Gäbe es keine Arbeitsministerin namens Ursula von der Leyen, die immer wieder mit ihrem großzügigen Ressortzuschnitt überrascht, wäre die Medienresonanz wahrscheinlich bescheidener ausgefallen. So aber wurde beim Treffen zwischen von der Leyen und der zuständigen Kabinettskollegin Kristina Schröder auf der einen und den Personalvorständen der 30 größten Dax-Unternehmen auf der anderen Seite ein Remake des schon eingeübten Zickenkriegs erwartet, unter süffisanter Anteilnahme insbesondere der männlichen Öffentlichkeit.
Zur Wiederaufnahme kam das Stück „Wie hältst du’s mit der Quote?“, mit dem bekannten Besetzungszettel: Familienministerin Kristina Schröder in der Rolle der Naiven, die lockt und charmant an die Ritterlichkeit der Personaler appelliert, von der Leyen wie gewohnt im Part der Heldin, die gegen alle Widerstände das Quotenschwert schwingt und mittels Gesetz durchsetzen will, dass sich der Frauenanteil in den Vorständen und Aufsichtsräten auf mindestens 35 Prozent erhöht.
Den sattsam gedehnten und ausgeleierten Argumenten für und wider die Quote ist kaum mehr etwas Neues abzuringen. Unternehmerische Selbstverpflichtungen stehen immer unterm ökonomischen Kalkül, und die weibliche Selbstkasteiung als „Quotilde“ erfüllt jedes männliche Vorurteil. Wie mag sich eigentlich eine EU- Justizkommissarin wie Viviane Reding, die mit einer europaweiten Quotenregelung droht, vorkommen, wenn ihr Geschlechtsgenossinnen entgegnen, sie wollten nicht als „Quotenfrau“ berufen werden? Und wie soll man es finden, wenn ausgerechnet die Siemens-Personalchefin zu Protokoll gibt, dass ihr Konzern „nichts von einer Quote“ hält, unterstützt von der Hauptgeschäftsführerin des Unternehmerverbandes Gesamtmetall, die dieses Instrument ebenfalls als baren „Unsinn“ abtut?
In einem allerdings legen die Damen den lackierten Finger auf einen matten Punkt: Betrachtet man sich nämlich einmal die Profile der Frauen, die es bereits in den Vorstand eines Dax-notierten Unternehmens geschafft haben, fällt auf, dass die Damen eher mit „weichen“ Ressorts befasst sind: Meist sind sie fürs Personal zuständig wie Brigitte Ederer bei Siemens, Kathrin Menges bei Henkel oder demnächst Marion Schick bei der Telekom oder sie sind für die juristische Sparte vorgesehen (Christine Hohmann-Dennhardt bei Daimler); im Kerngeschäft findet man sie bis auf Claudia Nemat, die das Europageschäft der Telekom übernehmen wird, bislang nicht.
Das hat tatsächlich auch damit zu tun, dass die Ausbildungsströme noch immer geschlechtsspezifisch gesteuert sind und insbesondere in den technischen Feldern wenig weiblicher Führungsnachwuchs zu finden ist. So könnte sich auf der Vorstands- und Aufsichtsratsebene etwas wiederholen, was vom Arbeitsmarkt bekannt ist: Frauen werden in die „soften“ Themen gedrängt, in denen es um Menschenführung geht. Dazu passt das Argument, mit dem unisono den Unternehmen Frauen angedient werden: Dass geschlechtergemischte Führungsetagen nämlich erfolgreicher arbeiteten als rein männliche und den Konzernen zugute kämen. „Ohne die Frauen geht in der modernen Arbeitswelt gar nichts“, sagt Ursula von der Leyen, „sie sind der Schlüssel.“
Dass dieser „Schlüssel“ – von Reding über die beiden streitenden Ministerinnen bis hin zur SPD-Generalin Andrea Nahles – nur noch ins Schloss des Wirtschaftsstandorts Deutschland passen soll, ist das eigentliche Problem dieser Debatte. Würde es darum gehen, ob sich mit Frauen vielleicht anders wirtschaften ließe, müssten wir nicht uns nicht am Politikstil zweier Ministerinnen abarbeiten, die im Grunde dasselbe wollen.
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