Nicole Kidman, Elton John, Kim Kardashian, Ricky Martin und ungezählte andere, die sich nicht outen, gehören schon zu diesem speziellen Club. Dem Club der Bestelleltern. Ihren Nachwuchs verdanken sie Leihmüttern, die ihr Kind für sie austragen, wobei der Begriff irreführend ist und eher Leihgebärende heißen sollte, denn gerade als Mütter sind diese Frauen ja nicht gefragt. Bis zu 125.000 Dollar legen zahlungskräftige Prominente pro Versuch auf den Tisch. Geht etwas schief, wird das, darf angenommen werden, unter der Decke gehalten.
Man sollte die Vorbildfunktion dieser Promis nicht unterschätzen. Es sind ja keine Bösewichter mit üblen Absichten, die sich auf dem Reproduktionsmarkt bedienen, in diesem Fall eher auf dem liberalen, aber medizinisch und juristisch abgesicherten Kaliforniens als in der Ukraine, wo das Geschäft mit den Leihmüttern boomt. Dorthin gehen Paare, denen es in ihrem Land verboten ist, eine entsprechende Frau anzuheuern, oder die nicht so viel Geld haben, um das Geschäft in den USA abzuschließen. Die Firma BioTexCom in Kiew etwa, die alljährlich auf den Kinderwunschmessen in Berlin und Köln unbehelligt werben darf, fordert nicht einmal 40.000 Euro für solche Dienste („all inclusive Standard“; „Vip“ ist deutlich teurer). Für die austragende Frau fallen für ihre Mühen und beträchtlichen Risiken gerade mal 4.000 bis 6.000 Euro ab, in der Ukraine, wo der monatliche Bruttodurchschnittsverdienst bei unter 350 Euro liegt, allerdings sehr viel Geld.
Vati, Vati, Mutti, Mutti, Kind
BioTexCom ist kürzlich in die Schlagzeilen geraten, nachdem der Fall der dreijährigen Bridget Irmgard Pagan-Entyre bekannt wurde, die 2015 von dem amerikanischen Paar Matthew Scott Entyre und Irmgard Pagan in der Ukraine bestellt, nach der Geburt 2016 aber nicht abgeholt worden war. Das Kind kam in der 25. Woche behindert zur Welt und, so wird kolportiert, beglückte die Eltern nicht mit einem „Hollywood-Lächeln“. Bridgets Zwillingsbruder war schon bei der Geburt gestorben.
Das Kind, nach ukrainischem Recht staatenlos, blieb in einem Waisenhaus zurück, liebevoll betreut, aber ohne ausreichende therapeutische Unterstützung. Der Bericht des australischen Reporterteams, das schon 2014 einen ähnlichen Fall aufgedeckt hatte, löste in den USA eine Spendenkampagne für Bridget aus. Über den Umfang solcher „Warenrückgaben“ ist ebenso wenig bekannt wie über die Zahl der Kinder, die auf diese Weise geboren werden.
Auch deutsche Paare, ob verheiratet oder nicht, hetero- oder homosexuell, sind Teil dieses blühenden Reproduktionstourismus, der innerhalb der EU in Staaten wie Spanien, Tschechien oder Griechenland zu den boomenden, nach gewissen Regeln organisierten Wirtschaftszweigen gehört. In Ländern außerhalb der EU wie der Ukraine herrscht völliger Wildwuchs. Dass auch Deutsche mit von der Partie sind, ermöglicht das Embryonenschutzgesetz von 1990, das unter §1 Abs. 1 die Leihmutterschaft in Deutschland zwar verbietet und entsprechende ärztliche Leistungen, Beratungen oder Vermittlungen unter Strafe stellt, nicht jedoch die auftraggebenden Eltern.Das führt dazu, dass sich seit den achtziger Jahren immer wieder Gerichte damit befassen müssen, welchen Status genetische Eltern und austragende Frauen haben.
Berühmt geworden ist der Fall des „Babys M.“ (für Melanie, der Name, den die Bestelleltern dem Kind gaben), über den 1986 und 1988 zwei US-Gerichte zu entscheiden hatten. Die Leihmutter hatte sich nach der Geburt des Mädchens geweigert, das Kind an die Auftraggeber abzugeben. Der Fall ging bis zum Supreme Court von New Jersey, der entgegen der Vorinstanz entschied, dass Leihmutterschaft nicht in Analogie zur Samenspende zu sehen sei, sondern als eine Form der – verbotenen – kommerziellen Adoption. Heute allerdings handhaben das die verschiedenen US-Bundesstaaten sehr unterschiedlich.
In Deutschland gilt das familienrechtliche Prinzip, dass Mutter ist, wer das Kind austrägt, unabhängig von dessen genetischer Abstammung. Eine in der Ukraine beauftragte Leihmutter ist hierzulande also offiziell Mutter, auch wenn die Bestelleltern versuchen, das Kind legitimieren zu lassen. Das bekräftigte zuletzt im April dieses Jahres der Bundesgerichtshof im Fall eines in Kiew geborenen Kindes, das mittels Eizelle und Sperma eines deutschen Paares gezeugt und in der Ukraine von einer Leihmutter ausgetragen worden war.
Allerdings, und das ist neu, stellte das Gericht den Eltern frei, das Kind zu adoptieren. Würde, wie in den USA üblich, die deutsche Elternschaft noch vor der Geburt registriert werden, ist die Situation anders: Der BGH erklärte 2018 ein schwules Paar aus Berlin zu Eltern: Das Kind stammte von einem der Männer sowie einer gespendeten Eizelle und wurde in den USA von einer Leihmutter ausgetragen.
Diese zugegebenermaßen komplizierten Verhältnisse, die zu unterschiedlichsten familienrechtlichen Konflikten und Verwerfungen führen können, nehmen vehemente Liberalisierungsbefürworter zum Anlass, das bestehende Embryonenschutzgesetz auszuhebeln. Kürzlich hat die FDP-Abgeordnete Katrin Helling-Plahr, im Zivilberuf Medizinjuristin, einen entsprechenden Vorstoß unternommen. Sie forderte nicht nur eine „vollumfängliche Unterstützung von Kinderwunschbehandlungen“ – was die umfassende Krankenkassenfinanzierung meint –, sondern auch die Freigabe der Eizellspende, der Embryonenspende und der nicht kommerziellen Leihmutterschaft. Damit knüpfe sie, so das Positionspapier, an neue Familienkonstellationen an. Eine Mehrelternschaft von bis zu vier Personen soll möglich sein.
Die FDP besetzt das Feld
Damit geht Helling-Plahr sogar über eine Stellungnahme hinaus, die die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina im Sommer auf einer Veranstaltung vorgestellt hatte. Das Credo der Fortpflanzungsfreiheit und der Leidvermeidung kinderloser Paare anstimmend, forderten die Wissenschaftler die Freigabe der Eizellspende – „denn Eizell- und Samenspende ist nichts grundsätzlich Verschiedenes“, so der Jurist Jochen Taupitz –, nicht aber der Leihmutterschaft, über die sich die Initiatoren nicht hatten einigen können.
Es ist immer die gleiche überschaubare Pressure-Group, die sich für die „reproduktiven Freiheiten“ starkmacht: ökonomisch interessierte Reproduktionsmediziner, eine Handvoll Juristen und zwei inzwischen dem Deutschen Ethikrat angehörende Wissenschaftlerinnen. Politisch flankiert wird diese Gruppe von der FDP, die dieses Feld politisch besetzt, nachdem es von den Grünen nicht mehr wie früher in nachdrücklich kritischer Absicht beansprucht wird.
Der sich verändernde gesellschaftliche Geist, die zur Normalität gewordenen Patchworkfamilien und die Vorstellung, unter allen Umständen ein Recht auf ein Kind zu haben, machen selbst die Leihmutterschaft hierzulande inzwischen denkbar. Sogar die Union lässt wissen, dass sie sich einer Debatte über „rein altruistische Leihmutterschaft in Ausnahmefällen“ nicht verweigern würde. Was aber heißt altruistisch? Um den kommerziellen Charakter von Reproduktionsdienstleistungen zu verschleiern, erhalten die jungen Eizellspenderinnen in Spanien nicht etwa ein Honorar, sondern eine nicht unbeträchtliche „Aufwandsentschädigung“. Dahinter steht ein asymmetrisches Geschäftsmodell, das zwischen den Ländern des Nordens und des Südens nur allzu bekannt ist.
Denn in den seltensten Fällen stellen Eizellspenderinnen oder Leihmütter ihren Körper freiwillig zur Verfügung – sie brauchen das Geld. Indien und Thailand haben Leihmutterschaft für ausländische Bestelleltern inzwischen verboten. In der Ukraine steht die Firma BioTexCom vor Gericht, weil sie ukrainische Kinder nach Italien vermittelt haben soll. Die Chancen stehen gut, dass das Parlament bald ein Gesetz verabschiedet, das den Reproduktionstourismus eindämmt.
Kommentare 15
Hach! Nur eine düstere Seite der Medaille wurde vorgestellt, kein Laut von einer hellen Seiten, wie z.B. von einem Buch, das bereits über viel verruchte BioTexCom veröffentlich wurde https://www.amazon.de/Die-Wunschkinder-Verzweiflung-Grenzen-Leihmutter/dp/3877071473
»Ihren Nachwuchs verdanken sie Leihmüttern, die ihr Kind für sie austragen, wobei der Begriff irreführend ist und eher Leihgebärende heißen sollte, denn gerade als Mütter sind diese Frauen ja nicht gefragt.«
Und Sir Elton Hercules John, der Nicht-„Bösewicht mit üblen Absichten“ wird sich sicher zugleich auch das eingekauft haben, was man in allgemeinen Pflegemütter nennt – um es exemplarisch darzustellen. Es ist nicht anzunehmen, dass er – außer vielleicht zu PR-Zwecken – „seine Kinder“ jemals selbst gewickelt hat. Welche Lebensperspektive stellt der alte Mann seinen Kindern eigentlich zur Verfügung.
Der 72-jährige Musiker hat mit seinem Mann David Furnish die beiden Söhne Zachary (8) und Elijah (5) (Stand Mai 2019). – Kinder als Luxusspielzeug!
Oder Michael Jackson, der seinen Kindern nichts anderes anbieten konnte, als eine durch und durch pathologische Lebenswelt, in der man sich kompensatorisch und kaschierend zugleich schließlich alles einkaufen kann. Seine Tochter Paris Jackson ist ein beeindruckender Ausbund an Lebenstüchtigkeit.
»Sogar die Union lässt wissen, dass sie sich einer Debatte über „rein altruistische Leihmutterschaft in Ausnahmefällen“ nicht verweigern würde.« - Zum Totlachen!
* * * * * ! ! !
Danke sehr. Ich möchte Ihre Rückmeldung nutzen, um eine Präzisierung vorzunehmen:
Der 72-jährige Musiker hält sich mit seinem Mann David Furnish die beiden Söhne Zachary (8) und Elijah (5) (Stand Mai 2019). – Kinder als Luxusspielzeug!
»Denn in den seltensten Fällen stellen Eizellspenderinnen oder Leihmütter ihren Körper freiwillig zur Verfügung – sie brauchen das Geld.«
Seit wann ist die Tatsache, dass jemand etwas für Geld macht, ein hinreichendes Kriterium für Unfreiwilligkeit? Und inwiefern hilft es Frauen, die auf das Geld angewiesen sind, und denen ein (vorübergehendes) Leben als Leihmutter offenbar lieber ist als ein Leben in Armut, wenn man ihnen diese Art des Gelderwerbs unmöglich macht?
Ähnlich wie bei Prostitution geht es auch hier nur um die eigene Ideologie und nicht um das Wohl der Frauen, die nicht mal gefragt werden und deren Situation Menschen wie Frau Baureithel vollkommen gleichgültig sein dürfte.
"Der 72-jährige Musiker hält sich mit seinem Mann David Furnish die beiden Söhne Zachary (8) und Elijah (5) (Stand Mai 2019). – Kinder als Luxusspielzeug!"
Das haben Sie wo gelesen/gehört? Kennen Sie die Familie und deren inneren Zustand?
In einem anderen Blog waren Sie es, der Fragen dieser Art stellte (da ging es um's Gretchen).
»In einem anderen Blog« ging es mir darum, die 16-järige Jugendliche Greta Thunberg mit der Besonderheit eines Asperger-Sydroms (einer Behinderung unklarer Genese) und deren Eltern, denen man die Berechtigung zu ihrer Rolle bei FFF absprechen wollte, zu unterstützen, weil ich niemandem das Recht zugestehe, der Jugendlichen und ihren Eltern die Berechtigung am Protest abzusprechen. – Es fällt Ihnen offensichtlich schwer, das zu akzeptieren.
Man fantasierte für die Argumentation eine „Kindesschädigung“ durch die Eltern, ohne einen validen Schaden zu benennen, präsentierte nur Spekulationen.
Der 72-jährige Musiker Sir Elton Hercules John und sein Mann David Furnish bedienen hier ganz überwiegend ihre persönliche Eitelkeit. Der 72-Jährige hat faktisch keine Zukunft mehr und hinterlässt möglicherweise mit 73 zwei Waisenkinder. Das hat für mich die Qualität einer Versündigung am Kind. Hunde kauft man sich auch ein.
Außerdem möchte ich Sie bitten, den gesamten Kontext meiner Wortmeldung zu beachten, und die bezog Michel Jackson als imponierendes Beispiel mit ein. Immerhin hatte der es geschafft, ein „Naturgesetz“ wie den Schlaf/Wach-Rhythmus außer Kraft zu setzen und sich dann ersatzweise einen Narkosearzt als Einschlafhilfe geleistet.
Das Beispiel sollte nur verdeutlichen, wie bescheuert Menschen sein können und welche exotisch/exzessive Stilblüten für die Bedienung ihrer pathologischen Charaktere herhalten müssen.
Wissen Sie, ich kenne noch die Diskussion darüber, geistig behinderten Menschen die Fortpflanzungsmöglichkeit zu nehmen. Doch in Bezug auf die Extremvarianten, wie die, die ich genannt habe, wünsche ich mir einen analogen Diskurs zurück. Ich würde sie auch gleichermaßen davon ausschließen wollen, als Pflege- rep. Adoptiveltern tätig werden zu können.
Ergänzung:
Immerhin geht es hier um den „Akt der Kindeszeugung“. Ich denke, dass das eine andere Qualität hat, als die Beteiligung an einer Protestbewegung, selbst, wenn diese weltumspannend ist.
Elton John wäre nach Prostatakrebs-Erkrankung beinahe gestorben
"Es fällt Ihnen offensichtlich schwer, das zu akzeptieren."
Nö. Diesbezüglich bin ich ganz bei Ihnen.
"Der 72-Jährige hat faktisch keine Zukunft mehr und hinterlässt möglicherweise mit 73 zwei Waisenkinder"
Möglich. Vielleicht lebt er aber auch noch 10 oder 15 Jahre.
"wie bescheuert Menschen sein können"
Das ist ja nun nicht neu. Manche brauchen auch gar nicht bescheuert zu sein, sondern einfach nur am falschen Weltenplatz (Gaza, Bangladesh, Jemen, Irak) Eltern werden.
Btw., Sie wissen doch vermutlich selbst, wieviele Väter und Mütter weit unterhalb des Greisenalters Ihren Kindern die Hölle auf Erden bereiten.
Könnte es nicht trotzdem sein, dass die Rocketman - Familie Ihren Kindern Zuwendung und Sicherheit gab und gibt, wie Sie sich Hunderttausende anderer Kinder nur erträumen können?"Ich würde sie auch gleichermaßen davon ausschließen wollen, als Pflege- rep. Adoptiveltern tätig werden zu können."
Das können Sie natürlich nur theoretisch und Kraft Ihrer Meinung. Praktisch haben Sie (und auch ich) keinen Einfluss darauf, wer wo mit wem Kinder in die Welt setzt.
Was meinten Sie eigentlich hiermit:
"Sir Elton Hercules John, der Nicht-„Bösewicht mit üblen Absichten“ ???
»"Sir Elton Hercules John, der Nicht-„Bösewicht mit üblen Absichten“ ???«
Die Autorin hatte das so ausgedrückt: »Man sollte die Vorbildfunktion dieser Promis nicht unterschätzen. Es sind ja keine Bösewichter mit üblen Absichten, …«
Ich gedachte, mit dieser Formulierung die Ansicht der Autorin zu bestätigen. Ich habe an diesem spinnerten Kerl auch nichts wirklich auszusetzen und ich zweifele auch nicht daran, dass er die Söhne liebt – aber allenfalls wie ein Pflegevater. Doch wissen Sie eigentlich, wie viele Menschen die Frage nach der Herkunft in Psychotherapien treibt?
»Könnte es nicht trotzdem sein, dass die Rocketman - Familie Ihren Kindern Zuwendung und Sicherheit gab und gibt, wie Sie sich Hunderttausende anderer Kinder nur erträumen können?« - Ja, das kann ich, aber es ist trotzdem kein legitimierendes Kriterium.
Ich finde es auch obszön, wenn z. B. Ü70-Jährige mit viel jüngeren Frauen ein Kind zeugen oder Personen, die alle sieben Jahre die Frauen wechseln, Kinder adoptieren. Ich frage mich, wem sie, außer sich selbst damit einen Gefallen tun.
Schauen Sie sich doch mal diese perverse Geschichte an:
Vierlinge mit 65 - wie ist das möglich?
65-jährige Berlinerin mit Vierlingen schwanger!
So etwas gehört zu den Perversitäten unserer Tage: Eine Ausgeburt gesellschaftlicher Sensationslüsternheit.
"Die Firma BioTexCom in Kiew etwa, die alljährlich auf den Kinderwunschmessen in Berlin und Köln unbehelligt werben darf, fordert nicht einmal 40.000 Euro für solche Dienste („all inclusive Standard“; „Vip“ ist deutlich teurer)."
Die Dienstleistungen für Leihmutterschaft in der Ukraine sind ziemlich günstiger als in den USA.
Vierlinge mit 65 - wie ist das möglich?
65-jährige Berlinerin mit Vierlingen schwanger!
Annegret Raunigk war auch die Patientin der Klinik Biotexcom. Es ist schwer, die Absichten dieser Frau zu verstehen.
Das Buch von Jessica Geißdörfer ist interessant, weil sie nicht nur offen über Leihmutterschaft und Klinik sondern auch über ihre Gefühle und Meinungen berichtet hatte.
Darum ist der Leihmutterschaft-Tourismus in der Ukraine sehr gut entwickelt.