Sie sei „eigentlich keine Freundin starrer Quoten“, ließ eine längst vergessene Frauenministerin einmal verlauten. Darin war sie sich einig mit ihrer Vorgängerin im Amt, die selbst ebenfalls über die Doppelquote (Ost und weiblich) in den Bundestag gelangt war. Gleichwohl räumten sowohl Claudia Nolte als auch die Aufsteigerin Angela Merkel damals ein, „dass wir verbindliche Regelungen brauchen“ (Nolte) und „der Frauenanteil mit einer Quote höchstwahrscheinlich steigt“ (Merkel). Das war Mitte der neunziger Jahre, als die Union, von der Quotendebatte getrieben, um ihr lächerliches 30-Prozent-Quorum stritt und Männer wie Helmut Kohl und Peter Hintze innnerhalb der Partei geradezu als Emanzipationsmotoren agierten.
Nun befinden wir uns bereits seit einiger Zeit im 21. Jahrhundert, und noch immer streiten wir über ein Quorum. Dieses Mal geht es um eine halbwegs angemessene Repräsentanz von Frauen in den höheren Etagen der Wirtschaft, in den Aufsichtsräten und Vorständen der Großunternehmen. Hätte die rot-grüne Regierung vor zehn Jahren etwas mehr Biss gezeigt, läge dieses Kapitel längst bei den Akten. Doch die damalige Frauenministerin Christine Bergmann (SPD) knickte vor ihrem Kanzler und den Unternehmerverbänden ein, und es blieb bei der „freiwilligen Vereinbarung“ mit der Privatwirtschaft, den Frauenanteil zu erhöhen.
Mit derlei Absichtserklärungen lässt sich die dünne Luft in den Vorstandsetagen der DAX-Unternehmen jedoch kaum feminin anreichern. In den letzten zehn Jahren hat sich so gut wie nichts getan in Deutschlands Top-Firmen: Von 906 Vorstandsposten sind 29 von Frauen besetzt, und dass sie es in den Aufsichtsräten auf zehn Prozent geschafft haben, ist eher der Arbeitnehmermitbestimmung zu verdanken als der Gleichstellungsfreude der Konzerne. Diversity Manangement – also der gewinnträchtige Einsatz von möglichst vielfältigem „Humankapital“ – ist hierzulande noch nicht angekommen.
Etwas weitsichtigere Politikerinnen wie die EU-Kommissarin Viviane Reding oder Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) versuchen der in dieser Hinsicht retardierten Republik auf die Sprünge zu helfen. Bescheidene 25 bis 30 Prozent aller Führungsposten will von der Leyen bis 2018 von Frauen besetzt sehen und verbindliche gesetzliche Regelungen dafür schaffen. Doch Kristina Schröder fällt nicht nur ihrer innerparteilichen Konkurrentin in den Rücken, sondern auch hinter alle Erkenntnisse ihrer Vorgängerinnen zurück: Die Frauenministerin hasst bekanntlich Quoten und setzt auf die betrieblich „individuelle und selbst bestimmte Pflicht zur Selbstverpflichtung“. Schon allein die Formel schreit nach philosophischer Exegese.
Eine Neuauflage des Zickenkrieges im Unionshaus? Sicher auch – obwohl von der Leyen der jungen Kollegin mittlerweile „die Hand reichen“ will. Doch Schröders Aufholjagd im Hinblick auf politisches Standing und Kinderschar dürfte hoffnungslos sein – egal wie belastet von der Leyen durch die Hartz-IV-Frage sein mag. Dass jedoch ein Land, das in Hundertmeilenstiefeln um den Globus jagt und die Welt mit seinen Produkten beglückt, die eigene Hütte dem finstersten Patriarchat überlässt, ist nicht nur ein Imageproblem, sondern ein Standortnachteil. Das müsste eigentlich vor allem die quotenresistente FDP aufschrecken.
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