Was ein politisches Ehrenwort wert ist, wissen wir genau. Das zweifelhafte Ehrenwort von Helmut Kohl, der bei seiner Mannesehre nichts von anonymen Parteispendern wissen wollte, hat uns ja erst in die Lage gebracht, in der wir jetzt stecken. Mit der Parteispendenaffäre begann Angela Merkels politischer Aufstieg. Und nun also wieder so ein Ehrenwort, diesmal blaublitzenden Auges von Horst Seehofer: Nein, mit der CSU werde es keine Steuererhöhungen geben. Darauf gebe er sein Wort.
Solche Grätschen nach Berlin ist man aus Bayern gewohnt, und seit dem CSU-Sieg dort platzt Seehofer aus allen virilen Nähten. Doch es sind vor allem die übrigen Koalitionäre in spe, die dazu die Vorlage geliefert haben. Nichts scheint derzeit so brisant wie die Frage, ob sich die SPD mit ihrer Forderung nach Erhöhung des Spitzensteuersatzes und der Wiedereinführung der Vermögenssteuer zur Finanzierung drängender Infrastruktur- und Zukunftsprobleme wird durchsetzen können. Den Grünen als möglicher Juniorpartner traut man das ohnehin nicht zu.
Geht die Union in irgendeiner Form darauf ein, betrügt sie ihre Wähler. Damit ist das in Koalitionsgesprächen „natürliche“ Kräftemessen noch immer ein Werben.
Auffällig ist, dass in der Debatte nicht mehr so recht klar wird, wovon eigentlich gesprochen wird, wenn Steuer gesagt wird: Die SPD und die Grünen meinen wohl den Spitzensteuersatz; der Union könnte es bei einem Deal aber auch um die Aufweichung der kalten Progression gehen, an der schon die FDP gescheitert ist. Und auch wenn sich Finanzminister Schäuble anders äußert: Geldbedarf hat der Staat immer.
Sollen die Koalitionsgespräche also nicht schon im Vorfeld platzen, will die Union gleichzeitig den Wähler nicht hintergehen und die SPD ihr Gesicht wahren, muss irgendwie an der Steuerschraube gedreht werden. Glücklicherweise gibt es da noch die Mehrwertsteuer, die sich nach oben treiben lässt. Etwa in die Zonen unserer Nachbarn, die in Polen mit 23 oder in Dänemark gar mit 25 Prozent dabei sind, davon allerdings häufig auch die Sozialsysteme mitfinanzieren. Soll, was für Griechenland billig ist, nicht auch die Deutschen treffen können?
Für die Unternehmen wäre das kein allzu großes Problem, denn als durchlaufender Posten bekommen sie das Geld zurück. Die Dummen sind wir Endverbraucher, und darunter insbesondere die sozial benachteiligten Schichten, denen es nichts nützt, Kassenbons zu sammeln. Mit sozialem Ausgleich hätte die Erhöhung der Mehrwertsteuer jedenfalls nichts zu tun, und vielleicht würde einer Großen Koalition damit eine ähnlich unrühmliche Entwicklung zuteil, wie sie gerade in Österreich zu besichtigen ist.
Inwieweit die bayrische Losung „mit uns keine Steuererhöhungen“ auch für die Mehrwertsteuer gilt, bleibt noch abzuwarten. Zusammen mit der Pkw-Maut käme immerhin ein ganz hübsches Sümmchen zusammen, um den Freistaat und seine CSU weiter zu mästen. Es kann aber auch sein, dass Seehofer alpine Höhen zwischen den Koalitionären aufgeschichtet hat, die keiner mehr erklimmen kann. Dann könnte auf den östlichen Höhen am Ende doch noch die rote Sonne aufgehen, die die grünen Pflänzchen bescheint.
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