Faule Bienen?

Agro-Gentechnik Killermilben, Krankheiten und Insektizide bedrohen die Imkerei - der selbst bestäubende Apfelbaum soll die Lösung bringen

Summ, summ, summ, Bienchen summt herum... damit könnte es bald ein Ende haben, glaubt man den ImkerInnn in Deutschland und seinen Anrainerstaaten Schweiz und Belgien. Denn es gibt nicht nur immer weniger Bienen, sondern die vorhandenen sind auch noch faul und regenscheu: Sie verlassen ihren Stock erst, wenn das Thermometer über zehn Grad Celsius steigt und der Himmel seine Schleusen geschlossen hat. In der Bundesrepublik klagen die Imker über hohe Winterverluste, in manchen Bundesländern wie Schleswig bis zu 50 Prozent. Und wenn die Bienchen nicht fliegen und die Pollen von Blüte zu Blüte tragen, das lernen wir schon im Kindergarten, haben nicht nur die Imker das Nachsehen, sondern auch die Landwirte. Deshalb nun der Bienenalarm.

Mögen die sprichwörtlich fleißigen Bienchen auch die 35-Stunden-Woche einüben und in den Schlechtwetter-Streik treten, so liegen die Ursachen für das Bienensterben - rund 13 Milliarden Bienen sind bedroht - doch anderswo. Zum einen macht eine winzig kleine Milbe mit dem sprechenden Namen Varroa destructor den Bienen das Leben schwer: Sie legt ihre Eier in der jungen Bienenbrut ab, an deren Blut sich die Jungmilben gütlich tun. Die schlüpfenden Bienen werden geschwächt, leben kürzer, und sie dienen den parasitären Eindringlingen lebenslang als Wirte.

Doch da der lästige Schmarotzer - der übrigens aus Asien, wo er mit der dort heimischen Honigbiene Apis in durchaus fruchtbarer Symbiose lebt, nach Europa eingewandert ist - hier zu Lande schon seit vielen Jahren bekannt ist, muss es für die dramatische Entwicklung in diesem Jahr weitere Gründe geben. Die Wissenschaftler, die sich kürzlich in Basel auf einer internationalen Krisenkonferenz zusammenfanden, können keine eindeutige Antworten geben. Hat sich die Varroa-Milbe, deren Männchen nach der Zeugung übrigens sterben, in diesem Jahr besonders vermehrt?

Oder ist, wie französische Imker vermuten, das bei der Saatgutbeizung verwendete Insektizid Imidoclopid mit dem Handelsnamen Gaucho der wahre Bienenkiller? Auch der Kaschmir-Virus könnte dafür verantwortlich sein, dass viele Bienen den Winter nicht überlebten. Einig ist man sich, dass die Ursachen vielfältig sind, weshalb die ExpertInnen mehr finanzielle Unterstützung für die Imkerei und eine intensivierte Bienenforschung fordern.

Im belgischen Leuwen allerdings geht man einen anderen Weg. Dort nämlich haben Wissenschaftler Apfelbäume genetisch manipuliert, die sich selbst bestäuben und damit die Honigbiene überflüssig - arbeitslos! - machen. Bereits 160 entsprechende Apfelbäume der Sorte Elstar stehen bereits in den Gewächshäusern der Universität Leuwen.

Bienen fördern oder mit Gentechnik überflüssig machen? Die Agro-Gentechnik hat in Europa einen schweren Stand, weil die Produkte von den Verbrauchern nicht angenommen werden. Selbst jene, die den KonsumentInnen Vorteile bringen würden, sind derzeit nicht auf den Markt zu bringen. Ob sich das bei der zweiten Generation gentechnisch veränderter Pflanzen ändert, ist bislang nicht abzusehen. In Belgien jedenfalls ist der Freisetzungsantrag für die genmanipulierten Apfelbäume von der Zulassungsbehörde abgelehnt worden. Die ForscherInnen reagieren wie gehabt: Zehn Jahre Forschung, so die Klage, sei vernichtet worden, und statt weitere Feldversuche zu beantragen, würden sie nun lieber ins Ausland gehen.

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Geschrieben von

Ulrike Baureithel

Redakteurin „Politik“ (Freie Mitarbeiterin)

Ulrike Baureithel studierte nach ihrer Berufsausbildung Literaturwissenschaft, Geschichte und Soziologie und arbeitete während des Studiums bereits journalistisch. 1990 kam sie nach Berlin zur Volkszeitung, war im November 1990 Mitbegründerin des Freitag und langjährige Redakteurin in verschiedenen Ressorts. Seit 2009 schreibt sie dort als thematische Allrounderin, zuletzt vor allem zuständig für das Pandemiegeschehen. Sie ist außerdem Buchautorin, Lektorin und seit 1997 Lehrbeauftragte am Institut für deutsche Literatur der Humboldt Universität zu Berlin.

Ulrike Baureithel

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