Gegen die Twiggy-Show Germany’s Next Topmodel, Animationsvorlage für potenziell essgestörte junge Frauen, laufen Frauenrechtsorganisationen seit Jahren Sturm. Während der Staffel von 2010 reihte sich sogar eine Tierschutzorganisation in die Kritikerinnen ein – weil sich Veranstalterin Heidi Klum nicht entblödet hatte, die auf materielle Selbstauslöschung programmierten Catwalk-Feen mit lebendigen Elefanten und Totenkopfäffchen in den Shoot zu schicken. Offenbar gibt es aber auch die umgekehrte Idiotie: Der deutsche Ableger der amerikanischen Tierrechtsorganisation Peta fahndet derzeit nach „Germany’s Sexiest Vegan 2014“.
Bewerben können sich die „charmantesten und knackigsten“ Veganer, die nicht nur tierisch viel Sexappeal verströmen, sondern sich auch kämpferisch in Sachen Tierrechte outen. Gleichzeitig weiß Peta – im Unterschied zu Klum –, was man der Gender-Front schuldig ist: Gesucht werden neben männlichen und weiblichen Kandidaten auch solche in der Kategorie „offen“ („Transgender und alle, die sich hier besser aufgehoben fühlen“). In ihrer bild- und aussagekräftigen Selbstauskunft sollen die Bewerber*innen – um mit dieser kleinen Hilfestellung auch die korrekte Transgender-Schreibweise nachzureichen – berichten, wie sie Veganer*innen geworden sind und auf welche Art sie sich für Tiere einsetzen.
Ein Casting für die gute Sache also? Affengeile superdünne Jugendliche auf dem Kampfpfad für die vernachlässigte Kreatur? Oder doch eher ein PR-Gag, um das ziemlich ramponierte Ansehen einer fragwürdigen Tierrechtsorganisation, die von sich selbst sagt, nicht dem Schutz von Tieren verpflichtet zu sein, aufzumöbeln? Ja, es klingt paradox, doch die im US-amerikanischen Bundesstaat Virginia ansässige Mutterorganisation ist vergangenes Jahr heftig in die Schlagzeilen geraten. Der Vorwurf: Statt ausgesetzte und streunende Tiere zu schützen und an aufnahmewillige Interessenten zu vermitteln, würden die Hunde und Katzen massenhaft „möglichst schmerzlos“ getötet. Über 90 Prozent der bei Peta abgegebenen Tiere, behauptete der amerikanische Tierschützer Nathan Winograd, gingen diesem Schicksal entgegen. Finanziert würden die Tötungen von gutgläubigen Tierfreunden, die die Organisation mit Spenden versorgen. Peta verteidigte sich damit, dass sie nicht vermittelbaren Tieren einen langen, qualvollen Aufenthalt im Heim ersparen wolle.
Der Genuss von Hunde- und Katzenfleisch ist in unseren Breiten bekanntlich degoutant; veganes Leben schützt bedrohte Haustiere also nicht. In diesem Fall besteht die gezielte Irreführung allerdings darin, dass Peta Veganismus mit Sexismus verknüpft. Die Entscheidung, Veganer*in zu werden, hat mit politischer Überzeugung zu tun und nichts mit sexistischer Körperzurichtung. Insofern befördert die „Germany’s Sexiest Vegan“-Kampagne eher den begründeten Verdacht gegen Peta, als ihn zu zerstreuen.
Was ist Ihre Meinung?
Kommentare einblendenDiskutieren Sie mit.