Wenn es nach dem Willen einiger Gesundheitsökonomen ginge, wäre den angeschlagenen deutschen Krankenhäusern schnell geholfen. Der nicht ganz ernst gemeinte Vorschlag der Experten: Man solle doch einfach einen Pensionsfonds für abgewählte Landräte einrichten. Schließlich seien bei der notwendigen Flächenbereinigung der Kliniklandschaft häufig die größten Bremsklötze eben jene Kommunalpolitiker, die – aus Tradition, aus Prestigegründen oder einfach, weil sie wiedergewählt werden wollen – auch solche Einrichtungen am Leben halten, die defizitär arbeiten oder für die schlichtweg kein Bedarf besteht. Die fälligen Pensionen jedenfalls kämen die Kommunen deutlich günstiger als der Weiterbetrieb der Kliniken.
Weniger spaßig wurde es jedoch, als die Autoren des Krankenhaus Rating Reports, der regelmäßig auf dem Hauptstadtkongress Gesundheit und Medizin vorgestellt wird, ihren jüngsten (auf der Analyse von rund 1000 Einrichtungen basierenden) Bericht öffentlich machten. Denn der Bericht stellt den deutschen Krankenhäusern ein alarmierendes Zeugnis aus: Die wirtschaftliche Lage der deutschen Krankenhäuser habe sich seit 2012 noch einmal spürbar verschlechtert, in bestimmten Regionen schreibe jedes zweite Haus rote Zahlen, bis 2020 könnten 13 Prozent der 2017 deutschen Krankenhäuser in die Insolvenz gehen. In den Flächenstaaten Niedersachsen, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern kämen nach dem Szenario der Gesundheitsexperten also eine ganze Reihe von Landräten auf die Pensionsliste. Denn „je reicher die Kommune, desto unwirtschaftlicher das Krankenhaus“.
Private Erfolge
Der Investitionsstau beläuft sich derzeit auf 15 Milliarden Euro, jährlich müssten 5,4 Milliarden Euro aufbracht werden, um den aktuellen Investitionsbedarf zu decken. Insgesamt, war in den Kongressfluren zu hören, könne man ohne Not auf 300 bis 400 Krankenhäuser verzichten. Das war in etwa die Zielmarke, die der ehemalige gesundheitspolitische Sprecher der SPD, Karl Lauterbach, kurz nach der Bundestagswahl in Umlauf gebracht hatte. Sein Job ging dann an seine Parteikollegin Hilde Mattheis.
Überraschenderweise steht die Kliniklandschaft im Osten erheblich besser da als im Westen, was auch an den dort stark vertretenen privaten Trägern liegt. Denn gegenüber den freigemeinnützigen und mehr noch den öffentlich-rechtlich verwalteten Einrichtungen (insbesondere, wenn sie wenig spezialisiert und in Ketten zusammengefasst sind) wirtschaften Privatkliniken auf den ersten Blick erfolgreicher.
Harald Terpe, gesundheitspolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, der in Mecklenburg-Vorpommern die Gesundschrumpfung der Krankenhauslandschaft erlebt hat, kennt die Hintergründe des ostdeutschen Wegs: In der Wendezeit habe sich relativ rasch herausgestellt, dass die ostdeutschen Krankenhäuser einen Nachholbedarf bei den Investitionen hatten. Im Einigungsvertrag wurde festgelegt, dass die Zahl der Krankenhäuser an den Bedarf angepasst und die verbleibenden Einrichtungen finanzkräftig modernisiert werden sollten. „Ein wichtiges Stichwort war damals noch die Anzahl der Betten, denn vor der Einführung der Fallpauschalen war das ausschlaggebend für die Refinanzierung“, erinnert sich Terpe. Damals sei den Krankenkassen die Möglichkeit gegeben worden, bei der Bedarfsplanung mitzureden. „Dabei hat sich ein kooperatives Miteinander zwischen Ländern und Kassen herausgebildet, das bis heute die Versorgungsplanung bestimmt.“
Ein ähnliches Modell wünscht sich Terpe auch im Westen. Wenn die Krankenkassen den Investitionsstau mitschultern, meint er, sollten sie auch ein Mitspracherecht dabei haben, wohin die Mittel fließen. Denn ausreichend finanzierte Einrichtungen, das ist ein weiteres Ergebnis des Reports, bieten auch mehr Qualität, chronisch unterfinanzierte hingegen müssen beim Personal und der Ausstattung sparen.
Ist der ostdeutsche Weg der Flurbereinigung der Kliniklandschaft also ein Vorbild für den Westen? Oder ist das im Osten kaputtgesparte Gesundheitssystem, insbesondere in der Fläche und bevölkerungsarmen Landstrichen, nicht eher ein Damoklesschwert über den Patienten in Niedersachsen oder Bayern, die mit Recht fordern, wohnortnah in einem Krankenhaus versorgt zu werden?
Hier könnten ein paar Zahlen hilfreich sein: Zwischen 1991 bis 2012 wurde nach Angaben des Sachverständigenrats der Bundesregierung ein Viertel aller Krankenhausbetten abgebaut; das ärztliche Klinikpersonal nahm um die Hälfte zu, das pflegerische um elf Prozent ab, insgesamt arbeiten Krankenhäuser mit über vier Prozent weniger Manpower. Die Zahl der vorgehaltenen Krankenhausbetten schwankt zwischen 538 und 788 pro 100.000 Einwohner. Nordrhein-Westfalen, Hessen und das Saarland weisen die höchste Krankenhausdichte auf, sind also am wohnortnächsten, während die Wege zur stationären Versorgung in den neuen Bundesländern häufig weit sind. Sachsen immerhin, sagte der Chef des Uniklinikums Dresden, Michael Albrecht, auf dem Kongress, verfüge gemessen an der Einwohnerzahl über etwas mehr als die Hälfte der Krankenhäuser wie Nordrhein-Westfalen. Für ihn kein signifikanter Gesundheitsnotstand.
Das sieht Harald Terpe ähnlich: „Wahrscheinlich steckt in den neuen Ländern derzeit zu wenig Geld im Krankenhaus. Aber es gibt keine Belege dafür, von einer schlechteren Qualität auszugehen.“ Die verbreiteten Haustarifverträge in den Privateinrichtungen führten allerdings zu einem niedrigeren Einkommen der Beschäftigten. „Das verstärkt den eklatanten Fachkräftemangel.“ Benachteiligt sei der Osten außerdem durch den im Vergleich zum Südwesten niedrigeren Landesbasisfallwert im Rahmen des DRG-Systems.
Um dem dramatischen Substanzabbau im Krankenhaussektor entgegenzuwirken, plädieren die Autoren des Rating-Reports unter anderem für einen auf Bundesebene angesiedelten Investitionsfonds, der entweder aus der Krankenversicherung oder aus Steuermitteln gefüllt werden müsse. Terpe gibt sich pragmatisch und ruft zumindest kurzfristig die Krankenkassen auf den Plan, um Investitionen zu lenken und Fehlanreize – also auch die Finanzierung überflüssiger Einrichtungen – zu verhindern. Dem Einwand, dass dieser Kraftakt dann ja von der Gemeinschaft der gesetzlich Versicherten zu stemmen wäre, begegnet er mit der grünen Forderung nach der Bürgerversicherung. Aber, ja, solange wir diese nicht hätten, gäbe es da auch „ein gewisses Gerechtigkeitsdefizit, es sei denn, die Investitionsbeteiligung wird auf die Fallpauschalen aufgeschlagen“.
In der Theorie sind sich Gesundheitsökonomen und Terpe sogar einig mit der Gewerkschaft Verdi, die immer wieder für eine bedarfsgerechte Krankenhauslandschaft mobilisiert.
Versorgungsdichte verordnet
Aber woran misst sich, was bedarfsgerecht ist: Erreichbarkeit oder Nachfrage? Qualität oder Wirtschaftlichkeit? Und wie wird sich in 20 oder 30 Jahren der Bedarf entwickeln, je nach Region und demografischer Situation? Ist eine gesetzlich verordnete bundesweite Mindestversorgungsdichte der Heilsweg?
Nach den alters- und geschlechtsspezifisch bereinigten Daten des Sachverständigenrats wurden 2010 in verschiedenen Regionen Deutschlands zwischen 19,1 und 24,3 Fälle pro 100 Einwohner behandelt, wobei die ostdeutschen Flächenländer weit vorne liegen. Dort scheint der Fachärztemangel in der Fläche (oder auch die Tradition der Polikliniken oder einfach die schlechtere Gesundheit der Bevölkerung) zu einer höheren Frequentierung stationärer Einrichtungen zu führen. Die Wissenschaftler warnen, den aktuellen Bedarf zur Messlatte für die Versorgungsdichte zu machen statt den Bedarf der Zukunft. In den meisten Ländern und insbesondere im ländlichen Raum nehme die Zahl der Krankenhausfälle trotz des Bevölkerungsrückgangs zu.
Die zum Thema Krankenhaus eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft hätte, ob mit oder ohne Beteiligung der Krankenkassen, also die Aufgabe, die Zukunft der stationären Versorgung nicht den Selbstheilungskräften eines chaotisch reagierenden Markts zu überlassen, sondern unter Berücksichtigung zukünftiger Szenarien den Bedarf an Krankenhäusern zu planen. Nicht dass die Gesundheitsminister am Ende vor der gleichen Situation stehen wie derzeit ihre Kollegen von der Bildung, die wie in Berlin bei der Schulentwicklung den Zuwachs von ABC-Schützen einfach vergessen haben.
Kommentare 7
Ist denn nicht die grundlegende Frage die, ob Krankenhäuser tatsächlich überhaupt wirtschaftlich zu sein haben?
Daß sie kaufmännisch ordentlich zu führen sind, ist unbestritten. Das meint aber nur, daß sie effektiver Organisationsabläufe bedürfen. Daß Krankenhäuser aber geschäftlich Rendite abwerfen, dafür sind sie nicht da. Sie sind nicht dafür da, um mit Ihnen Mehrwert zu generieren. Sie gehören zur grundsätzlichen Infrastruktur, und diese kann und darf keine wirtschaftlich zu betrachtende Manövriermasse sein.
Das ist der Kern vom Pudel, nicht nur zum Thema Krankenhaus.
Die Ideologie vordergründig "wirtschaftlicher" Betrachtung verdeckt den Blick zu Gunsten von Profitmaximierung und Kapitaldienst.
Das die PF, statt Nutzenmaximierung für Mensch, stets den Kerngedanken abgibt, fällt dem ökonomisch infizierten - ideologisierten Hirn nicht mehr auf.
Die perverse Befriedigung des "scheinökonomischen" Systems folgt einer Eigendynamik die Mensch zum Nutztier macht.
"Ist denn nicht die grundlegende Frage die, ob Krankenhäuser tatsächlich überhaupt wirtschaftlich zu sein haben?"
Gute Frage, ich würde sagen ja, aber nicht profitorientiert.
Das soll jetzt aber keine Wortklauberei sein :o)
Man muss im Sozialbereich mit Budgetplanungen arbeiten, anders geht es nicht, und das Einhalten der Budgetgrenzen hat auch nachrangiges Ziel zu sein. Wenn man aber privat geführten Unternehmen erlaubt, Krankenhäuser zur Profitgenerierung zu betreiben, läuft man Gefahr, dass diese vom nachrangigen zum vorrangigen Ziel wird. Wer darunter leidet, sind die Patienten und die dort Beschäftigten.
"Nach den alters- und geschlechtsspezifisch bereinigten Daten des Sachverständigenrats wurden 2010 in verschiedenen Regionen Deutschlands zwischen 19,1 und 24,3 Fälle pro 100 Einwohner behandelt, wobei die ostdeutschen Flächenländer weit vorne liegen. Dort scheint der Fachärztemangel in der Fläche (oder auch die Tradition der Polikliniken oder einfach die schlechtere Gesundheit der Bevölkerung) zu einer höheren Frequentierung stationärer Einrichtungen zu führen."
Hierzu zwei Fragen. Altersspezifisch bereinigte Daten? Durch die Abwanderung junger Menschen aus den Flächenländern im Osten, dürfte die Bevölkerung dort im Schnitt sehr viel älter sein, als im Westen und in Berlin. Das zieht sich dann ja durch alle Bereiche des Lebens und verhindert einen wirklich aussagekräftigen Vergleich.
Die Differenz zwischen 19,1 und 24,3% beträgt mal gerade 5 Prozentpunkte, da von "weit vorne liegen" zu sprechen, erscheint mir nicht schlüssig.
Öhm, ja, ...öhm
Das erste Zitat stammt von mir, ja.
Die anderen Zitate sind nicht von mir. Entsprechende Fragen sollten Sie wohl besser an die Autorin richten, oder?
Was soll ich schon dazu schreiben, TLacuache?
Maxi Scharfenberg, Heinz, Fahrwax und Gebe, stellen passende Fragen oder nennen Argumente gegen die Art der Betrachtung!
Der Titel ist schon einmal falsch. Es gehörte ein Fragezeichen dazu.
Titel und Teaser werden, wer immer sich das einmal standesgemäß ausdachte, denn auch dafür gibt es keine belegbaren Qualitätsvorteile, meist gar nicht von den Autoren produziert. Was umgekehrt aber auch nicht heißt, Autoren betitelten und beteaserten ihre Beiträge besser, als es die Redaktion könnte.
Es gibt in vergleichbaren Ländern tatsächlich gesündere Landschaften, sogar gesündere Regionen!
Ein kausaler Zusammenhang mit der Krankenhausdichte, der Zahl der Betten oder der des Personals, oder der Krankenhausqualität, wie immer man die messen will, konnte aber bisher, beachtet man das Gebot der Vergleichbarkeit, nirgendwo erbracht werden. - Das liegt zum großen Teil auch daran, dass diese Forschung extrem schwierig ist und komplexe Parameter erfassen muss, die eine wirtschaftliche, aber auch eine rein medizinische Betrachtung, weit übersteigen. - Aber mit der Vagheit von Wissenschaft ergibt sich die Chance für die Ideologie der Politik und der Wirtschaft.
Um im ökonomischen Jargon des Artikels zu bleiben, der ja so sein muss um das ausufernde Thema einmal von dieser Seite in ein paar Zeilen anzugehen: Krankenhausbehandlung lässt sich zentralisieren und spezialisieren, z.B. in Krankenhausverbünden. Das ist keine Frage, das ist erwiesen.
Dabei können intern erhebliche Kosten- und Effizienzsteigerungen erzielt werden und bei einigen wenigen Behandlungen (ganz krass, Frühchenstationen, manche Onkologie, Zentren für seltene Erkrankungen) erzielt man auch deutlich bessere medizinische Ergebnisse, weil, wer das Seltene oder Schwere häufig sieht und behandelt, sicherer darin wird es zu tun und er unter Umständen die Folgen seines Tuns auch besser kontrollieren kann, als wenn der Fall ein akzidentielles Ereignis bleibt.
Ebenso lassen sich Kosten leichter externalisieren, bzw. fallen als individuelle Kosten bei den Kranken oder den Angehörigen an.
Ein simples ökonomisches Beispiel für den letzten Fall: Liegt das Krankenhaus regional, dann erreichen Kranke, wie ihre Angehörigen dieses Haus ohne hohen Aufwand. Sie müssen sich z.B. nicht frei nehmen, um Besuche abzustatten. Angehörige sehen sofort und in der Folge von Tag zu Tag, ob es besser oder schlechter geht. Oft kennt man die Ärzte und Belegärzte, sowie das arbeitende Personal.
In eine ferne Klinik kommen Angehörige seltener und manches Mal gar nicht. In fernen Kliniken hat ein Kranker, in seinem oft schon geschwächten, nicht sehr widerständigen Zustand, nur das Personal des Krankenhauses und nur seine Selbstbeobachtung. Das kann sich sehr negativ auswirken, auch in seiner Rolle und seinem Status gegenüber der Institution, gerade in einer alternden Gesellschaft.
In zentralen Krankenhäusern ist die Erhebung von Fremdanamnesen schwierig, weil man Familienangehörige, Freunde und Bekannte seltener zu fassen bekommt. Viele Krankheiten profitieren von einer engen Verzahnung der ambulanten und der stationären Versorgung. Je zentraler die Einrichtungen, desto schwieriger wird es damit.
Zentrale Einrichtungen, die den Vorteil der großen Zahl bei seltenen Krankheitsbildern genießen, kranken häufig andererseits am anamnestischen Informationsmangel, an der schlechten Rückmeldung aus der Region, was denn längerfristig aus dem Kranken wurde. Sogar die interne Kommunikation unter großen Spezialistenteams an zentralen Einheiten ist oftmals mies.
Das sind alles Dinge, die bei einer betriebswirtschaftlichen Betrachtung völlig wegfallen, aber stille Kosten akut und im nachhinein verursachen und Leid erzeugen.
Z.B. auch: Die meisten An- und Abfahrten von und zu Krankenhäusern leisten Kranke, Angehörige und Sonstige selbst. Sind die Anfahrten lang, hat das massive Auswirkungen auf deren Kosten, deren Arbeit, deren Alltag.
Der Landrat als abzuschaffendes Musterbeispiel, das ist so eine gute Geschichte, die eben nur eine halbe Wahrheit in sich trägt. - Landräte und Politiker wollen gerne in ihrer Region ein Krankenhaus, aus ihren regionalen Gründen. Das ist grundsätzlcih gut, nicht schlecht!
Aber das Krankenhaus am Rande der Stadt oder im Zentrum eines Kreises, ist viel mehr, als nur Kriterium für den politischen Erfolg. Es ist Arbeitgeber, intern und extern, es ist ein Lebensqualitätsgewinn, wie die Polizeiwache vor Ort oder eine eigene Feuerwehr und ein ausreichendes Schulangebot.
Man kann bei allen diesen Insitutionen betriebswirtschaftliche und verwaltungstechnische Gewinne errechnen, zentralisiert man sie. Allein die eingesparten Kosten für Gebäude, deren Unterhalt und deren Betriebskosten, für die Buchführung und Kontrolle durch die öffentlichen Träger! Hallelujah! Da spart man schon die Arbeitsplätze in der (Haupt-)Verwaltung, dem Hauptamt, beim Bürgermeister oder beim Landrat. Meine Güte!
Im KH-Betrieb selbst, kann man die gestiegene Arbeitgeber-Macht gegenüber den abhängig Beschäftigten, die nicht in einem lokalen, regionalen und daher sehr intimen Verhältnis mit den Leitungen arbeiten, in einer ganz anderen Weise ausnutzen. - Wer unter Umständen die Arbeitskräfte jederzeit durch Anwerbungen von weit außerhalb ersetzen kann, der ist da im Vorteil. Ebenso, wenn er viel Zeitarbeits- und Teilzeitverträge anbietet und Festanstellungen unterhalb der absoluten Funktionsleitungsebene möglichst vermeidet. - Die ärztlichen Spitzen und die Wirtschaftsleitung eines großen Krankenhauses verdienen, das ist auch nicht erstaunlich, deutlich mehr!
Noch günstiger kommt es, für bestimmte Bereiche (Küche, Reinigung) große externe Dienstleister zu beschäftigen, die zwar Garantien abgeben und einhalten, aber selbst mit Effizienz niedrigere Kosten erzeugen.
Lange Schreibe, kurzer Sinn:
Zentrale, private Krankenhäuser sind bezogen auf die betriebswirtschaftliche Führung und das Kostenergebnis erst einmal chancenreicher. Die vielen sozialen und externen Kosten laufen nicht vor der medialen Öffentlichkeit auf, sie bleiben medial stumm.
Ich würde jedem Landrat raten, auch denen der dünn besiedelten Kreise, vorzüglich im Osten, um den Erhalt ihrer Krankenhäuser zu kämpfen und dafür auch dauerhaft Defizite in Kauf zu nehmen.
Was aber z.B. einmal bedenkenswert für Kassen und öffentliche Dienstleister, für Ökonomen der Gesundheitsstruktur wäre: Kann man an einem wackelnden Krankenhausstandort gesundheitsmedizinischen Komfort, Convenience und Wellness- Funktionen anbieten? Kann man in der dünn besiedelten und fachärztlich mangelhaft versorgten Fläche, statt Betten in den Häusern, die weiter abgebaut werden müssten, Hotels und ansprechende Tagesversorgung nahe den Kliniken an denen ärztliche und andere Leistungen erfolgen, die es in der Fläche nicht gibt, anbieten? Könnten solche niedrigern Tageskosten dann als Teil der Fallkosten von den Kassen übernommen werden?
Die Fallpauschalen sind und waren nie eine tolle Idee der Gesundheitsökonomen. Sie müssen weg, weil sie auch zur "ökonomischen" Rosinenpickerei verleiten und bestimmte Spezialangebote der KH-Medizin eindeutig bevorteilen.
Ebenso weg, muss das ganze Unwesen der zwischengeschaltene Abrechnungs- und Kontrollinstitutionen und die Zahl der KV muss runter.
Ein Wahnwitz, der zwar Verwalter schwärmen lässt und noch ein paar Tausend Gesundheitsökonomen in Lohn und Brot bringt, aber keinen Fitzel nachweisbarer Qualität ins System einfließen lässt.
Weg auch, mit der Zuständigkeit der Standesvertretung für die Verteilung von Honorarnteilen, hin zur offenen Rechnung, die sozial, von allgemeinen Kassen bezahlt und von diesen auch überprüft werden.
Bei den reinen Kosten für die Krankheiten, die ja von den KVen über Pauschalen zu zahlen sind, ergibt sich übrigens ein völlig anderes Bild, das aber logisch ist: In einem zentralen Krankenhaus der Maximalversorgung fallen die höchsten abrechnungsfähigen Kosten an.
Gerade deren Träger wollen aber an Betten und Personal bei den Allerweltsfällen sparen, die über die neuen Abrechnungspauschalen deutlich benachteiligt werden.
Im Grunde wollen die Kassen, aber auch manche marktwirtschaftliche Politiker, eine größtmögliche ambulante Versorgung, obwohl das von der Alterung der Gesellschaft und von der mangelnden sozialen Einbindung vieler Menschen in enge Familien- und Freundeskreise gedacht, eher zweischneidig ist.
Weil sie glauben, dass mit weniger Betten und weniger Personal die gleichen Einnahmen von den Kassen hereinkommen und die nicht abrechenbaren Betriebs- und Nebenkosten sich so senken lassen, empfehlen Wirtschaftprüfer uns Medizinmanager den Trägern regelmäßig die Betten- und Personalreduktion.
Da stimmt alles, auf der wirtschaftlichen Seite, auf der medizinischen und versorgerischen, der sozialen Seite der Medaille, stimmt es meist aber nicht und vor allem nicht so einseitig.
Nur leider interessiert sich in einer durchökonomisierten Gesellschaft dafür nur noch der arme Landrat, weil er wiedergewählt werden will, nicht jedoch die Betriebsführung und/oder der private Träger eines Krankenhauses.
Mit Herrn Terpe kann man argumentieren, es gäbe keine Belege, dass eine geringere Krankenhausdichte schlechtere Qualität bedeute.
Die gibt es auch deshalb nicht, weil das nicht beforscht wird und wenn Daten ausgewertet wurden, dann waren es die Fallregister für die KH- Abrechnung der Kassen und eben die Geschäftsberichte der Betriebswirte. - Eine qualitative Gesundheitsforschung ist so ziemlich die teuerste und zeitaufwendigste Angelegenheit, die sich forschende Sozialwissenschaftler oder Ministerien die sie beauftragen, leisten könnten, weil dazu mehrdimensional geforscht und Daten erhoben werden müssten, z.B. auch Nachsorgeergebnisse.
Leichter und schneller ist auszurechnen, was Versicherungen, Kommunen. Landkreise und KH-Trägern einsparen können, wenn sie zentralisieren, wenn auf regionale und lokale, stationäre Versorgung verzichtet wird.
Im Grunde aber, ist das gewählte Gesundheitssystem, auch die Art und Weise der KH- Versorgung eine gesellschaftspolitische Entscheidung, -Frau Baureithel schreibt es-, eine Frage des gesellschaftlichen Wollens. Jedenfalls bei uns, wo die dringlichste Not bei Medizin und Gesundheit abgedeckt ist.
Vor allzu vielen Hoffnungen durch Grüne Gesundheitspolitk sei aber gewarnt. Die Grünen haben es schon nicht vermocht, aus der Inwertsetzung der Natur (nach Binswanger) oder der Energie etwas zu machen. Warum soll man ihnen ausgerechnet beim komplexen Thema Krankheit und Gesundheit mehr zutrauen?
Erst braucht es die Grundsicherung und eine allgemeine Krankenversicherung oder gar die individuell kostenlose Gesundheitsvorsorge für alle, ganz ohne Unterschiede, dann kann viel ausprobiert werden.
Die Entwicklungs- und Erneuerungsfonds ("Investitionsstau", besser "Infrastukturzerfall") verschleiern nur, dass gesellschaftlich ein Preis für Gesundheit zu zahlen ist oder aber die Gesellschaft sagt, das ist vor allem eine Aufgabe, die jeder Einzelne nach seinen individuellen Möglichkeiten sich leisten soll.
Gerade Mischformen, so mein Eindruck, erhöhen einerseits die Kosten, wobei das durch die Mischung aus individuellen und privaten, sowie öffentlichen Kosten mutwillig oder eher zufällig, verschleiert wird (Modell USA) und sie benachteiligen andererseits Gruppen der Gesellschaft, die nicht genug individuelle Mittel (Geld, Geist und Gesundheit) an der Hand haben.
In den sehr ausgebauten Mischsystemen wird regelmäßig auch der höchste Anteil der BSP für Gesundheit und Krankheit aufgewendet, ohne dass sich signifikante medizinische Vorteile zeigten, zu Ländern die nur die Hälfte des Anteils oder ein Drittel weniger vom BSP dafür aufwenden. Im Gegenteil: Vor allem jene, die keine Lobby und keine eigenen Reserven haben, leiden in diesen Gesellschaften am meisten, weil die Krankheiten zusätzlich extrem stigmatisieren.
Ost/West Unterschied bei den Behandlungsfällen/100 Einwohnern:
Ja, Altlast, aus den Arbeitsverhältnissen der nun alten (Grundstoffindustrie, Landwirtschaft, Werft- und Schwerindustrie), ehemaligen DDRler und mangelnde Facharztdichte, um z.B. eine Katheter-Untersuchung oder eine Endoskopie ambulant durchzuführen, komlexe onkologische Behandlungsregime durchzuführen (Hier in Rhein-Main, sicher auch in Berlin oder Leipzig, kann man ambulant sogar erstaunlich viel operieren!), bedingen die Unterschiede.
Man müsste einmal vergeichen, ob der Befund von mehr Einweisungen in den bevölkerungarmen Flächen des Ostens, auch auf die KH-Einweisung wg. radiologischer Untersuchungen und/ oder der interventionellen Radiologie zutrifft. Da müssten sich dann deutlische Unterschiede ergeben, weil die Durchleuchter Kisten (Rö,CT,NMR) auch in Schwerpunkt-Praxen in der Fläche sehr gewinnträchtig ausgelastet werden können.
Es gibt aber nicht nur ein West-Ost, sondern auch ein Nord-Süd-Gefälle!
Beste Grüße
Christoph Leusch
Stimmt, ich bin da manchmal nicht so spezifisch und vertraue auf die Intelligenz der Mitleser :o)
Der zweite Teil meines Kommentars war also tatsächlich an die Autorin gerichtet. Nichts für ungut!
http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/kliniken-richten-behandlungsmethoden-laut-studie-nach-profit-aus-a-979485.html
Christoph Leusch