Royale neue Weiblichkeit

Frauensache Ein Junge! Kates Babybauch, ihre Protokolltreue bis kurz vor der Entbindung und das Gerede um ihre Gesundheit zeigen: Selbstoptimierer sind die besseren Schwangeren
Ausgabe 29/2013
Royale neue Weiblichkeit

Foto: WPA Pool/Getty

An dieser Stelle halten wir Sie ab sofort über den royalen Babybauch auf dem Laufenden“, versprach ein Online-Portal Anfang Juli seiner Leserschaft. Da war Kates Babybauch schon sieben Monate lang medial begutachtet und vermessen und das Baby, damals noch ungeboren, auf Platz drei der englischen Thronfolge aufgerückt - es war zum öffentlichen Gut geworden. Wir wurden nicht nur informiert über Kates wachsendes Bäuchlein, ihren Gesundheitsstatus und ihre Schwangerschaftsgelüste, sondern auch über die Ausstattung der Luxussuite im Londoner St. Mary’s Hospital, in der das Kind zur Welt kam. Kein Wunder, dass es ein wenig zögerte, sich dem Rummel auszusetzen. Neu ist die öffentliche Inbesitznahme des royalen schwangeren Körpers nicht, noch die amtierende Elisabeth II. ist unter den misstrauischen Blicken des britischen Innenministers zur Welt gekommen. Zu groß war die Angst der Royals, es könnte nach einer Fehlgeburt ein „Bastard“ in die Thronfolge geschmuggelt werden.

Was sich verändert hat, ist die öffentliche Ausstellung des Babybauches. In den sechziger Jahren, als die kommenden Baby-Boomer das Straßenbild beherrschten, pflegten Frauen in anderen Umständen ihre Schwangerschaft noch zu kaschieren mit großzügig geschnittenen Kleiderzelten oder mädchenhaft wirkenden „Hängerchen“, die sowohl den Bauch als auch die wachsenden Brüste verbargen. Der schwangere Körper war entsexualisiert und tabu – und der königliche allemal. Das änderte sich erst allmählich in der frauenbefreiten Schlabberlook-Ära.

Sexy schwanger

Mittlerweile ist Schwangerschaft allerdings zu einem selbstgestaltbaren Körperprojekt geworden. Den Anfang machte die Schauspielerin Demi Moore, die ihren nackten Babybauch in eindeutig erotischer Pose 1991 für Vanity Fair ablichten ließ. Ihre Weiblichkeitsperformance passte in das damals aufkommende Ideal spurenloser Schwangerschaft, denn sie präsentierte sich nach der Geburt ihrer Tochter als völlig abgespeckt und schlank wie zuvor. Mädels, so die Botschaft, ihr dürft schwanger sein, ihr sollt es sogar, aber bleibt dabei sexy und verändert euch und euren Lebensstil nicht.

Kate in ihren blassrosa Kleidchen ist das Ideal dieser modernen Schwangeren. Im achten Monat absolvierte sie noch öffentliche Auftritte, taufte Schiffe und nahm an der Seite ihres Mannes William Militärparaden ab. Mit Sicherheit werden wir nach der Geburt über die Fortschritte ihrer Rückbildungsgymnastik informiert werden und bekommen eine ranke und schlanke Prinzessin präsentiert, als ob nichts geschehen wäre. Körper ist Selbstoptimierung. Harte Arbeit.

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Geschrieben von

Ulrike Baureithel

Redakteurin „Politik“ (Freie Mitarbeiterin)

Ulrike Baureithel studierte nach ihrer Berufsausbildung Literaturwissenschaft, Geschichte und Soziologie und arbeitete während des Studiums bereits journalistisch. 1990 kam sie nach Berlin zur Volkszeitung, war im November 1990 Mitbegründerin des Freitag und langjährige Redakteurin in verschiedenen Ressorts. Seit 2009 schreibt sie dort als thematische Allrounderin, zuletzt vor allem zuständig für das Pandemiegeschehen. Sie ist außerdem Buchautorin, Lektorin und seit 1997 Lehrbeauftragte am Institut für deutsche Literatur der Humboldt Universität zu Berlin.

Ulrike Baureithel

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