Gefährlicher Weg

NPD Das Verbotsverfahren ist nichts weiter als die übliche Symbolpolitik und birgt einige Risiken
Ausgabe 50/2015
Die NPD wird versuchen, sich als Opfer des Rechtsstaats zu inszenieren
Die NPD wird versuchen, sich als Opfer des Rechtsstaats zu inszenieren

Foto: Johannes Eisele/AFP/Getty Images

Fast 60 Jahre ist es her, dass die KPD verboten worden ist. 60 Jahre lang durften die NPD oder ihre Ableger im Geiste ihr politisches Gift verbreiten, teilweise unterwandert von V-Leuten des Verfassungsschutzes. Das hatte 2003 dazu geführt, dass der erste Verbotsantrag spektakulär gescheitert war.

Der Bundesrat hatte 2013 als alleiniger Antragsteller vor dem Verfassungsgericht einen neuen Anlauf gestartet. Nun ist die erste Hürde genommen. Die obersten Richter erklären, der Verbotsantrag sei „hinreichend begründet“ und wollen im März 2016 das Hauptverfahren eröffnen. Doch die parteiübergreifende Genugtuung löst die mit dem Verfahren und dem möglichen NPD-Verbot verbundenen Dilemmata nicht.

Zunächst ist die Entscheidung des Zweiten Senats keineswegs als Vorentscheidung zu werten. Das Verfahren kann jederzeit abgebrochen werden, wenn sich herausstellen sollte, dass noch immer staatliche Informanten in der NPD unterwegs sind oder die „aggressiv-kämpferische“ Haltung der Partei, die der Bundesrat als Grund vorträgt, für ein Verbot nicht ausreicht. In der Zwischenzeit wird die NPD die juristische Bühne nutzen, um sich als Opfer des Rechtsstaats zu inszenieren. Im Falle eines Verbots wird die Partei die Kampfarena bis zum Europäischen Gerichtshof in Straßburg ausweiten.

Das grundsätzliche politische Problem, die zunehmend rechtslastige und fremdenfeindliche Stimmung in der Bevölkerung, welche die NPD anheizt, kann ein Verbot ohnehin nicht lösen. Denn selbst wenn es keine rechtsextreme Partei mehr zu wählen gäbe, so verschwänden Wut, Frust und das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden, nicht einfach.

Außerdem könnte die Partei auch ohne Verbot ausgetrocknet werden, zum Beispiel durch eine grundsätzliche Veränderung der staatlichen Parteienfinanzierung. Doch daran ist in Berlin niemand interessiert. Keine Frage, die NPD ist eine verfassungswidrige, menschenverachtende Partei. Der Verbotsantrag ist allerdings nichts weiter als die übliche Symbolpolitik von Institutionen, denen außer Repression nichts einfällt. Wird die Überzeugungsarbeit vor dem obersten Gericht nicht mit politischer Überzeugungsenergie vor Ort ergänzt, könnte die NPD am Ende als Sieger aus dieser Auseinandersetzung hervorgehen.

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Geschrieben von

Ulrike Baureithel

Redakteurin „Politik“ (Freie Mitarbeiterin)

Ulrike Baureithel studierte nach ihrer Berufsausbildung Literaturwissenschaft, Geschichte und Soziologie und arbeitete während des Studiums bereits journalistisch. 1990 kam sie nach Berlin zur Volkszeitung, war im November 1990 Mitbegründerin des Freitag und langjährige Redakteurin in verschiedenen Ressorts. Seit 2009 schreibt sie dort als thematische Allrounderin, zuletzt vor allem zuständig für das Pandemiegeschehen. Sie ist außerdem Buchautorin, Lektorin und seit 1997 Lehrbeauftragte am Institut für deutsche Literatur der Humboldt Universität zu Berlin.

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