer schon einmal die lange Reise mit einem Pflegebedürftigen, den Gutachtern des Medizinischen Dienstes, den Krankenkassen und denjenigen, die tagtäglich vor Ort ihr Bestes tun, mitgemacht hat, weiß das.

Und das Gesundheitsministerium, auch das gehört zum kollektiven Gedächtnis, war noch nie eine Karriereleiter.

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Geschrieben von

Ulrike Baureithel

Redakteurin „Politik“ (Freie Mitarbeiterin)

Ulrike Baureithel studierte nach ihrer Berufsausbildung Literaturwissenschaft, Geschichte und Soziologie und arbeitete während des Studiums bereits journalistisch. 1990 kam sie nach Berlin zur Volkszeitung, war im November 1990 Mitbegründerin des Freitag und langjährige Redakteurin in verschiedenen Ressorts. Seit 2009 schreibt sie dort als thematische Allrounderin, zuletzt vor allem zuständig für das Pandemiegeschehen. Sie ist außerdem Buchautorin, Lektorin und seit 1997 Lehrbeauftragte am Institut für deutsche Literatur der Humboldt Universität zu Berlin.

Ulrike Baureithel

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