Stunde der Ordnungspolitiker

Ehec-Management Liegt es am föderalen Kompetenz-Wirrwarr, dass die Suche nach dem Auslöser erfolglos bleibt? Wie die Politik die Ehec-Krise zur Profilierungs-Chance umfunktioniert

Als „Gurkentruppe“ hatte Daniel Bahr (FDP) die CSU einmal beschimpft, jetzt fliegen dem alerten neuen Gesundheitsminister nicht nur Gurken, sondern Gemüse aller Art um die Ohren. Doch auch die bei Veganern so beliebten Sprossen haben ihn keine Erkenntnisstufe weitergebracht. 26 Tote werden dem heimtückischen Darmbakterium namens Ehec bislang zugeschrieben. Was für die Betroffenen eine existenzielle Krise bedeutet, münzt die Politik nun als Chance um, sich billig zu profilieren.

Das Krisenmanagement des Gesundheitsministers, blies SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann am Wochenende den Marsch an, sei „nicht überzeugend“. Seither orchestriert die Opposition ihre Kritik an der Informationspolitik und föderalem Kompetenz­wirrwarr. Im Stile der Terrorbekämpfung fordert SPD-Gesundheitssprecher Karl Lauterbach eine „mobile Eingreif­truppe“, welche die Zuständigkeit der Länder außer Kraft zu setzten imstande ist, und der Chef der Polizeigewerkschaft gar eine „Seuchen-Polizei“.

Tatsächlich sind Verantwortlichkeiten auf Bund- und Länder­ebene unübersichtlich, was nicht nur auf die föderalen Strukturen zurückzuführen ist, sondern auch auf die politisch gewollte Aufspaltung von Gesundheits- und Verbraucherministerium. Bei Gesundheitsschutz und Lebensmittelkon­trolle mischen Bundes- und Länderbehörden mit. Soweit es um Überprüfungen und Maßnahmen vor Ort geht, machen föderale Strukturen auch Sinn, und es müsste erst noch be­wiesen werden, dass ein „zentraler Krisenstab“ oder eine „europäische Seuchenbekämpfungsbehörde“ den „raschen Durchgriff“ gebracht hätten.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat die aufkommende Panik derweil genutzt, um auf die Überforderung der Kliniken aufmerksam zu machen und für bessere Ausstattung zu streiten. So kocht jeder sein Süppchen mit dem mutierten Coli, das wieder einmal ein Lehrstück in Sachen hilfloser Ordnungspolitik ist. In Sachen BSE musste einmal eine Ministerin ihren Hut nehmen; der frisch gekürte FDP-Chef Philipp Rösler wird froh sein, dass er den seinen gerade noch rechtzeitig an Daniel Bahr weitergegeben hat.

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Geschrieben von

Ulrike Baureithel

Redakteurin „Politik“ (Freie Mitarbeiterin)

Ulrike Baureithel studierte nach ihrer Berufsausbildung Literaturwissenschaft, Geschichte und Soziologie und arbeitete während des Studiums bereits journalistisch. 1990 kam sie nach Berlin zur Volkszeitung, war im November 1990 Mitbegründerin des Freitag und langjährige Redakteurin in verschiedenen Ressorts. Seit 2009 schreibt sie dort als thematische Allrounderin, zuletzt vor allem zuständig für das Pandemiegeschehen. Sie ist außerdem Buchautorin, Lektorin und seit 1997 Lehrbeauftragte am Institut für deutsche Literatur der Humboldt Universität zu Berlin.

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