Symbolische Absage

NSA-Ausschuss Der US-Journalist und Snowden-Vertraute Glenn Greenwald folgt dem gängigen „Ritual“ und hat dem Untersuchungsausschuss eine Abfuhr erteilt. Eine vertane Chance
Ausgabe 32/2014
Wie Edward Snowden lehnt auch Greenwald eine Aussage vor dem NSA-Untersuchungsausschuss per Videoschaltung ab
Wie Edward Snowden lehnt auch Greenwald eine Aussage vor dem NSA-Untersuchungsausschuss per Videoschaltung ab

Foto: Frederick Florin / AFP / Getty Images

Der eine soll nicht, der andere will nicht. Und am Ende sitzt ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss vor einem leeren Zeugenstuhl, denn es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass sich Firmenmogule wie Marc Zuckerberg (Facebook), Eric Schmidt (Google) oder Tim Cook (Apple) nach Berlin bequemen werden, um an etwas teilzuhaben, das der US-Journalist Glenn Greenwald in seiner Absage gerade als „Ritual“ bezeichnet hat.

Monatelang dauert nun der Streit zwischen Regierung und Opposition um die Aussage Edward Snowdens vor dem NSA-Untersuchungsausschuss. Die Regierungsmehrheit will ihn nicht einfliegen lassen, um das deutsch-amerikanische Verhältnis nicht noch stärker zu belasten. Und von Moskau aus, wo Snowden derzeit nur geduldet wird, weil sein einjähriges Asyl abgelaufen ist, will der Whistleblower nicht aussagen.

Jetzt hat auch sein Vertrauter Greenwald entschieden, nicht wie geplant den Parlamentariern per Videoschaltung Rede und Antwort zu stehen. Nachdem es die Regierung ablehne, Snowden nach Deutschland kommen zu lassen, wolle er nicht zur „leeren Symbolik“ beitragen, mit der die deutsche Öffentlichkeit beruhigt werden solle. Sollte das Parlament doch noch über seinen Schatten springen und die „Schlüsselfigur“ Snowden in Deutschland befragen, wolle er seine Entscheidung überdenken.

Man kann das aufrechte Haltung nennen. Dabei ist es wahrscheinlich doch eher genau kalkulierte Taktik, um das Unterstützerfeld Snowdens in Deutschland zu mobilisieren, den Druck auf die Regierungsparteien zu erhöhen. Nachdem Snowden hierzulande mit Auszeichnungen überhäuft wird und zur Galionsfigur in Sachen Zivilcourage geworden ist, muss Snowden die Gunst der Stunde nutzen, um eine Alternative zum russischen Asyl zu finden. Insofern muss die Absage Greenwalds ebenfalls als symbolische Geste verstanden werden, in diesem Fall an die deutsche Zivilgesellschaft.

Vertan ist damit aber auch die Chance, etwas mehr Licht in das Ausspähungsdunkel zu bringen, das mit Greenwalds aktueller Enthüllung über die Zusammenarbeit zwischen NSA und dem israelischen Geheimdienst ISNU in neue Abgründe führt.

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Geschrieben von

Ulrike Baureithel

Redakteurin „Politik“ (Freie Mitarbeiterin)

Ulrike Baureithel studierte nach ihrer Berufsausbildung Literaturwissenschaft, Geschichte und Soziologie und arbeitete während des Studiums bereits journalistisch. 1990 kam sie nach Berlin zur Volkszeitung, war im November 1990 Mitbegründerin des Freitag und langjährige Redakteurin in verschiedenen Ressorts. Seit 2009 schreibt sie dort als thematische Allrounderin, zuletzt vor allem zuständig für das Pandemiegeschehen. Sie ist außerdem Buchautorin, Lektorin und seit 1997 Lehrbeauftragte am Institut für deutsche Literatur der Humboldt Universität zu Berlin.

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