Vor ein paar Jahren unterhielt ich mich mit einem jungen Mann über die Quote. Er sei schon dafür, erklärte er, dass Frauen gleichberechtigt in Führungspositionen kämen. Aber er fände es höchst ungerecht, dass sie grundsätzlich vorgezogen würden und seine Geschlechtsgenossen dadurch weniger Chancen hätten, insbesondere in Bereichen, in denen Frauen ohnehin schon die Mehrheit stellten. Wo genau er denn Frauen in der Mehrheit sähe, fragte ich ihn: in den Kitas oder in der Pflege? Beim Reinigungspersonal oder unter Stewardessen? Und: Wer hielte Mann denn auf, jene Bastionen zu erobern?
Dennoch traf mein Gesprächspartner einen wunden Punkt. Wie viel Frauenförderung ist opportun angesichts der jahrhundertealten strukturellen Benachteiligung von Frauen? Und sind immer nur Frauen das nachhinkende und zu fördernde Geschlecht? Oder müssten auch Männer in die Gleichstellungsregel einbezogen werden? Diese Fragen treiben derzeit die Gleichstellungsbeauftragten der Republik um. Der gemeinsam von Justiz- und Familienministerium vorgelegte Referentenentwurf zur „gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im Öffentlichen Dienst“ schmeckt ihnen nicht. Artikel 2 postuliert nämlich nicht die einseitige Förderung von Frauen, sondern pocht darauf, Benachteiligungen von Frauen und Männern gleichermaßen zu verhindern und beiden den Aufstieg zu ermöglichen.
Wohlgemerkt: Es geht nicht um Jobs in Kita, Schule oder Krankenhaus, sondern um hochdotierte Führungspositionen. Wie häufig haben Frauen dort eigentlich die Mehrheit, sodass Männer sich dadurch diskriminiert fühlen könnten? Außerdem habe die strukturelle Benachteiligung von Frauen, wenden die Frauenbeauftragten ein, überhaupt nichts mit gelegentlicher Unterrepräsentanz von Männern zu tun. Der Entwurf verwässert ihrer Ansicht nach das auf EU-Vorgaben beruhende Gleichstellungsrecht, zumal die Gleichstellungsbeauftragten nicht mehr zwingend am Verfahren beteiligt werden müssen und intervenieren können.
Ob er nicht ein Jota ausgleichende Gerechtigkeit darin sehe, wenn Frauen Männern für eine Weile vorgezogen würden, vorausgesetzt, sie seien entsprechend qualifiziert, fragte ich meinen jungen Diskutanten. „Schon“, quälte er sich heraus. Aber warum müsse er für frühere Ungerechtigkeiten büßen? Na, antworte ich, dann streng dich an, und sei besser. Das müssen Frauen nämlich sowieso.
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