Die Einübung der Innenspur

Die Grünen Der Countdown zum Fiskalpakt verläuft für die Grünen-Spitze nicht störungsfrei. Sie erntet in den eigenen Reihen heftige Kritik für den Verzicht auf Grundpositionen
Die Parteispitze konnte nur eine knappe Mehrheit hinter sich sammeln
Die Parteispitze konnte nur eine knappe Mehrheit hinter sich sammeln

Foto: Sean Gallup / Getty Images

Es ist lange her, dass es bei den Grünen so laut gekracht hat wie bei ihrem Sonderparteitag am vergangenen Wochenende. Denn diese Politik ist in den letzten Jahren immer mehr zu einer Mittelstandserhaltungs-Veranstaltung verkommen. Daran hat sich nichts verändert, als man zu Beginn des Jahres entschied, sich zukünftig auch auf Themen wie Soziale Gerechtigkeit und Zukunftssicherung zu konzentrieren. Wer etwa das Hin- und Her in der Debatte um die Aufstockung von Hartz IV-Bezügen verfolgt hat, bekam einen guten Eindruck davon, wie es werden wird, wenn die Grünen je wieder in der Bundesregierung vertreten sind.

Und genau um diese Frage, also ob man sich an einer Regierung beteiligen solle, ging es nun auch im Streit um den Fiskalpakt. Während die Parteivorsitzenden Claudia Roth und Cem Özdemir mehr laut als überzeugend zu erklären versuchten, was die Opposition im Gegenzug für die versprochene Zustimmung zu dem Gesetz der Regierung alles abgetrotzt habe, monierte der EU-Parlamentarier Reinhard Bütikofer, der Fiskalpakt würde die Südländer in den Bankrott treiben. Um das zu verhindern müssten deren Altschulden unbedingt von einem Tilgungsfonds übernommen werden. Außerdem verwahrte er sich unter dem Applaus vieler Delegierter gegen die „Kommando-Allüren“ der Parteispitze.

Die Einheit, die Roth und Özdemir herstellen wollten, um den Bundestagabgeordneten das Ja zum Fiskalpakt abzuringe, ging gründlich daneben: 37 zu 40 Stimmen bei einer Enthaltung sind ein denkbar knappes Ergebnis. Es beweist, dass die grüne Basis noch immer nicht willens ist, ihrer Führung in allen Fragen treu zu folgen.

Mehrheit sei Mehrheit, sprach sich Claudia Roth hinterher trotzdem Mut zu. Sie erwarte Geschlossenheit in der Fraktion und in den von den Grünen mitregierten Ländern. So funktioniere eben Politik, belehrte Renate Künast ihren Parteifreund Bütikofer über den Zwang zum Kompromiss.

Und so, muss geschlossen werden, funktioniert dann auch die Mehrheitsbeschaffung für eine Regierung, in der mancher aus der Grünenspitze gerne wieder Platz nähme. Das wird nun schon einmal eingeübt.

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Geschrieben von

Ulrike Baureithel

Redakteurin „Politik“ (Freie Mitarbeiterin)

Ulrike Baureithel studierte nach ihrer Berufsausbildung Literaturwissenschaft, Geschichte und Soziologie und arbeitete während des Studiums bereits journalistisch. 1990 kam sie nach Berlin zur Volkszeitung, war im November 1990 Mitbegründerin des Freitag und langjährige Redakteurin in verschiedenen Ressorts. Seit 2009 schreibt sie dort als thematische Allrounderin, zuletzt vor allem zuständig für das Pandemiegeschehen. Sie ist außerdem Buchautorin, Lektorin und seit 1997 Lehrbeauftragte am Institut für deutsche Literatur der Humboldt Universität zu Berlin.

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