Er wäre so gerne noch einmal Gesundheitsminister geworden, daran ließ er nie einen Zweifel. Und als er im Sommer 2003 jovial an Ulla Schmidts Seite den mit ausgehandelten Gesundheitskompromiss präsentierte, war das ein bühnenreifes Vorspiel. Als Wiederholungstäter hätte er zeigen dürfen, wie das geht: die Sozialsysteme generationsfest machen, den Arbeitnehmern ein paar Wärmsocken lassen, damit sie in der künftigen sozialen Kälte nicht so schnell erfrieren. Dass daraus nichts werden wird, dürften am meisten wohl die Gesundheitsfunktionäre im Land bedauern, die zuletzt keine Tagung und keine Verhandlung ausließen, ohne Horst Seehofer in intimer Runde als Kompetenzbestie zu loben.
Jetzt hat er aufgegeben, sei es, weil er eingesehen hat, dass die vergoldete Brücke, die Edmund Stoiber ihm aus taktischen Gründen gebaut hat, pauschaler Schwachsinn ist und die Union-Chefin allemal verhindert hätte, dass der Seehofer-Eiter andere Bereiche (Rente, Pflege) infiltrieren würde; sei es, weil er ahnt, dass ein Gesundheitsminister seines Kalibers, den in erster Linie ein gesundes Urteil für schwaches Politikhandwerk auszeichnet und erst in zweiter Linie ein (krankes) Herz für die Kranken, in einer künftigen Bundesregierung gar nicht mehr gebraucht werden wird, jedenfalls nicht in der Union. Das musste, trotz aller Unterschiede in der Sache, ja auch schon Friedrich Merz erkennen. Angela Merkel will augenscheinlich auf "Kompetenz-Teams" à la Stoiber verzichten.
Die Tränen, die derzeit um Horst Seehofers Scheitern vergossen werden, sind ja auch mit Zorn gemischt und gelten Angela Merkels scheinbarem Triumpf. Dass der Mann aus Augsburg es gewagt hat, ihr die Kopfgelder um die Ohren zu hauen, macht ihn zum Sozialhelden. Man sollte bei aller Anerkennung seiner integren Haltung und seiner Verbissenheit aber die Kirche im Dorf und den Seehofer in der CSU lassen, aus der er stammt und gegen deren Politik er ja sonst öffentlich wenig einzuwenden hatte. Was er als Gesundheitsminister plante, hat er nach seiner Rückkehr in die Politik 2002 klar angekündigt, und auch das hätte den Versicherten höhere Selbstbeteiligungen und "Eigenverantwortung" abverlangt; dem Gesundheitsmarkt eventuell auch ein bisschen mehr Effizienz.
Bleibt noch die Frage, ob der Dauerstreit der Union in Sachen Gesundheitspauschale nun entschieden ist. Mit dem "Überdenken" hat Günther Oettinger, der in Baden-Württemberg Ministerpräsident werden will, gerade wieder begonnen. Das neueste Konstrukt auf dem Begriffsmarkt ist die "Bürgerpauschale".
Dass das Nationale mit dem Sozialen zusammengedacht werden muss, haben die Nationalsozialisten vorab am besten begriffen und dem Begriff der "Volksgesundheit" fragwürdige Weihen verliehen.
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