Spätestens seit den Golfkriegen wissen wir, was eines Politikers schlimmster Feind ist: die Blamage. Sind die Figuren erst einmal im k.o.-System aufgestellt, ist der Kompromiss ausgeschlossen, weil es nur einen Sieger geben kann. Die deutsche Sprache kennt das schöne Bild, dass der Blamierte "sein Gesicht verliert". Heißt: Ihm wird die Maske heruntergerissen.
Aktuell lehrt die Politik, dass Gesichtsverlust keineswegs nur männlichem Prestigedenken entspringt. Die Republik besichtigt derzeit eine führende Politikerin mit zunehmend "verrutschtem Gesicht". Seitdem Angela Merkel ihr politisches Geschick mit der Gesundheitspolitik verknüpft hat und ihren Kopf auf die Kopfprämie setzt, gibt es nur noch Sieg oder Niederlage. Das erinnert an antagonistische Widersprüche, die es im Volk (und schon gar innerhalb einer "Volks"partei) eigentlich gar nicht geben darf. Doch statt mit einer feindlichen Regierung steht Merkel seit einem geschlagenen Jahr mit ihrer politischen Schwester CSU im Ring. Deren Leithammel, das ist sicher, will noch einmal alte Rechnungen aufmachen mit der überheblichen Kanzlerin in spe.
Über den unionsinternen Machtkampf hinaus hat die CSU allerdings auch relativ früh erkannt, dass mit einer "Einheitsprämie für alle" keine Wahl zu gewinnen ist. Nicht etwa deshalb, weil sie an sozialistisches Einheits-Einerlei erinnere, das den Staat (über den Sozialausgleich) in eine Bringschuld und das Gesundheitssystem in den Ruin treibe, wie Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer kürzlich menetekelte. Vielmehr ist Gesundheitspolitik zu einem Prüfstein für soziale Kaltschnäuzigkeit geworden, an dem die Leute ihre Volksvertreter derzeit messen. Bleibt die CSU beim Nein, ist die Kanzlerkandidatin bis auf die Knochen blamiert. Fällt die Bayernpartei um, blamiert die sich selbst.
Dabei könnte die Union momentan von der Regierung lernen, wie man k.o.-Systeme meidet: Dem grünen Koalitionspartner verspricht sie die Bürgerversicherung am Sankt Nimmerleinstag, die Wirtschaft entlastet man um 4,5 Milliarden Euro auf einen Streich (in der trügerischen Hoffnung auf neue Arbeitsplätze), die selbstverwalteten Kassen werden gesetzlich zur Beitragssenkung gezwungen, damit die Leute nicht so schnell und schmerzlich darauf gestoßen werden, dass sie für Zahnersatz und Krankengeld nun den Arbeitgeberanteil mitbezahlen müssen. Auch das ist Ausstieg aus der paritätischen Finanzierung der Gesundheitskosten, nur ein bisschen langsamer, ganz so wie es einem Horst Seehofer vorschweben mag. Ob der jetzt in der Arbeitsgruppe von CDU/CSU, die aus dem Knock out doch noch ein O.K. machen soll, mitmischen darf, ist zwischen den Unionisten noch nicht entschieden. Schon wieder eine k.o.-Bredouille. Die lernen´s nie.
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